Satz mit „X“, das war wohl nichts. So oder so ähnlich dürften die Seattle Seahawks auf das Spiel am ersten Spieltag gegen die LA Rams zurückblicken. Viel Zeit bleibt ihnen dafür zum Glück nicht, denn schließlich geht es an diesem Sonntag in Week 2 zu den Detroit Lions. Bis dahin müssen sich Head Coach Pete Carroll und sein Staff einen soliden Gameplan ausdenken, der die Schwächen des eigenen Teams kaschiert und die Stärken der nun offensiv ausgerichteten Truppe vom Puget Sound hervorhebt.
Denn am Lake Michigan treffen sie auf ein Team, das zum Auftakt der NFL-Regular Season 2023 den amtierenden Super Bowl-Champion Kansas City Chiefs auf eigenem Platz besiegte. Dabei profitierten die Lions einerseits ausgerechnet von einem Patzer der Gastgeber, andererseits von der vorhandenen Klasse – vorrangig in der „Abteilung Attacke“ – im Kader von Dan Campbell. Ob Detroit den Aufwärtstrend zum Leidwesen Seattles bestätigen kann, oder ob für die Seahawks statt „Katzenjammer“ wieder Jubel angesagt ist, versuchen wir in der folgenden Preview auf Week 2 einzuschätzen.
Das Spiel:
- Kickoff: Sonntag, 17. September 2023, 19.00 Uhr MESZ
- Austragungsort: Ford Field, Detroit, MI (Dome, Kunstrasen)
- Wettervorhersage: 21 Grad Celsius, Regenschauer
- Schiedsrichter: Alex Kemp
- Empfang: RTL, NFL GamePass
- Wettprognose: Seahawks +5,5 (Underdogs)
- Hashtag: #SEAvsDET
Der Injury Report:
Es hatte sich vor Week 2 angedeutet und nun ist es tatsächlich passiert. Bei der Veröffentlichung des finalen Injury Reports der Seahawks am Freitagabend war auch OT Charles Cross (Zeh) wieder auf der Liste und zwar in der Kategorie „Out“. Also nicht spielfähig, ebenso wie S Jamal Adams (Knie) und Rookie-DT Mike Morris (Schulter). Fraglich sind gegen die Lions zudem ebenfalls die Einsätze von OLB Boye Mafe (Knie) und LB Devin Bush (Schulter).
Allerdings müssen auch die Gastgeber aus Detroit am Sonntag auf drei Spieler verzichten. Diese sind: CB Khalil Dorsey (unbekannte Erkrankung), CB Emmanuel Moseley (Knie/Oberschenkel) und DE Joshua Paschal (Knie). Und während der Einsatz von OT Taylor Decker (Knöchel) als unwahrscheinlich gilt, fehlte C Frank Ragnow (Zeh/geschont) aus Gründen, die die Franchise aus der Motor City nicht bekannt gab.
#Seahawks Week 2 injury report head of Sunday's game at Detroit. No Charles Cross this week, as expected. Devon Witherspoon doesn't have a game status so he's good to go. We'll get more details from Pete Carroll after practice: pic.twitter.com/JQFjhrkNBL
— John Boyle (@johnpboyle) September 15, 2023
Die Matchups:
Seahawks-O-Line vs. Lions-Pass Rush:
So etwas hatte Geno Smith auch bislang nicht erlebt: Ob er es in seiner Football-Karriere schon einmal gesehen habe, dass seine beiden Starter auf Offensive Tackle in einem Spiel innerhalb weniger Minuten beide ausfielen. Das wollte ein Journalist unter der Woche bei der Pressekonferenz zu Week 2 vom Quarterback der Seahawks wissen. Smiths knappe Antwort zu den Verletzungen von Charles Cross und Abe Lucas: Nein. Und weil Seattle auch selten in einer solchen Situation war, verpflichtete die Franchise nach der Niederlage gegen die Rams gleich vier neue Offensive Linemen. Darunter auch den 41-jährigen Jason Peters.
Dass der neunfache Pro Bowler gegen die Lions auf dem Feld stehen wird, ist nach dem „Gang“ von Lucas auf die Injured Reserve List wahrscheinlich. Dadurch muss Peters hier dann gegen einen Pass Rush aus Detroit antreten, der in Person von Defensive End Aidan Hutchinson vor wenigen Tagen schon Patrick Mahomes Probleme bereitete. Insgesamt brach er mindestens dreimal durch die exzellente O-Line der Chiefs, bevor der Jungstar den aktuellen MVP jeweils „hitten“ konnte. Dass Hutchinson gegen Seattle erneut ohne Sack bleibt, ist angesichts der Konstellation der Bodyguards von Geno Smith nun also eher unwahrscheinlich.
Seahawks-Secondary vs. Lions-Passcatcher:
Eigentlich sollte die Passverteidigung der Seahawks 2023 in der Defense glänzen. Doch was in Week 1 gegen Los Angeles passierte, hätten wohl die wenigsten Experten vorhergesagt. Denn während die Laufverteidigung beachtlich hielt, wurde Seattles Passverteidigung hauptsächlich in der zweiten Halbzeit im Lumen Field von Matt Stafford (24 Pässe für 334 Yards) sowie Puka Nacua und Tutu Atwell (beide 119 Yards gefangen) nach Strich und Faden auseinandergenommen. Dass das in Detroit in Week 2 nicht passiert, bleibt aus Sicht der 12s zu hoffen. Und apropos Hoffnung: Die könnte das Debüt von Cornerback Devon Witherspoon sein.
Schließlich hat LA den Rivalen aus dem Pacific Northwest gerade mit mittellangen Würfen über die Mitte des Feldes demontiert, wo der 2023er First-Round-Pick nun ausgerechnet als Nickel-Corner patrouillieren soll. Hier wird er wohl auch entsprechend viel zu tun bekommen, denn im Passspiel von Lions-QB Jared Goff und Detroits Offensive Coordinator Ben Johnson ist genau dieser Bereich die absolute Stärke. Und das liegt an drei Namen: Amon-Ra St. Brown, Jahmyr Gibbs und Sam LaPorta. St. Brown gilt als einer der besten Slot-Receiver der Liga, Gibbs als bester Receiver des Running Back-Rookie-Jahrgangs 2023 und LaPorta etablierte sich bei seinem NFL-Debüt als Tight End gegen die Chiefs sowohl als Fang- als auch als Blocking-Talent.
Seahawks-Running Backs vs. Lions-Defensive Line:
In der zweiten Halbzeit des Spiels gegen die Rams trauten die 12s im Stadion und vor dem Fernseher ihren Augen nicht. Denn das Team von Pete Carroll tat in der Offensive genau das, was man eigentlich nicht erwarten würde: Das eigene Laufspiel wurde komplett ignoriert! So bekamen Ken Walker und Zach Charbonnet zusammen nur dreimal den Ball übergeben, während K9 in der ersten Halbzeit noch 55 Yards erlief. Und dabei sah er im Gegensatz zu seiner Rookie-Saison bei jedem Lauf extrem entschlossen aus, die Löcher zu nutzen, die ihm seine O-Line öffnete. Warum Walker das nicht auch nach der Pause konnte, zumal das Passspiel nicht existierte, bleibt hier wohl eine unbeantwortete Frage. Vielleicht hing es mit den Ausfällen von Cross und Lucas zusammen.
Gegen die Lions sollte Seattle aber gerade auf diese Dynamik setzen, wenn sie offensiv etwas ausrichten wollen. Immerhin ist die D-Line von Detroit im Vergleich zum Duell 2022 jetzt in Week 2 weitgehend unverändert. Und damals erliefen Penny, Walker und Co. satte 235 Yards! Dass sich die Seahawks gegen die Laufverteidigung aus Michigan leichter tun werden, dürfte auch damit zusammenhängen, dass sich die Lions in der Offseason und im Draft in der Secondary gut verstärkt haben. Auch hier sind zwei Namen zu nennen: Brian Branch und C.J. Gardner-Johnson. Ein Duo, das es Metcalf, Lockett und JSN nicht leicht machen wird.
Der X-Faktor: O-Line der Seahawks
Wenn die sensationelle Saison 2022 von Geno Smith eines gezeigt hat, dann die Tatsache, dass der Quarterback der Seahawks unter idealen Bedingungen und aus einem festen Gameplan heraus einer der besten Spielmacher der Liga war. Grund dafür war das bis Weilen sehr solide Spiel der O-Line. Wackelten seine Bodyguards wie gegen die Chiefs oder die 49ers, hatte auch Smith Probleme, sein Spiel aufzuziehen. Dementsprechend groß dürften nicht nur die Bauchschmerzen der 12s vor Week 2 sein. Vor allem angesichts der Tatsache, dass zwei Anker der Line (Lucas und Cross) ausfallen. So wird es wohl wirklich an Jason Peters sowie Jake Curhan liegen, die Edges abzusichern und damit Seattle in Form von Smith eine Offense-Chance gegen die Lions zu geben.
- Spieler des Spiels: Zach Charbonnet wird seine Chance gegen die Lions in Week 2 nutzen, auch weil Seattle aus dem ersten Spieltag gelernt hat. Denn nachdem sich die Verletzungen in der zweiten Halbzeit gehäuft hatten, werden die Coaches Ken Walker genau aus diesem Grund weniger Carries geben und mehr auf den Rookie setzen. Und der wird gegen die D-Line der Lions nicht weniger als 75 Yards und seinen ersten Touchdown in der NFL erlaufen.
- Statistik des Spiels: 99. So viele Punkte schenkten die Seattle Seahawks den Detroit Lions in den letzten beiden Duellen ein. 2021 gewann die Carroll-Truppe in Lumen Field mit 51:29 und 2022 im Ford Field mit 48:45. Ob in Week 2 wieder so viele Punkte auf der Anzeigetafel landen?
- Anekdote des Spiels: Viereinhalb Jahre spielte Quandre Diggs nach dem NFL-Draft 2015 bei den Detroit Lions. Doch am 22. Oktober 2019 entschied das Front Office der Seahawks, „sein Leben für immer zu verändern“, wie Diggs selbst immer wieder betont. Für einen Fünftrundenpick holte Seattle Diggs an die Westküste der USA, wo er sich bis heute zum dreifachen Pro Bowler und einem der unumstrittenen Führungsspieler des Teams entwickelte.
Der Hype-Faktor: „Teenie“ Pete
Wenn er wollte, würde der gefühlt ewig motivierte Head Coach der Seahawks in Week 2 wohl gerne selbst als Seattle-QB die Lions-Defense auseinandernehmen. Dabei bleibt allerdings anzumerken, dass Peter Clay Carroll am 15. September 2023 nun 72 Jahre „jung“ geworden ist. In diesem Sinne sagen auch die German Sea Hawkers: Happy Birthday, „Teenie“ Pete!
😂🤣he really out there slangin the rock https://t.co/bRdbXUwYba
— 𝘾𝙝𝙧𝙞𝙨𝙩𝙤𝙥𝙝𝙚𝙧 𝘼. 𝙆𝙞𝙙𝙙 (@CKidd206) August 18, 2023
Das Fazit:
Das Spiel gegen die LA Rams brachte Ernüchterung für die Seattle Seahawks, die nach einer starken Preseason auf einer Welle der Euphorie zu schwimmen schienen. Verletzungen mehrerer Starter, eine wenig präzise Offensive und eine anfällige Passverteidigung ließen aber gegen die Rams nicht nur die Herzen der 12s in die Hose rutschen. Und nun geht es in Week 2 zu den Detroit Lions, die ihrerseits nach dem Sieg gegen die Chiefs mit breiter Brust antreten können. Alles in allem eine Kombination, die für Seattle nichts Gutes verheißt, aber es ist auch viel zu früh, die Saison jetzt schon abzuschreiben. Schließlich stehen ab dem 3. Spieltag noch 15 weitere Spiele an.
Prognose: Die Seattle Seahawks verlieren auch das Spiel in Week 2. Dieses Mal mit 17:24.