Was für ein wahnsinniges Spiel. 53 Punkte. Sieben Turnover. Herzschlagfinale inklusive. Die Seahawks können in dieser Saison einfach nicht „normal“. Ein letztlich besseres Team aus dem Pacific Northwest schlug die Niners verdient – konnte sich aber auch für viele dämliche Flaggen auf gegnerischer Seite bedanken, die immer wieder Drives verlängerten. Trotz allem war das endlich mal wieder eine ansehnliche Leistung auf beiden Seiten des Balles.
Auf ein erstes Quarter zum Vergessen (den Fake Punt mal ausgenommen) folgten drei offensiv durchaus ansehnliche Quarter mit einem wieder erstarkten Russell Wilson als Anführer und dem (sichtbaren!) unbedingten Willen, das Spiel zu gewinnen. Auch die Defense machte ihren Job wie schon in den letzten Wochen gut und konnte die spielentscheidenden Situationen immer wieder für sich entscheiden. Die Mentalität in der Truppe scheint zu stimmen, ein wahrlich gutes Zeichen.
Der Spielverlauf:
- 1. Quarter: Das Spiel beginnt klassisch: Drei Versuche, aber nur fünf Yards geschafft. Also Punt. Glaubt man, denn Pete Carroll callt den Fake und Travis Homer bekommt den Ball für 73 Yards – Touchdown! Im Gegenzug müssen die 49ers per 3’n’out vom Feld. Der nächste Drive wird schon im zweiten Versuch zu Nichte gemacht, weil Gerald Everett den Ball per Fumble verliert. Die 49ers finden Kittle in der Endzone – Ausgleich: 7:7. Wilder Start im Lumen Field! Im anschließenden Drive müssen die Seahawks schnell punten, danach schnappt sich Bobby Wagner den Ball per Interception mit perfekter Feldposition für die Seahawks, doch Russell Wilson verliert den Ball per Fumble, aber Ethan Pocic schnappt sich ihn. Den Field Goal-Versuch verkickt Jason Myers allerdings. Nach einem langen Pass auf Kittle erzielt San Francisco ihren zweiten Touchdown über Eliah Mitchell, 7:14.
- 2. Quarter: Das zweite Quarter beginnt mit Punt der Seahawks und einem kurzen Drive der 49ers, der allerdings in einem langen Field Goal durch Robbie Gould mündet. Danach erzielt Seattle das erste First Down – im zweiten Quarter… Es schließt sich ein langer Drive an, in dem DK Metcalf den Ball kurz vor der Endzone fängt – und Adrian Peterson läuft ihn untouched in die Endzone. Nur noch 14:17! Doch auch die 49ers legen wieder einen guten Drive hin, den George Kittle über einen tollen Lauf über außen zum Touchdown veredelt. Der Extrapunkt geht allerdings daneben. Den Two-Minute-Drill der Seahawks bringt Russell Wilson nach schönen Completions zu Dee Eskridge, der ein Tackle bricht und mit dem Ball in die Endzone läuft. Zur Halbzeit steht es 21:23.
- 3. Quarter: Beim ersten Kickoff Return der 49ers kann Nick Bellore einen Fumble forcieren, der von Homer gesichert wird. Einen eigentlich perfekten Pass von Wilson auf Gerald Everett kurz vor der Endzone fängt dieser allerdings nicht, sondern tippt ihn und die 49ers fangen die Interception. Im dritten Versuch gelingt Carlos Dunlap allerdings ein Sack gegen Garoppolo in der Endzone, daraus resultiert ein Safety – Ausgleich: 23:23 und Ballbesitz! Doch nach einem Sack gegen Wilson folgt ein Punt. Garoppolo liefert jedoch nur kurze Zeit später den nächsten Pick, den Quandre Diggs fängt. Der Seahawks-Drive geht schnell von Wilson zu Lockett in die Endzone und die Seahawks führen – 30:23! Danach folgen noch zwei Punts bis zum Ende des Quarters.
- 4. Quarter: Die 49ers eröffnen das letzte Quarter mit einem weiteren Punt und haben es bis dato noch nicht über die Mittellinie der Seahawks geschafft. Diese wiederum liefern einen tollen Drive bis an die gegnerische 1 Yard Line ab (inkl. 4th Down Conversion!), doch dort verliert Gerald Everett den Ball zum zweiten Mal bei einem Fumble – mit vier Minuten Restspielzeit. Die 49ers zaubern einen schnellen Drive aufs Feld und stehen schon beim Two-Minute-Warning an der Red Zone. Doch die Seahawks verteidigen gut und beim vierten Versuch direkt vor der End Zone verteidigt Carlos Dunlap den geworfenen Ball und die Seahawks können abknien. Sieg! 30:23!
Die Hauptdarsteller:
RB Travis Homer: …allerdings nicht in seiner Rolle als Running Back, sondern vor allem als Special Teamer. Ein Fake Punt, den er für 73 Yards zum Touchdown zurück trägt sowie einen Fumble, den er in den Special Teams sichert. Ganz starke Leistung! Allgemein liefern die Special Teams ein super Spiel ab und dominieren die 49ers in dieser Disziplin deutlich. Auch Pro Bowl-Punter Michael Dickson lieferte mal wieder fabelhaft ab.
Die Defense: Schon wieder ein gutes Spiel der Defense. Nach einer teilweise wackligen ersten Halbzeit drehen die Verteidiger um LB Bobby Wagner in der zweiten Halbzeit richtig auf und schaffen es, die 49ers bis auf den letzten Drive immer schon vor der Mittellinie zu stoppen. Zusätzlich fängt (in Person von Wagner und Diggs) die Defense zwei Interceptions, forciert ein Safety und verteidigt die entscheidenden Pässe (zweimal in Person von Carlos Dunlap). Der Aufwärtstrend ist weiterhin deutlich zu sehen. Spannend auch zu beobachten: In der zweiten Halbzeit konnte immer wieder eine 3-4 Front mit Taylor und Dunlap als OLBs beobachtet werden. Scheint ein probates Mittel gegen die Outside Zone der 49ers gewesen zu sein – der Erfolg war deutlich sichtbar. Trotzdem ein sehr seltenes Phänomen in Seattle.
Die Nebendarsteller:
Ehrenvolle Erwähnung: QB Russell Wilson der abgesehen vom ersten Quarter ein grundsolides Spiel ablieferte, wieder deutlich häufiger seine Receiver fand und auch so den Ball besser ans Laufen brachte. Acht Wochen nach seiner Verletzung scheint er so langsam wieder auf die Beine zu kommen. Gut so! Die Wide Receiver für ein starkes Spiel mit kaum Drops und vielen wichtigen Passfängen und zwei Touchdowns. Mit Wilson in besserer Form geht da auf einmal wieder was! DE Carlos Dunlap für nun insgesamt fünf wichtige abgewehrte Pässe in dieser Saison (NFL-Bestwert). Er produziert zwar wenig Sacks, hat aber so auch immer wieder spielentscheidende Situationen – genau wie heute beim Goalline Stand und beim Safety.
Stets bemüht: Die Running Backs schafften es (bedingt auch durch Play Design) kaum durch die Front der 49ers. Insgesamt 23 Laufversuche für nur 58 Yards sind deutlich zu wenig . Das In Game Coaching war mal wieder teilweise abenteuerlich. Wie man ein Timeout nehmen kann, um ein Delay of Game zu verhindern und dann im Anschluss auf das Timeout ein Delay of Game zu kassieren, muss mir der Coaching Staff bitte noch einmal erklären. Gut war allerdings diesmal die Entscheidung, die rote Flagge beim Aiyuk-Non-Catch zu werfen. Wichtiger 3rd-Down-Stop durch das zurückgenommene Play.
Meh: TE Gerald Everett produzierte zwei Fumbles und eine Interception durch einen völlig unnötigen Tip vor der Endzone. Das wäre ein Must-Touchdown gewesen. Ein rabenschwarzer Abend für den gerade in den beiden Spielen davor immer häufiger eingesetzten Tight End. Das Tackling vor allem gegen TE George Kittle war mehr als ausbaufähig. Daran muss dringend gearbeitet werden!
Die Highlights:
Die Seahawks packen den Fake-Punt aus und Travis Homer läuft für 73 Yards zum Touchdown
The @Seahawks pull off the 73-YARD FAKE PUNT TOUCHDOWN. #Seahawks
📺: #SFvsSEA on CBS
📱: NFL app pic.twitter.com/2RLTJKqTB2— NFL (@NFL) December 5, 2021
May we introduce: Carlos Dunlap III.
SEAHAWKS TIE IT UP WITH A SAFETY😤pic.twitter.com/B4qVuqz48S
— PFF (@PFF) December 5, 2021
Rush First, Pass Deflection Second.
With the game on the line, the Seahawks defense came up HUGE 💪
📺 Re-watch the game » https://t.co/sD6bjGiiN1
📸 Game action » https://t.co/eYrPSQ7XNO pic.twitter.com/aAO8NZtZj4— Seattle Seahawks (@Seahawks) December 6, 2021
Die Randnotizen:
- DE Michael Bennett durfte beim Spiel die 12s Flagge hochziehen – eine große Ehre. Im Vorbericht erwähnte er, dass er mittlerweile Architektur studiert – damit hatte wohl wirklich niemand gerechnet.
- 49ers-Kicker Robbie Gould verkickte gegen die Seahawks per „Doink“ seinen ersten Extrapunkt in dieser Saison.
- WR Dee Eskridge erzielte kurz vor Ende der ersten Halbzeit seinen ersten NFL-Touchdown. Herzlichen Glückwunsch! Felix hatte genau das übirgens in seiner Preview vorher gesehen.
- Mit seinem 120. Rushing-Touchdown ist RB Adrian Peterson nun einer von vier Spielern, die diese Marke überhaupt erst erreicht haben.
Die Verletzten:
Im ersten Kickoff-Return verletzte sich 49ers RB Trenton Cannon im Bereich der Wirbelsäule/Kopf. Das sah wirklich übel aus. Nach dem Spiel sagte Kyle Shanahan, dass es sich wohl nur um eine Concussion handelt und er sich an das gesamte Play erinnert. Wir wünschen eine möglichst gute und vollständige Genesung!
OG/C Kyle Fuller verletzte sich im zweiten Quarter am Ankle und konnte nicht weiter spielen, er wurde durch Jake Curhan auf LG ersetzt. WR Tyler Lockett verletzte sich bei einem langen Pass, konnte aber nach wenigen verpassten Plays im Medical Tent wieder zurück auf den Platz kommen. Auch S Jamal Adams verletzte sich an der Schulter (Verstauchung, selbe Schulter wie im letzten Jahr) und konnte auch nicht weiterspielen, für ihn durfte S Ryan Neal übernehmen. Letztlich verletzte sich noch RT Brandon Shell und wurde positionsgetreu durch Stone Forsythe ersetzt.
Das Zitat:
„He was probably wondering who I was.“ –FB Nick Bellore über RB Adrian Peterson, für den er den Weg zu seinem Touchdown frei blockte. Bellore erwähnte in der Pressekonferenz nach dem Spiel, dass er vor dem Spiel keine Gelegenheit hatte, Peterson kennen zu lernen oder mit ihm zu sprechen. Er scherzte zudem, dass er sich dann auf dem Spielfeld auch nicht vorstellen wollte – also schuf er einfach den nötigen Platz.
Der Tweet:
Die ganze Woche haben wir uns zugeflüstert: Saison ist vorbei, ist egal wie das Spiel ausgeht, lass die Rookies ran. Aber was fühlt sich dieser Goalline Stop geil an!
me this morning: I don’t care if Seattle wins, season’s over, get a better draft pick
me watching that goal line stop: pic.twitter.com/P5mxwgmR5l
— Mina Kimes (@minakimes) December 6, 2021
Das Fazit:
Die Seahawks gewinnen ein absolut wildes Spiel letztlich verdient aufgrund der im Vergleich zu den Niners deutlich stärkeren zweiten Halbzeit. Es war allerdings auch viel Glück dabei, San Francisco schenkte immer wieder First Downs durch Penaltys her und produzierte vier Turnover. Russell Wilson scheint endlich wieder auf dem Weg dahin zu sein, wo wir ihn am Liebsten sehen: Als Anführer einer erfolgreichen Offense, die den Ball bewegen kann. Und auch die Defense überzeugt weiterhin. So kann es gerne weiter gehen!
Und was heißt das jetzt für die Saison: Nichts. Die Chancen auf die Playoffs sind weiterhin minimal (3%). Auch wenn man sich es insgeheim natürlich wünscht – das wird nichts mehr. Lasst es in euren Köpfen abgehakt.
Ausblick: In Week 14 gastieren die Seahawks am 12.12.2021 um 19.00 Uhr bei den Houston Texans im NRG Stadium.