Weiter geht das Schaulaufen der Neulinge und Warmlaufen der Etablierten. Week 3 der Preseason steht an und für die Seattle Seahawks bedeutet das eine Auswärtsreise nach Kalifornien zu den Los Angeles Chargers. Traditionell spielen im dritten Testspiel die Starter etwas länger, bis zu eine Halbzeit lang, ehe die Wackelkandidaten zum vorletzten Mal die Chance haben, sich in einer echten Spielsituation für den 53-Mann-Kader zu bewerben. Kickoff im Dignity Health Sports Park auf dem Campus der California State University, Dominguez Hills ist um 4 Uhr deutscher Zeit in der Nacht von Samstag auf Sonntag.
Welche Fragen stellen wir uns vor Week 3 der Preseason 2019?
- Welche Stammspieler überzeugen, welche nicht?
Bei den Seahawks liefen in den vergangenen Jahren unter Pete Carroll am dritten Spieltag der Preseason die Starter länger auf als in den übrigen Partien. Vielleicht ist das auch 2019 der Fall. Mehr Einsatzzeit lässt eventuell etwas genauere Beobachtungen der Stammspieler zu, bevor diese in Week 4 komplett geschont werden. - Welche Akteure spielen in Week 3 keine Rolle?
Möglicherweise lassen sich nun schon erste Trends beobachten, welche Spieler in den kurzfristigen Planungen der Trainer keine größere Rolle mehr spielen. - Kann Quarterback Geno Smith im Kampf um die Backup-Rolle Boden gut machen?
In Week 1 spielte Smith nur wenig und machte im direkten Augenvergleich mit Paxton Lynch den schwächeren Eindruck. In Week 2 fehlte Smith verletzt, nachdem bei ihm eine Zyste im Knie entfernt worden war. Nun ist es allerhöchste Zeit für den Spielmacher, ernsthaft in den Konkurrenzkampf einzusteigen, wenn er auch über die Preseason hinaus in Seattle sein will. Dabei kommt ihm entgegen, dass Lynch wegen einer im zweiten Testspiel erlittenen Gehirnerschütterung fehlen wird. - Werden wir Brandon Mebanes „Belly Roll“ in Los Angeles sehen?
Möglicherweise – das hängt davon ab, ob Mebane zum Einsatz kommt und ob Seattles O-Line ihm einen Grund zum Feiern gibt. Aber auch ohne Sack oder Tackle im Testspiel hat Mebane aktuell etwas zu feiern. Der mittlerweile 34 Jahre alte Defensive Tackle hat bei den Chargers seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert. Mit den Seahawks gewann er im Februar 2014 den Super Bowl. - Wie setzt sich die Verteidigungslinie der Seahawks zusammen?
Gleiche Frage wie in den vergangenen zwei Wochen. Warum? Weil es eine der prägenden Fragen dieser Vorbereitung ist, jetzt wo Frank Clark nicht mehr zum Team gehört und Jarran Reed für die ersten sechs Spiele wegen Verstoßes gegen die Verhaltensregeln der NFL gesperrt ist. Trade-Debatten um Edge Rusher Jadeveon Clowney (Houston Texans) bleiben derweil Gerüchte. - Welche Rookies können auflaufen, welche müssen pausieren?
DK Metcalf und Marquise Blair dürften ausfallen, wobei Metcalfs Fehlen nach einer kleinen Operation am Knie gewisser ist als das von Blair. Der Safety hat seit Week 2 Rückenprobleme, sein Status könnte sich aber täglich wieder ändern. - Dreht Offensive Tackle Russell Okung seinen ehemaligen Seahawks-Mitspielern auf dem Feld Bitcoins an?
Diese Frage stellt sich, weil Okung seit ein paar Monaten auf Twitter über nichts mehr anderes schreibt als die Kryptowährung. Sie ist aber mit einem klaren Nein zu beantworten, weil Okung in der Offseason eine Lungenembolie erlitt, die durch Blutgerinnsel hervorgerufen worden war. Glücklicherweise reagierte der Spieler auf ungewöhnliche Schmerzen in der Brust schnell und wurde in dieser lebensbedrohlichen Situation rechtzeitig von Ärzten behandelt. Es geht ihm eigenen Aussagen zufolge nun wieder gut, aufs Spielfeld ist er bislang aber nicht zurückgekehrt. - Kann der Pass Rush der Seahawks auch ohne Blitze Druck auf den gegnerischen Quarterback erzeugen?
In der bisherigen Preseason sahen wir die Seahawks vermehrt blitzen (bei 17 von 38 Passspielzügen der Minnesota Vikings), vielleicht auch, um mangelnden Druck aus der D-Line auszugleichen. Blitze bergen jedoch stets das Risiko, dabei die Deckung zu vernachlässigen, wie gegen die Vikings in der Redzone zu sehen war. Deshalb ist es wichtig, dass Seattle auch ohne Blitze den nötigen Druck erzeugen kann, um die eigene Secondary nicht permanent vor noch größere Herausforderungen zu stellen. - Welcher Slot-Cornerback hat aktuell die besten Chancen, Stammspieler zu werden?
Der Konkurrenzkampf zwischen Kalan Reed, Ugo Amadi, Jamar Taylor und Akeem King wird heißer – und nur einer kann am Ende den zu den Detroit Lions abgewanderten Justin Coleman ersetzen. Taylor soll in Week 3 Einsatzzeit als Starter bekommen und gilt daher als Favorit auf den Platz. - Kann Defensive Back DeShawn Shead auch im dritten Preseason-Spiel für die Defense punkten?
Safety in Week 1, Pick Six in Week 2. Was folgt in Week 3? Kann Rückkehrer Shead auch in der Regular Season so überzeugen, war er die Schnäppchen-Verpflichtung des Jahres. - Wer kristallisiert sich als Receiver Nummer zwei heraus?
Jaron Brown hat beste Chancen, sich diesen Platz zu sichern, während DK Metcalf (Knie) und David Moore (Schulter) wohl bis zum Saisonstart pausieren müssen. Bei Metcalf dürfte feststehen, dass er den Cut übersteht, da die Coaches seine Operation nicht als zwingend notwendig bezeichneten, sondern eher die Option wahrnehmen wollten, die Knieprobleme vor der Regular Season aus dem Weg zu räumen. Bei Moore dürfte der 53-Mann-Kader ebenfalls kein Problem sein, da er auf den Receiver-Positionen inzwischen vielseitig einsetzbar ist und in der Vorbereitung massenhaft Lob von den Trainern abstaubte. Ein Indiz für seinen Verbleib. Kritischer ist die Situation bei Rookie Gary Jennings, der erst spät im Camp auf sich aufmerksam machte. Er dürfte als Nummer-zwei-Receiver außen vor sein und muss womöglich um seinen Kaderplatz bangen. - Wie geht’s eigentlich Troymaine Pope?
Der Running Back war 2016 in der Preseason Publikumsliebling bei den Seahawks, weil er sich mit starken Läufen für einen Platz im 53-Mann-Kader bewarb. Am Ende überstand er den Cut zur Überraschung vieler Fans und Experten nicht. Sein weiterer Karriereverlauf aber gibt dem Trainerstab recht – weder bei den New York Jets noch bei den Indianapolis Colts noch bei den Houston Texans konnte sich Pope durchsetzten. Nun nimmt er bei den Chargers erneut Anlauf.
Wer spielt? Wer spielt nicht?
Quarterback Paxton Lynch fällt mit einer Gehirnerschütterung aus (böser unerlaubter Hit von Holton Hill in Week 2). Die Rookies DK Metcalf (Knie), Marquise Blair (Rücken) und L.J. Collier (Sprunggelenk) sind ebenfalls nicht auf dem Feld zu erwarten. Gleiches gilt für Linebacker Shaquem Griffin (Knie) und Guard Mike Iupati (Wade).
Quarterback Geno Smith kehrt nach erfolgreich überstandener Knie-Operation wieder zurück. Die Running Backs C.J. Prosise und J.D. McKissic sowie Wide Receiver Amara Darboh dürften alle erstmals Preseason-Einsatzzeiten bekommen in dieser Saison.
Wo kann ich die Partie verfolgen?
Alle Preseason-Spiele der Seattle Seahawks sind empfangbar per NFL GamePass (in der Preseason kostenlos). In den USA überträgt der regionale Sender Q13 FOX die Partien live. Der Streaming-Dienst DAZN zeigt genau wie ProSieben MAXX und ran vereinzelt Testspiele live. Die Seahawks waren ohne NFL GamePass in Deutschland jedoch nur in Week 2 der Preseason (gegen die Minnesota Vikings) live und kostenlos in TV und Stream zu sehen. Immerhin gibt’s diesmal die Möglichkeit, die Partie auf dem NFL Network anzuschauen, das bei DAZN rund um die Uhr zum Live-Programm gehört.
Hat die Begegnung Aussagekraft?
Das Ergebnis mit Sicherheit nicht. Die Plays an sich? Teilweise schon, ja. Preseason-Spiele geben eher Auskunft zu einzelnen Spielern im Duell mit ihren Gegenspielern als zum großen Ganzen. Auch die Interpretation von Spielsystemen gibt nur bedingt verlässlich Auskunft über die Taktik in der neuen Saison. Es ist ratsam, sich bei der Bewertung eines Spielers anhand eines Vorbereitungsspiels immer auch anzuschauen, welche Qualität der Gegenspieler hat. Dass Tyler Lockett einen Cornerback vernascht, der nur geringe Chancen auf einen Kaderplatz hat, ist wenig überraschend. Dass Duane Brown seinem Quarterback einen Defensive End vom Leib hält, der in der Depth Chart nur an fünfter Stelle steht, ist auch noch nicht weltbewegend. Aber auch vermeintlich hervorragende Preseason-Auftritte wie die von Kasen Williams 2017 oder Troymaine Pope ein Jahr vorher sind noch lange keine Garantie dafür, dass Spieler sich am Ende unter den glorreichen 53 wieder finden. Williams und Pope überstanden den Cut bei den Seahawks nicht, was viele Fans dem Trainerstab anfänglich übel nahmen. Doch beiden Spielern ist auch bei anderen Teams der Durchbruch bislang nicht gelungen. Was das heißt? Wir sehen nur einen Bruchteil dessen, was Coaches in der Vorbereitung über einen Footballer lernen und können daher keine vollständige Beurteilung abgeben.