Week 17 steht für die Seattle Seahawks an und dieses Mal befinden sich die Jets aus New York im Anflug auf das Lumen Field. Am ersten Tag des Jahres 2023 ist der Kampf um die Playoffs für das Team von Head Coach Pete Carroll immer noch offen. Denn selbst nach der bitterkalten Niederlage an Heiligabend bei den Kansas City Chiefs sind die Wild Card-Tickets in der NFC für die Gastgeber weiter in Reichweite.
Das Erreichen eines möglichen Postseason-Spiels haben die Seahawks aber nicht mehr in der eigenen Hand. Im ersten Schritt muss Seattle zunächst selbst die beiden letzten Partien der Regular Season gewinnen, um den Angriff von weiteren NFC-Playoff-Anwärtern wie den Detroit Lions und den Green Bay Packers abzuwehren. Haben Geno Smith und Co. diese Hausaufgaben dann erledigt, müssen sie allerdings noch auf Fehler sprich Niederlagen der Washington Commanders oder der New York Giants hoffen. Beide haben die beiden Wild Card-Tickets aktuell noch lose in der Hand, müssen aber am letzten Spieltag jedoch eben noch gegen die beiden NFC-„B“East-Powerhouses aus Philadelphia und Dallas spielen.
Alles das ist aber Makulatur für die Seahawks, wenn am Neujahrstag in Week 17 nicht gegen die Jets gewonnen wird. Ein Erfolg gegen das Team von Head Coach Robert Saleh ist hier alles andere als ein Selbstläufer. Trotz eines veritablen Schlingerkurses auf der Quarterback-Position (mehr dazu in den Matchups) haben sich die Ambitionen der „Gang Green“ in dieser Saison gerade dank ihrer Defense deutlich verschoben. Von einem Anwärter auf den First Overall-Pick im Draft und damit auch auf den Titel des schlechtesten Teams der NFL hat sie sich zu einem Playoff-Kandidaten in der AFC gemausert. Und da die New Yorker mit einer Bilanz von 7-8 genau wie Seattle weiter an der Schwelle zur Postseason stehen, ist auch für sie ein Sieg am Puget Sound eigentlich Pflicht.
Das Spiel:
- Kickoff: Sonntag, 01. Januar 2023, 22.05 MEZ
- Austragungsort: Lumen Field, Seattle, WA (Freiluft, Kunstrasen)
- Wettervorhersage: 7 Grad Celsius, Bewölkt
- Schiedsrichter: Ron Torbert
- Empfang: NFL GamePass
- Wettprognose: Seahawks +2
- Hashtag: #NYJvsSEA
Der Injury Report:
Die Saison wird immer länger, genau wie der finale Injury Report der Seattle Seahawks vor Week 17. So sind für das Spiel am Neujahrstag gegen die New York Jets gleich sieben Spieler fraglich. Dazu zählen die beiden WR Marquise Goodwin (Schulter, Taille) und Tyler Lockett (Hand, der nach seiner Operation unter der Woche sogar schon wieder eingeschränkt im VMAC mittrainieren konnte. Fragezeichen stehen zudem hinter den Einsätzen der beiden RBs Travis Homer und Ken Walker (beide Knöchel) sowie den Auftritten von OT Abraham Lucas, S Ryan Neal (beide Knie) und DT Al Woods (Achillessehne).
Bei den Gästen aus New York gab es am Freitag zur Veröffentlichung dieser Preview noch keinen abschließenden Injury Report. Am Donnerstag konnten bei den Jets zumindest WR Jeff Smith (Knie) und CB Brandin Echols (Quadriceps) nicht mittrainieren. Eingeschränkt war der Übungsbetrieb zudem für die OTs Duane Brown (Schulter) und George Fant (Knie) sowie für S Lamarcus Joyner (Hüfte).
#Seahawks injury report for their Week 17 game against the Jets. We'll get more info from Pete Carroll after practice: pic.twitter.com/ROT5zMaOUY
— John Boyle (@johnpboyle) December 30, 2022
Die Matchups:
Seahawks-CB Tariq Woolen vs. Jets-QB Mike White: Es wird nicht die Frage sein, ob Mike White in Richtung Tariq Woolen werfen will. Sondern, ob der Coaching-Staff der Jets ihn mit ihrem Scheme lässt. Wie viel Eindruck „Riq the Freak“ nach nicht einmal einer vollen Saison in der NFL auf gegnerische Coaches gemacht hat, zeigt sich an Heiligabend in Kansas City. Dort stand der Seahawks-Rookie Auge in Auge mit Patrick Mahomes auf dem Feld, während an der Seitenlinie das Offensive-Mastermind Andy Reid die Spielzüge ansagte. Und bei beiden schien der Respekt vor dem Cornerback aus Seattle groß zu sein. Insgesamt zweimal warf Mahomes den Gegenspieler von Woolen an. Beim ersten Versuch wäre fast ein Touchdown-Pass in die Endzone gesegelt, wenn Nr. 27 nicht mit seiner Geschwindigkeit, seine zunächst ungenügende Deckungsarbeit nicht wieder wett gemacht und den Ball heruntergeschlagen hätte. Und Mahomes‘ zweiter Pass Richtung Tariq Woolen? Der brachte lediglich eine Incompletion.
Nun ist im Lumen Field in Week 17 also White an der Reihe, sich mit dem Jungstar der Seahawks-Secondary zu duellieren. In drei Spielen startete der Ersatzquarterback in dieser Saison für die New Yorker. Und während er im ersten Spiel gegen die Chicago Bears einen echten Sahnetag erwischte, sah es gegen die Minnesota Vikings und auch gegen die Buffalo Bills leistungstechnisch eher mau aus. In Week 12 brachte White fast 80 Prozent seiner Bälle für über 300 Passing Yards und drei Touchdowns an. Im nächsten Spiel gegen eine eher löchrige Defense aus der Twin City warf der Jets-QB 57 Mal für fast 370 Yards. Allerdings kamen auch nur 54 Prozent der Bälle an. Und statt Touchdowns verzeichnete er zwei Interceptions. Auf die verzichtete der Spielmacher dann zwar gegen die Bills. Ein Grund dafür: Mit dem Druck der Buffalo-Defense kam Mike White gar nicht klar und wurde zweimal so unangespitzt von einem Pass Rusher in den Boden gerammt, dass er am Ende mit einer Rippenverletzung zwei Wochen lang aussetzen musste.
Seahawks-WR DK Metcalf vs. Jets-CB Ahmad Gardner: DK Metcalf ist ein absoluter Freak-Athlet mit einem gesunden Selbstvertrauen. Und das zeigt er auf dem Feld. Mit seiner „motivierten“ Art eckt er hier aber immer wieder bei seinen Gegenspielern an, während er für die Seahawks zuverlässig Catches, Yards und Touchdowns liefert. Letzteres sehen die 12s gerne, ersteres eher weniger. Metcalfs Wortgefechte bringen ihn nämlich immer wieder in Schwierigkeiten. Und weil es eben oft „physisch“ zwischen Seattles Wide Receiver und gegnerischen Secondary-Spielern wird, fokussieren sich die Schiedsrichter tendenziell auf DKs Verhalten. Das Resultat: Meistens Flaggen gegen Nr. 14 und Raumverlust für die Seahawks.
Entsprechend interessant dürfte deshalb das Duell mit Ahmad „Sauce“ Gardner werden. Ähnlich wie Metcalfs Intimus Jalen Ramsey ist der Cornerback neben unfassbarem Football-Talent auch mit einem ebenfalls gesunden Selbstverständnis gegenüber seinen eigenen Fähigkeiten ausgestattet. Als Topfavorit auf den Titel des „Defensive Rookie of the Year“ hat Gardner in seinem ersten Jahr in der NFL bewiesen, dass die Jets ihn wohl zu Recht an vierter Stelle im Draft gepickt haben. Und mit einem starken Spiel gegen DK könnte er seine Vita jetzt in Week 17 weiter verfeinern. Dabei bleibt es, für die 12s nur zu hoffen, dass auf dem Feld ausschließlich die Leistungen sprechen und nicht das Trashtalk-Game der beiden Jungstars.
Seahawks-Offensive Line vs. Jets-Pass Rush: Die Magie um Geno Smith scheint in den vergangenen Wochen etwas verflogen zu sein. Ein Grund dafür ist auch die Tatsache, dass die Leistungen der Offensive Line nicht mehr auf dem Level sind, wie in der ersten Saisonhälfte. Smith steht im Angesicht eines holprigen Laufspiels, das ebenfalls immer wieder mit der Blockarbeit der O-Line steht und fällt, vorwiegend im Passspiel oft enorm unter Druck. Dementsprechend haben sich seine Anspiele im Gegensatz zu Anfang der Saison eher in die riskante und ungenaue Richtung entwickelt. Wie erfolgreich die gegnerischen Pass Rusher den Seahawks-QB durch die Gegend scheuchen, manifestiert sich darin, dass die Offensive Line seit der Bye Week in Woche 11 in jedem Spiel, bis auf das gegen die Chiefs, immer mindestens drei Sacks zugelassen hat. Gejagt wird Smith dabei verstärkt durch die Mitte der Line.
Und genau dort lauert nun in Week 17 mit Quinnen Williams einer der besten Defensive Tackles der gesamten NFL. Der First Round-Pick aus 2019 besticht dabei aber in diesem Jahr nicht nur mit seiner Arbeit als Runblocker, sondern ähnlich wie Aaron Donald auch als Pass Rusher. Mit 12 Sacks führt Williams eine Jets-Defense an, die sehr gerne Jagd auf gegnerischer Quarterbacks macht. Und das mit Vorliebe über die Mitte der Offensive-Line, die bei den Seahawks mit Center Austin Blythe und Guard Gabe Jackson die größte Schwachstelle darstellt. Gepaart mit der Tatsache, dass der drittbeste Pass Rusher aus New York mit John Franklin-Myers (vier Sacks) wie Williams ebenfalls ein Defensive Tackle ist, könnte Neujahr für Geno Smith und seine QB-Bodyguards ein ziemlich langer Tag werden.
Der X-Faktor: Mike White
Ja, hier beschäftigt nicht nur uns, sondern auch die Seahawks ausnahmsweise einmal ein Spieler des Gegners. Denn welche Auswirkung die Hochstufung von White zum Starter auf Quarterback für die Jets anstelle von Zach Wilson unter der Woche machte, zeigte sich vorrangig an einem Punkt sehr grafisch. Nicht dass es eine sehr aussagekräftige wäre, aber mit Wilson galt New York gegen die Seahawks in Week 17 bei den Buchmachern als Außenseiter. Und als White schließlich fit ins Line-up integriert wurde, waren die Jets innerhalb weniger Stunden in Seattle plötzlich Favorit.
Und das vielleicht nicht mit Unrecht. Denn ein Blick auf die reinen Zahlen zeigt, dass die Jets mit White statt Wilson mehr oder weniger ein anderer Gegner sind. So macht der Ersatz-QB fast ein Yards mehr pro Play, als der nominelle Starter (5,99 Yards zu 5,0 Yards). Eine Statistik, die fast schon dramatische Auswirkungen auf die Passing Yards über das gesamte Spiel hat. Mit Wilson „under Center“ reichte es für die Jets im Jahr 2022 im Schnitt zu 168,3 Passing Yards pro Partie. Mike White lieferte in seinen drei Spielen als Starter, was zugegebener Maßen eine relativ kleine Stichprobe ist, dagegen satte 304,0 Passing Yards. Warum dem so ist, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass White deutlich beseer dazu in der Lage ist, Druck zu entwichen. Pressure Rate (19,9 Prozent) und Sack Rate (3,8 Prozent) liegen ebenfalls deutlich unter den Werten von Wilson (39,8 Prozent und 9,5 Prozent). Das bedeutet für die Seahawks am Ende: Funktioniert Mike White, könnte Seattle mit ihm und seiner Offense Probleme bekommen. Gelingt es Nwosu, Brooks und Co. dagegen, den Ersatzmann seiner Stärken zu berauben, wird ihr Leben auf dem Feld am Sonntag automatisch leichter.
- Spieler des Spiels: Tariq Woolen macht im indirekten Duell mit „Sauce“ Gardner noch einmal deutlich, warum er der „Defensive Rookie of the Year“ in der NFL sein sollte. Weil die Jets und Mike White in Week 17 den Fehler machen, Woolen zu testen, fängt der zwei Interceptions und macht aus einer einen Pick-Six. Dazu wehrt er noch zwei Pässe ab und liefert sieben Tacklings.
- Statistik des Spiels: 20 Mal spielten die Seattle Seahawks und die New York Jets seit dem Jahr 1977 gegeneinander. Sowohl in der Regular Season als auch in den Playoffs, schließlich spielte das Team vom Puget Sound zwischen 1977 und 2002 in der AFC. Die Head to Head-Bilanz führt Seattle mit 12-8 an. Kurios an den ersten sieben Aufeinandertreffen der beiden Teams ist die Tatsache, dass hier immer die Seahawks als Sieger den Platz verließen. Erst am 27. Oktober 1985 konnten die Jets mit 17:14 erstmals gegen Seattle triumphieren.
- Anekdote des Spiels: Schön, Euch wiederzusehen! Unter diesem Motto könnte das Spiel Seahawks vs. Jets in Week 17 auch gut und gerne laufen. Schließlich heißen die beiden Offensive Tackle aus New York Duane Brown und George Fant, die wie Conerback D.J. Reed allesamt eine Vergangenheit in Seattle haben. Aufseiten der Seahawks war Pete Carroll zu Anfang seiner Karriere bereits Head Coach in New York, während Geno Smith von den Jets gedraftet wurde und Jason Myers es als Kicker der „Gang Green“ einmal, wie 2022 auch, in den Pro Bowl schaffte.
Der Hype-Faktor: Erst Playoffs, dann First Overall-Pick?
Es klingt absurd, aber unter bestimmten Voraussetzungen könnten die Seattle Seahawks in der Saison 2022 in die Playoffs einziehen und im NFL-Draft 2023 tatsächlich – dank des desaströsen Auftretens der Denver Broncos – die Möglichkeit haben, den nominell besten College-Spieler zu picken! Damit zumindest letzteres Realität werden, müssen die 12s an den letzten beiden Spieltagen folgenden Teams die Daumen drücken.
If…
— DEN loses to KC and LAC
— CHI beats DET or MIN
— HOU beats JAX and INDThe #Seahawks would have the 1st overall pick in the 2023 draft.
— Seahawk Nerd (@SeahawkNerd) December 26, 2022
Das Fazit:
Können die Seahawks eine Saison, die so unerwartet gut begann, nach fünf Niederlagen in den letzten sechs Spielen noch einmal herumreißen und tatsächlich noch in Richtung Playoffs taumeln? Diese Frage dürften sich in Week 17 viele 12s stellen. Und eigentlich dürften sie Grund zum Optimismus haben, schließlich ist das Roster der Gastgeber aus Seattle größtenteils das gleiche wie vor dem Ausflug nach München, als das Team mit einer Bilanz von 6-3 an der Spitze der NFC West stand.
Und auch sonst sind die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Neujahrstag am Puget Sound gegeben. Der Gegner aus New York kommt mit einem Backup-QB nach Seattle. Traditionell liefern die Seahawks gerade gegen Saisonende ihre besten Leistungen ab und wenn das Team von Head Coach Pete Carroll unter Erfolgsdruck steht, setzt das normalerweise immer auch noch ein paar extra Kräfte frei. Alles in allem eigentlich keine schlechten Vorzeichen, um die Jets mit einer Auswärtsniederlage im Gepäck zurück in den Big Apple zu schicken.
Prognose: Die Seattle Seahawks geben den Kampf um den Wild Card-Spot in der NFC noch nicht auf und gewinnen mit 21:17.