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Preseason-Vorschau 2017: Cornerback
Noch befinden wir uns mitten im Sommerloch der NFL-Offseason – doch Besserung ist in Sicht. Ende Juli beginnt das Training Camp der Seattle Seahawks und dann dauert es nicht mehr lange, bis die Sonntage wieder einen Sinn haben. Während das erste Spiel der Regular Season 2017 immer näher rückt, ist es an der Zeit einen Blick auf den Kader der Seahawks zu werfen. In den kommenden Wochen werden wir nach und nach jede Position unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, wie gut der Kader für die neue Saison aufgestellt ist. In Teil zwei der Serie beleuchten wir heute die Cornerback-Position.
Nachdem die Trade-Gerüchte um Star-Verteidiger Richard Sherman aus der Offseason nun der Vergangenheit angehören, kann Seattle abermals auf einen der besten Cornerbacks der NFL bauen. Der Stanford-Absolvent geht damit in sein vorletztes Vertragsjahr. Obwohl er laut Pete Carroll Teile der Saison 2016 angeschlagen spielte und verletzungsbedingt einige schwächere Spiele zeigte, war es eine gute Saison vom Sherman. Dass er nur alle 14,9 Coverage-Snaps einen Catch des gegnerischen Receivers zuließ, unterstreicht seine Qualitäten. Darüber hinaus konnte er mit vier Interceptions den Bestwert im Team verbuchen. Sherman ist unangefochtener Stammspieler in der Secondary, jedoch ist sein Verhalten abseits des Platzes höchst kritisch zu beäugen und darf sich in der kommenden Saison nicht wiederholen. Unter Anderem kritisierte er während eines Spiels vor laufenden Kameras Offensive Coordinator Darrell Bevell für einen Call, was darauf schließen lässt, dass Sherman womöglich noch nicht über die Niederlage in Super Bowl 49 hinweg ist. Auch Defensive Coordinator Kris Richard blieb von den Launen des Cornerbacks nicht verschont.
Diese Fehltritte schaden dem Team, weil sie Einzelpersonen zu sehr in den Fokus rücken und damit nicht der Philosophie der Seahawks-Verantwortlichen entsprechen. Vielleicht sprachen Head Coach Pete Carroll und General Manager John Schneider deshalb öffentlich über einen Trade, um zu demonstrieren, dass sie jederzeit bereit sind, die Interessen des Kollektiv über die eines Einzelnen zu stellen. Aus sportlicher Sicht – das steht außer Frage – ist Sherman nahezu unverzichtbar und daher gesetzt.
Wer neben Sherman in Woche 1 als Cornerback starten wird, ist hingegen noch unklar. DeShawn Shead erkämpfte sich in der vergangenen Saison diesen Platz und spielte eine solide Runde. Neben einer Interception hatte er einen Forced Fumble und konnte 81 Tackles sammeln. Vor allem gegen den Lauf zeigte er hervorragende Leistungen. Jedoch wird er zum Auftakt der Spielzeit höchstwahrscheinlich noch nicht fit sein, nachdem er sich im Januar einen Kreuzbandriss zuzog. Im Training Camp kämpfen daher wohl Nickelback Jeremy Lane und Rookie Shaquill Griffin um diesen Platz. Wenn Shead im Laufe der Saison zurückkehren sollte, wird er die Tiefe und den Konkurrenzkampf auf dieser Position weiter erhöhen, wenngleich sich die Frage stellt, ob er nach der schwerwiegenden Knieverletzung der Alte sein wird.
Laut Pete Carroll hat im Moment Veteran Jeremy Lane, der vergangenes Jahr primär im Slot eingesetzt wurde, die Nase etwas vorn haben. Er habe einen „sehr guten Eindruck“ gemacht“, nachdem er in 2016 aufgrund der im Vorjahr erlittenen Verletzungen noch nicht ganz auf der Höhe war. Drittrundenpick Shaquill Griffin könnte für die Seahawks der vielleicht beste Pick im diesjährigen Draft sein und Seattle sofort weiterhelfen, da er sowohl Chancen auf den Starting Job als Cornerback als auch auf den als Nickelback im Slot hat. Wahrscheinlicher ist aktuell letzteres. Neben seinen hervorragenden physischen Fähigkeiten bescheinigte ihm Kris Richard außergewöhnliche Spielanlagen. „Er hat vermutlich mit das beste Spielverständnis, das wir bei einem jungen Corner seit einer Weile gesehen haben“, sagte der Defensive Coordinator. „Vor allem, wenn es um Technik, Positionsspiel und das Verständnis der Coverages geht.“ Griffin soll der Cornerback der Zukunft in Seattle werden. Darauf könnte er sich mit viel Einsatzzeit vorbereiten. Seattle wird wahrscheinlich wie im vergangenen Jahr über 60 Prozent aller Snaps mit fünf statt vier Defensive Backs spielt.
Griffins ernsthaftester Konkurrent um diesen Platz ist wohl Neiko Thorpe, der in der abgelaufenen Saison in der Verteidigung nur sporadisch zum Einsatz kam und dabei 18 Tackles sammelte. Seine Stärken lagen 2016 auf der Gunner-Position in den Special Teams. Abzuwarten bleibt, wie gut sich Fünftrundenpick Mike Tyson entwickelt. Pete Carroll erinnert er an den ehemaligen Starter Byron Maxwell, der Seattle vor zwei Jahren in Richtung Miami verließ.
Gemeinsam mit DeAndre Elliott, Pierre Desir und Demetrius McCray kämpft er während des Training Camps, das Ende Juli beginnt, um Plätze im Kader. Hierbei müssen die vier jungen Spieler vor allem ihren Wert in den Special Teams unter Beweis stellen, um den Sprung in den Roster zu schaffen. Auch die Practice Squad, das Trainingsteam für aussichtsreiche Talente, ist eine Option für einige Spieler, um sich dort weiterzuentwickeln.
Abschließend lässt sich sagen: Wie auf Wide Receiver sind die Seahawks auch auf Cornerback personell ordentlich besetzt. Deutlich besser als noch vor einem Jahr ist besonders die Kadertiefe zu bewerten. Viele Ausfälle darf es dennoch nicht geben, wenn die Passverteidigung den Gegnern 2017 wie gewohnt standhalten soll. Relevant ist da auch, wie fit und leistungsstark das Safety-Duo Chancellor und Thomas die Saison absolviert. Shutdown-Corner Sherman ist für viele Experten der beste Cornerback der Liga, doch er braucht für sein risikoreiches Spiel die Unterstützung der Safetys. Auch Lane und Shead sind in Bestform gute Spieler, die sich über Wert verkaufen können. Von Griffin ist in Zukunft viel zu erwarten, da er ein immenses Potenzial besitzt. Nicht nur optisch soll er Richard Sherman ähneln. Qualitativ haben einige Teams die Seahawks inzwischen überholt, wenn man die besten Cornerback-Tandems der Liga beurteilt. Das Maß aller Dinge sind hier die Jaguars, Broncos, Giants, Chargers und Patriots. Trotzdem haben die Seahawks nach wie vor das Potenzial, in diesem Bereich zu den Top-Teams der NFL zu gehören. Wie das Starting-Lineup auf dieser Position in Woche 1 aussieht, entscheidet sich in den kommenden Wochen im Training Camp und in der Preseason.