Preseason-Vorschau 2017: Offensive Line

(Bild: imago)

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Das Training Camp der Seattle Seahawks ist in vollem Gang und wir beschäftigen uns in diesem Teil unserer Preseason-Vorschau mit der Offensive Line. Diese war in der vergangenen Saison wieder einmal die größte Schwachstelle des Teams. Während in den vorherigen Jahren Russell Wilson sowie Marshawn Lynch viele Schwächen kompensierten, litt die Leistung der Offense 2016 erheblich unter der unterdurchschnittlichen Leistung der Offensive Line. Die Bezeichnung „unterdurchschnittlich“ ist in diesem Fall noch eine Untertreibung. Die 2016er-Offensive Line der Seattle Seahawks war die schlechteste OL-Unit der NFL. Wir beginnen mit einen Blick auf die Zu- und Abgänge, schauen anschließend auf die gesamte Unit und zeigen dann auf, welche Spieler im Camp um die jeweiligen Starterposten kämpfen.

Die Neuzugänge:

Die Verbesserung der Offensive Line war ein primäres Ziel von General Manager John Schneider in dieser Offseason. Insgesamt wurden vier Spieler per Free Agency nach Seattle geholt, die für eine Leistungssteigerung sorgen sollen.

Von den Jacksonville Jaguars wurde der ehemalige First-Round Pick Luke Joeckel verpflichtet. Joeckel, der einen Einjahresvertrag unterschrieb, kann als Left Guard sowie als Left Tackle eingesetzt werden und fällt vor allem durch seine Fähigkeiten im Pass Blocking auf. Zusätzlich zu seiner Flexibilität bringt Joeckel Erfahrung aus 39 NFL-Starts mit nach Seattle, von der vor allem die jungen Spieler wie George Fant oder Germain Ifedi profitieren können. Dennoch gibt es bei Joeckel einen Haken. Vergangenes Jahr absolvierte er für die Jaguars nur vier Spiele. In Week 4 zog er sich eine Knieverletzung (vorderes Kreuzband) zu, die seine Saison vorzeitig beendete. Die ersten Trainingseinheiten deuten daraufhin, dass er die Verletzung gut überstanden hat und in Week 1 gegen die Green Bay Packers einsatzbereit ist.

Ein weiterer Neuzugang ist Right Guard Oday Aboushi, der von den Houston Texans nach Seattle wechselte. Aboushi absolvierte vergangenes Jahr drei Starts für die Texans und wird im Training Camp die Chance bekommen, den Job als Right Guard zu erobern. Selbst wenn Aboushi als Backup in die Runde gehen sollte, ist seine Verpflichtung als durchweg positiv zu betrachten. Zum einen schafft sie nicht nur die notwendige Tiefe, Aboushi bringt ebenfalls Erfahrung mit, die wichtig für die Weiterentwicklung der unerfahrenen Line-Spieler ist.

Im Draft wurde Ethan Pocic, ein junges Talent, in der 2. Runde gedrafted. Pocic absolvierte für LSU in den vergangenen drei Jahren 37 Starts und wurde 2016 von der Football Writers Association of America ins First Team All-American berufen. Eine der höchsten Auszeichnungen, die ein College-Spieler erhalten kann. Das Kuriose ist nur, dass Pocic 2016 die meiste als Center spielte, elf von zwölf Starts absolvierte er auf dieser Position – und nur einen als Right Tackle. Da die Seahawks mit Justin Britt auf der Center-Position solide aufgestellt sind, wird Pocic in Training Camp als Right Tackle eingesetzt und mit Germain Ifedi um den Job als Starter kämpfen. Pocic hat seine Stärke vor allem im Run Blocking, aber verfügt auch über solide Pass Blocking-Fähigkeiten. In seiner Karriere am College kassierte er insgesamt nur zwei Sacks und zwei QB-Hits.

Justin Senior ist ein weiterer Spieler, der über den Draft (6. Runde) für die Offensive Line nach Seattle geholt wurde. Wie es derzeit aussieht, wird Senior den Seahawks aber erstmal nicht zur Verfügung stehen. Er zog sich in der Offseason eine Knieverletzung zu und wird die bevorstehende Saison vermutlich komplett verpassen.

Somit wurden im Endeffekt drei Verstärkungen nach Seattle geholt, die für eine Leistungssteigerung der Offensive Line sorgen sollen. Das Front Office bemühte sich in der Offseason um eine weitere Verstärkung: Right Guard T.J. Lang von den Green Bay Packers. Letztendlich entschied er sich gegen Seattle und für die Detroit Lions. Das Geld soll nicht ausschlaggebend gewesen sein. Medienberichten zufolge lag es eher an der Tatsache, dass Lang aus der Nähe von Detroit stammt und die Nähe zu seiner Familie suchte.

Die Abgänge:

Neben den Neuzugängen gibt es auch zwei Abgänge in der Offensive Line zu verzeichnen. In Garry Gilliam verliert das Team den 13-maligen Starter auf Right Tackle des vergangenen Jahres. Gilliam wurde nach der Saison einen Restricted Free Agent (RFA). Jedes Team kann mit einem RFA Vertragsverhandlungen führen. Sofern ein RFA einen Vertrag bei einem neuen Team unterschreiben will, hat das bisherige Team die Möglichkeit, mit diesem Angebot gleichzuziehen. Die Seahawks verzichteten darauf und Gilliam unterschrieb bei den 49ers. Ebenfalls nicht mehr im Team ist Tackle Bradley Sowell, der vergangene Saison Spielzeit auf beiden Tackle-Positionen erhielt. Er wechselte zu den Chicago Bears.

Die Unit:

Offensive Tackle: George Fant, Germain Ifedi, Ethan Pocic, Rees Odhiambo

Offensive Guards: Luke Joeckel, Oday Aboushi, Mark Glowsinski

Center: Justin Britt, Joey Hunt

Derzeit sind weitere Offensive Line-Spieler im Camp, auf die wir an dieser Stelle nicht eingehen werden. Sofern einer von ihnen im Camp hervorsticht und sich einen Platz auf dem 53er-Kader sichert, werden wir ihn zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen.

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Aufgrund der Zu- und Abgänge werden wir in der kommenden Saison wieder eine neuformierte Offensive Line sehen, die Offensive Line-Trainer Tom Cable zusammenstellen muss. Deshalb hier ein Überblick, welcher Spieler im Camp um welche Position kämpft:

Left Tackle: Für den Job des Left Tackle hat Head Coach Pete Carroll drei realistische Optionen. George Fant, der vergangenes Jahr zehn Spiele als Left Tackle startete, geht als aussichtsreicher Kandidat ins Camp. Während der Offseason trainierte Fant mit Seahawks-Hall of Fame-Tackle Walter Jones und soll vor allem körperlich im positiven Sinne zugelegt haben. Von Fant erwarten die Coaches einen großen Sprung in seiner Entwicklung. Es darf nicht vergessen werden, dass Fant während seiner Zeit am College hauptsächlich Basketball spielte und somit über kaum Football-Erfahrung verfügte. Sollte Fant in seiner Entwicklung nicht die notwendigen Fortschritte zeigen, sind Neuzugang Luke Joeckel sowie Rees Odhiambo, der Third-Round Pick aus 2016, weitere Optionen.

Left Guard: Pete Carrolls Favorit für den Job als Left Guard ist Neuzugang Luke Joeckel. Sollte Joeckel auf Left Tackle rücken, könnte Mark Glowinski, der vergangenes Jahr als Left Guard startete, eine Alternative sein. Aber auch Rees Odhiambo könnte die Position im Notfall einnehmen.

Center: Justin Britt ist der einzige Spieler der Offensive Line, der seinen Job als sicher verstehen kann. Nachdem er 2014 und 2015 als Right Tackle bzw. Guard eingesetzt wurde und nicht überzeugte, spielte er vergangenes Jahr auf Center seine beste NFL-Saison. Britt war ohne Zweifel der beste Spieler der letztjährigen Offensive Line. Als sein Backup wird wohl Joey Hunt in die Spielzeit gehen. Doch sollte sich Hunt seiner Sache nicht zu sicher sein. Auch wenn Pocic nicht im direkt Duell mit ihm steht, könnte er als Notfall-Center fungieren und Hunt seinen Platz im endgültigen Kader kosten.

Right Guard: Die Position des Right Guards ist derzeit heiß umkämpft. Im Camp duellieren sich Mark Glowinski, der vergangenes Jahr als Left Guard alle Spiele für die Seahawks startete, und Neuzugang Oday Aboushi um den Job als Starter. Vor allem die Preseason-Partien werden zeigen, wer die Nase vorn hat.

Right Tackle: Germain Ifedi, First-Round Pick aus 2016, wechselt von Right Guard zurück auf seine angestammte Position, die er bereits zu College-Zeiten spielte. Vor allem Ifedi wird im Camp sowie in den Preseason-Spielen seinen Job als Starter verteidigen müssen. Wie bereits erwähnt, wird Rookie Ethan Pocic im Camp ausschließlich als Right Tackle eingesetzt, er hinterließ in den ersten Trainingseinheiten einen positiven Eindruck bei den Coaches.

Fazit:

Wie die Startformation dieser Unit in Week 1 gegen die Green Bay Packers aussehen wird, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden. Es ist davon ausgehen, dass in den bevorstehenden vier Preseason-Partien viele unterschiedliche Varianten aufgestellt und ausprobiert werden. Das führt uns letztendlich zu der Frage: Wie gut ist die neue Offensive Line-Gruppe? Um es salopp zu sagen: Schlechter als vergangenes Jahr kann es nicht werden.

Wenn die jungen Spieler wie Fant und Ifedi die nächsten Schritte in ihrer Entwicklung machen und von der Erfahrung von Spieler wie Luke Joeckel profitieren können, ist mit einer Leistungssteigerung im Vergleich zur vergangenen Saison zu rechnen. Die Unit wird auch in diesem Jahr nicht zu den besten der NFL gehören, sondern wahrscheinlich eher zu den zehn schlechtesten. Dennoch ist es realistisch, dass die Offensive Line eine bessere Leistung auf Spielfeld bringen wird als 2016.