Gegensätzlicher könnten zwei Saisonverläufe kaum sein. Während die Seahawks einen Traumstart mit drei Siegen in Folge feierten, treffen sie in Woche 7 auf die Falcons, denen in den ersten drei Spielen lediglich ein kanpper Sieg gelang. Doch ab Woche 4 wendete sich das Blatt: das Team aus Seattle musste drei Niederlagen innerhalb von zehn Tagen, zuletzt deutlich gegen die 49ers, hinnehmen, während man in Atlanta jede Woche einen Sieg bejubeln durfte. Die Folge: zwei Teams mit unterschiedlichen Ambitionen. Die Falcons wollen weiter auf der Siegerstraße bleiben, während sich die Seahawks danach sehnen wieder auf diese zurückzukehren, um einem negativen Record zu entgehen.
Das Team aus Atlanta spielte in Woche 6 zwar gegen schwache Carolina Panthers, konnte dieses Aufeinandetreffen aber mit 38:20 deutlich für sich entscheiden. Nicht nur aufgrund eines topmotivierten Gegners wirkt das kommende Duell aber knifflig. In Seattle werden aufgrund von Verletzungen zunehmend Kaderlücken offensichtlich, hinzu kommen weiterhin Probleme in der Offensive Line. Der Trade für DT Roy Robertson-Harris von den Jaguars ist eine Konsequenz von schwachen defensiven Leistungen und Ausfällen. Gepaart mit Konzentrationsfehlern, einer schlechten Turnover-Differenz und inkonstanten Leistungen der letzten Wochen kann ein Spiel gegen Atlanta zu einer echten Herausforderung werden, vor allem falls Kirk Cousins wieder eine außerirdische Leistung wie in Woche 6 mit über 500 Passing Yards zeigt. Was das Team aus dem Pacific Northwest also genau auswärts in Atlanta erwarten wird und wie wichtig Verletzungen sein werden zeigen wir in der folgenden Preview.
Das Spiel:
- Kickoff: Sonntag, 20. Oktober 2024, 19:00 Uhr MESZ
- Austragungsort: Mercesdes-Benz Stadium, Atlanta, GA (Dome, Kunstrasen)
- Wettervorhersage: 22 Grad Celsius, sonnig
- Schiedsrichter: Bill Vinovich
- Empfang: NFL GamePass, RTL+
- Wettprognose: Seahawks +3 (DraftKings)
Der Injury Report:
Kaum scheint es mit einer Positionsgruppe in Sachen Verletzungen wieder bergauf zu gehen, so ist es eine andere Unit, die prompt von Ausfällen geplagt wird. Aufgrund der Bedeutung von Verletzungen in den letzten Wochen wird im Folgenden genauer darauf eingegangen. Das Gute aber zuerst. Der diesjährige First-Round-DT Byron Murphy II, dessen Rückkehr nach einer Oberschenkelverletzung sehnlichst erwartet wird, trainierte diese Woche zumindest eingeschränkt wieder mit. OLB Boye Mafe, der in Woche 6 aufgrund einer Knieverletzung nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Snaps auf dem Feld stand, trainierte bereits am Donnerstag wieder uneingeschränkt mit.
Nachdem es mit dem Pass Rush also gesundheitlich wieder bergaufgeht, sind nun die Defensive Backs von Verletzungen geplagt. Zunächst befindet sich S Rayshawn Jenkins aufgrund einer Handverletzung seit dieser Woche auf der IR-Liste und wird damit mindestens für vier Spiele ausfallen. Dasselbe gilt für den kürzlich aus dem Practice Squad aktivierten CB Artie Burns, der seit dieser Woche aufgrund einer Zehenverletzung auf der IR-Liste steht. Hinzu kommt, dass CB Riq Woolen (Knöchel) weiterhin nicht mittrainiert, gleich ergeht es CB Tre Brown (Knöchel), der sich im letzten Spiel verletzte. S Jerrick Reed II trainiert zwar wieder eingeschränkt mit, befindet sich aber weiterhin auf der PUP-Liste. Einziger Wermutstropfen ist, dass S Julian Love im Gegensatz zur Vorwoche wieder voll am Training teilnahm und nicht mehr questionable sein sollte. Auf der offensiven Seite trainierte am Donnerstagstraining weder RB Kenny McIntosh (Fuß), T Stone Forsythe (Hand) noch WR Tyler Lockett (Knie) mit.
Auch die Falcons blieben diese Woche wie in der NFL üblich, nicht von Verletzungen verschont. Diese betreffen interessanterweise ausschließlich die Defensive. Zwei Starter trainierten am Donnerstag überhaupt nicht mit: OLB Lorenzo Carter (Gehirnerschütterung) und ILB Troy Andersen (Knie). Zudem hat S Justin Simmons (Oberschenkel) lediglich eingeschränkt am Training teilgenommen.
#Seahawks injury report for Thursday: pic.twitter.com/1zHotUTXJ1
— John Boyle (@johnpboyle) October 17, 2024
Die Fakten:
Nach der unterirdischen Performance gegen die Giants in Woche 5, zeigten die Seahawks letzte Woche gleich im Anschluss gegen den Erzrivalen aus San Francisco ihre wohl zweitschwächste Performance der Saison. Der Eindruck vor dem Spiel, dass die 49ers u.a. aufgrund von Verletzungen schlagbar gewesen wären, bestätigte sich auch auf dem Feld. Doch das Heimteam aus dem Pacific Northwest war in allen Facetten des Spiels zu fehleranfällig. Sei es ein Fumble beim KOR durch WR Laviska Shenault Jr., 2 Interceptions durch QB Geno Smith oder zahlreiche Unaufmerksamkeiten und schlechte Abstimmung in der Offensive Line oder in der Pass Coverage.
Hinzu kam eine viel zu schwache Box, die in der Run Defense durchschnittlich 6,9 Yards pro Lauf zuließ und keinen einzigen Sack erzielen konnte. Das alles hat seinen Ursprung auch in den zahlreichen Verletzungen die sowohl die Box als auch Secondary betreffen. RB Kenneth Walker III sah gegen die 49ers zwar endlich wieder mehr Runs, war aber mit 32 Yards gesamt bei einem Schnitt von 2,3 Yards nur wenig produktiv. Am erfolgreichsten war man mit der No-Huddle Offense. Es bleibt die Frage „Warum nicht öfter so?“, aber vielleicht kann das auch ein Erfolgsrezept gegen die Falcons sein. Hoffnung gibt, dass man im Spiel aufholen und lange mithalten konnte ,und das trotz einer Turnover-Differenz von 3-0, was beinahe an ein Wunder grenzt! Fehler ausmerzen und beim Gegner forcieren kann also in Atlanta durchaus zum Erfolg führen.
Einer strauchelnden Seahawks Defensive steht eine Offensive aus Atlanta mit vielen Playmakern gegenüber, die sich über die Saison hinweg steigern konnte. QB Kirk Cousins zeigte bisher eine solide Saison, konnte aber vor allem durch ein 500-Yards-Leistung in Woche 5 für Furore und Schlagzeilen sorgen und verteilte die Bälle gut auf verschiedene Targets. Seine Lieblingsanspielstation ist dabei WR Drake London, der bislang Pässe für 428 Yards fangen konnte und damit achtbester in dieser Kategorie ist. In den ersten Wochen hatte die Falcons Offense weiterhin Probleme, den ehemaligen First-Round-TE Kyle Pitts richtig in Szene zu setzen. Nach lediglich 105 Receiving Yards in den ersten vier Spielen, zeigte er in Carolina mit 70 Receiving Yards ähnlich wie in der Vorwoche eine wesentlich stärkere Leistung.
Das Spiel war aber auch ein Ausrufezeichen für das prominente Rushing Game, das ebenfalls bislang etwas unter den hohen Erwartungen geblieben war. Das zweiköpfige Monster rund um Star-RB Bijan Robinson, der dieses Jahr noch immer kein einziges Spiel über 100 Rushing Yards hatte, und RB Tyler Allgeier erzielten gegen die Panthers gemeinsam 200 Rushing Yards (durchschnittlich 6 Yards) und 3 Touchdowns. Die Rushing Defense hingegen ist weiterhin produktionsarm. Gegen die Panthers gelang kein einziger Sack und so bleiben die Falcons auch nach Woche 6 mit 5 Sacks das schwächste Team in dieser Kategorie. Stark waren hingegen die zwei Interceptions in der Vorwoche, u.a. von S Jessie Bates, der auch mit gesamt 43 Tackles einer der Leistungsträger in der Defensive ist.
Sowohl defensiv als auch offensiv gibt es eine Statistik, die zeigt, was dem Team aus Atlanta noch Kopfschmerzen bereitet: die Third Down Conversion Percentage. 48,1 % der Third Downs von gegnerischen Teams enden in einem neuen ersten Versuch, aus defensiver Sicht der zweitschlechteste Ligawert. Umgekehrt kann man selbst nur 34,4 % der dritten Versuche in ein neues First Down ummünzen, was dem zehntschlechtesten Wert ligaweit entspricht. Eine schlechte Kombination, die noch zum Verhängnis werden kann.
- Statistik des Spiels: Auch wenn das letzte Spiel gegen die Atlanta Falcons 2022 mit einer Niederlage für die Seahawks endete, führt das Team aus Seattle die Allzeit-Statistik im direkten Duell mit 12 Siegen in 21 Spielen an. Damit werden die Seahawks unabhängig vom Ausgang am Sonntag weiterhin in dieser Statistik die Nase vorn haben. Gegen die Falcons holte man im Jahre 1976 außerdem den erst zweiten Sieg der damals noch jungen Franchise.
Das Fazit:
Die Bedeutung von Verletzungen für das (vor allem defensive) Spiel der Seahawks wird immer offensichtlicher. Backups wie S K’Von Wallace oder Rookie CB Nehemiah Pritchett werden über sich hinaus wachsen bzw. ihr bestes Spiel zeigen müssen, um den Raumgewinn der offensiven Waffen der Falcons soweit wie möglich zu limitieren. Vor allem dann, wenn beide oder einer der Starting-Cornerbacks Woolen und Brown wirklich ausfallen sollten. Dass der Pass Rush bzw. die Defensive Box im Allgemeinen wieder gesund wird, hilft aber den Druck auf die Secondary zu reduzieren. Wie und ob Murphy II und Neuzugang Robertson-Harris mitwirken können wird für den Ausgang des Spiels daher entscheidend sein. Aber auch davon abgesehen wird es essenziell sein Atlantas starkes RB-Duo zu stoppen. Dafür braucht es von Seattles Verteidigung, selbst mit personeller Verstärkung, eine bessere Leistung als in der Vorwoche.
Für die Offense ergibt sich bei diesem Matchup eine Chance, die es zu nutzen gilt. Einer der momentan schwächsten Pass Rushes sollte der O-Line ein machbareres Duell als in den Vorwochen bieten, und final Geno zu mehr Zeit und weniger Druck verhelfen. Fatal wäre es hingegen, den Falcons Pass Rush besser aussehen zu lassen als er tatsächlich ist. Offensiv stehen dennoch die Zeichen für lange Drives und viele Punkte gut. Letztendlich ist es aber auch an MacDonald ein defensives System zu finden, in dem Backups, Angeschlagene aber auch Starter am besten und effizientesten spielen können, um die Falcons Offense zu stoppen. Und woran beide Seiten zusammen arbeiten müssen: endlich eine positive Turnover-Differenz, in einem Spiel, das schnell sehr punktereich werden könnte!
Spieler des Spiels: QB Geno Smith wird die Chance nutzen und mit mehr Zeit die Pässe effektiv verteilen und damit zeigen, dass man ihn nicht abschreiben sollte. In Zahlen ergeben sich dadurch mehr als 300 Yards und mehrere Passing-Touchdowns
Prognose: Die Seattle Seahawks gewinnen gegen die Atlanta Falcons mit 30:27.