In Woche 10 heißt es für die Seahawks endlich Bye-Week und Durchatmen! Genau wie die Spieler und Trainer machen aber auch wir keine völlige Pause, sondern nehmen uns die Zeit, um die ersten neun Spieltage der Regular Season 2024 aus Sicht des Teams von Mike Macdonald Revue passieren zu lassen. Was war gut? Was war schlecht? Warum steht man nach einem guten Start zur Hälfte der Spielzeit doch bei einem negativen Record?
Alles Fragen, die es zu beantworten gilt, indem wir einen kritischen Blick auf Seattles Leistung werfen, einzelne Positionsgruppen und Spieler einstufen sowie Erfolge und Misserfolge analysieren, um das Potenzial oder die Hoffnung für den Rest der Saison zu identifizieren. Den Anfang macht dabei die Offense von Coordinator Ryan Grubb, die gerade nach der Niederlage in Woche 9 gegen die Rams in der Kritik stand.
Midseason-Überblick 2024 – Die Seahawks Offense in Zahlen
Betrachtet man die gesamten offensiven Yards, liegt das Team aus Seattle aktuell auf Rang 7 in der NFL. Letztlich bringen Yards jedoch keine Punkte und so ist es schließlich wichtig, dass die Offense auch tatsächlich punktet. Hier liegen die Seahawks mit durchschnittlich 23,3 Punkten pro Spiel schon nur mehr auf Rang 14, auch weil Gen Smith und Co. nur ein einziges Mal über 30 Punkte erzielte – in Week 7 gegen Atlanta. Die Folge: statistisch heißt das schnell nur noch wie Mittelmaß.
Nicht zu vernachlässigen ist es jedoch auch in unterschiedlichen Situationen erfolgreich sein zu können. Bei den dritten Versuchen waren das die Seahawks etwa selten. In nur 35,2 % aller Third Down-Situationen konnten sie ein neues First Down erzielen, das ist der neuntschlechteste Wert im Ligavergleich. Kein Wunder bei durchschnittlich 8,9 Yards, die es in diesen Situationen zu überbrücken galt. Das Problem lag dabei vermutlich nicht nur an den dritten Versuchen selbst, sondern an völlig misslungenen Early Downs. Vierte Versuche ließen Grubb und Macdonald dagegen deutlich öfter aus als noch zu Pete Carroll-Zeiten ausspielen, wenngleich die Ergebnisse an dieser Stelle zu wünschen übrig ließen.
Mit 50 % verwandelten 4th Downs ist die Seahawks-Offense in diesen Belangen erneut nur im unteren Drittel (23. Platz) der Liga anzusiedeln. Ganz unmittelbar in Erinnerung blieb da natürlich die misslungene 4th Down-Conversion in Overtime eben jüngst gegen die LA Rams. Und auch in der Redzone setzt sich der schlechte Trend fort. Nur in knapp über der Hälfte der Fälle, in denen Smith und Co. mindestens 20 Yards vor der gegnerischen Endzone kamen, erzielte die Offense auch einen Touchdown. Der zehntschlechteste Wert NFL-weit.
✅ Huge 4th down grab
✅ Touchdown catchJaxon Smith-Njigba did it all to bring the @Seahawks level! https://t.co/HEEZkigiH1 pic.twitter.com/0BOi0eBvL5
— NFL UK & Ireland (@NFLUKIRE) November 4, 2024
Auch das Bild der Passing Offense kann zunächst trügen. Mit 2.414 Passing Yards insgesamt und 268,2 Passing Yards pro Spiel liegen die Seahawks in beiden Kategorien an der Spitze der NFL. Zurückzuführen ist das neben positiven Aspekten aber mit Sicherheit auch auf ein unterdurchschnittliches Laufspiel. Durchschnittlich 4,1 Yards pro Lauf bedeuten lediglich Platz 23, wobei hier die Unterschiede im Mittelfeld äußerst gering sind. Eine deutlichere Sprache sprechen hier die Rushing Yards pro Spiel, die lediglich bei 91,2 Yards liegen und Seattle damit in dieser Statistik nur auf Platz 28 liegt.
Wenn das Passspiel statistisch vom schlechten Laufspiel „profitiert“, sollte das allerdings keine Jubelschreie auslösen. Im Gegenteil! Da beide Aspekte der Offense einander beeinflussen und schlussendlich voneinander profitieren sollten, führt ein schwaches Run Game im Umkehrschluss zu Problemen im Passing Game. Wenn der Gegner um die Schwäche in Seattles Laufspiel weiß, kann er Ressourcen bündeln und die eigene Passverteidigung verstärken. In der Praxis bedeutet das, dass Gegner guten Gewissens Spielzüge und Personal eher in Richtung Passverteidigung verlagern können. Allgemein macht es das offensive Playcalling von Ryan Grubb so viel berechenbarer. Denn wer nicht laufen kann, wird passen! Und das sieht man auch in der Seahawks-Offense. Die viertwenigsten Laufversuche insgesamt, dafür aber die meisten Passversuche. Nicht zuletzt ist deshalb auch die Statistik rund um die Passing Yards aufgebläht und irreführend.
Hinzu kommt eine große Undiszipliniertheit der Seahawks-Offense. 17 False Starts sind der Ligahöchstwert, dazu kommen 19 Offensive Holdings. Hier hat nur ein Team in dieser Kategorie mehr Strafen erhalten als Seattle. Fünfmal ein Penalty für Delay of Game bedeutet außerdem den geteilten 28. Platz. Das trägt auch zum teamübergreifenden Schnitt von 8,3 Penalties pro Spiel bei, was wiederum Ligahöchstwert ist. Zum Vergleich: Die Bengals erhielten bisher halb so viele Strafen (4,4). Auch in anderen Kategorien wie Offensive Pass Interference gehört man zu den schlechtesten Teams
Was können wir nun aus den Zahlen also lernen? Allgemein ist jede Statistik mit Vorsicht zu genießen. Und das zeigt sich auch hier. Die Seahawks-Offense ist, Stand jetzt, nicht imstande eine ausgeglichene Partie zu spielen, und das ist primär auf die Rushing-Offense zurückzuführen. Conversions, egal ob beim dritten oder vierten Versuch oder in der Redzone sind sicherlich auch deshalb unterdurchschnittlich. Es fehlt an Antworten, um in verschiedenen Situationen adäquat zu reagieren, oder es fehlt an Rezepten, die man auch tatsächlich erfolgreich ausführen kann. Dazu kommen vermeidbare Strafen, die einem das Leben zusätzlich unnötig schwer machen.
Statistisch begünstigt das schlechte Laufspiel zwar das Passspiel, de facto aber nicht. Hinzukommt, dass Drives unglaublich kurz werden, wenn man den Ball nicht anständig laufen kann. So verwundert es auch nicht, dass die offensiven Drives von Seattle im Schnitt nur 2:32 Minuten dauern und damit die viertkürzesten der Liga sind. Das schadet in diesem Fall nicht nur der Offense, sondern auch der Defense. Die Leittragenden des schlechten Run Games sind hiermit geklärt, wer aber die Verantwortlichen sind, wird im restlichen Artikel noch aufgedeckt.
Seahawks Offense 2024 – Midseaosn-Positionsanalyse
Wie gut die einzelnen Units und ihre Spieler bisher abgeschnitten haben, analysieren wir im folgenden Abschnitt. Dabei wollen wir uns auch auf den Eye-Test verlassen, also das, was wir auf dem Spielfeld sehen und wahrnehmen. Statistiken sollen dennoch in Kontext gesetzt werden und womöglich auch Neues aufdecken, das so vielleicht bisher nicht beobachtet wurde.
Running Backs
Das Beste kommt dieses Mal nicht zum Schluss, sondern gleich zu Beginn, und zwar in Form von RB Kenneth Walker. Auch wenn die Statistiken, das bisher bislang nicht zu Gänze verraten, war er (für mich) bisher zweifelsohne der stärkste Spieler in der Offense der Seahawks. Er konnte wieder einmal durch unglaublich gute Runs überzeugen, die man zu Beginn oder während des Plays häufig gar nicht so für möglich gehalten hätte. Durch seine körperlichen Attribute (allen voran Agilität, Geschwindigkeit, Antritt und Dynamik) sowie seine Vision war es ihm häufig möglich, weit mehr aus Laufspielzügen herauszuholen, als die O-Line durch ihre Blocks vorbereitete. Hinzu kommt, dass er schlauere Entscheidungen trifft als in seinen ersten zwei Saisons. Er bounced zwar noch immer nach außen, forciert es aber viel weniger und nimmt auch mal die Yards durch die Mitte. Seine Cuts nach außen sind jetzt mehr seine Stärke als eine limitierende und eindimensionale Angewohnheit. In seiner Abwesenheit von zwei Spielen war das Laufspiel nicht mehr dasselbe.
YES HE KEN. pic.twitter.com/BNhmOXCBec
— Seattle Seahawks (@Seahawks) October 20, 2024
Sein durchschnittlicher Raumgewinn pro Lauf liegt bei 4,0 Yards und ist unterdurchschnittlich (Platz 34 von 46 berücksichtigten Spielern). Dafür bewies er bisher den richtigen Riecher für die Endzone. Sechs Touchdowns bedeuten nicht nur im Schnitt fast einen Touchdown pro Spiel (Walker spielte in sieben Partien), sondern auch den geteilten siebten Platz in dieser Kategorie. Walkers Stärke bleibt aber weiterhin seine Geschwindigkeit und Agilität. Aber auch im Kontakt ist er im Vergleich zum Beginn seiner NFL-Karriere stärker geworden. Durchschnittlich 2,1 Yards after Contact bedeuten Platz 25. Dennoch muss man auch erwähnen, dass es drei Spiele zum Vergessen gab. Gegen die 49ers konnte Walker nur 32 Yards erlaufen, gegen die Giants 19 und gegen die Bills 12! Allgemein kam er lediglich in Woche 1 über 100 Yards hinaus. Es mag nun paradox klingen, dass ausgerechnet er dann der stärkste Spieler gewesen sein soll. Im Endeffekt kann ein Running Back aber auch nur so viel machen, wie ihm die O-Line gibt. Oder bei einem Kaliber von Walker kann es auch mal mehr sein, aber eben nicht unbegrenzt.
Sein Positionskollege RB Zach Charbonnet sollte mit ihm zusammen einen One-Two-Punch bilden. Charbonnets Skillset galt dabei als perfekte Ergänzung zu Walkers. Bei beidem liegt die Betonung auf sollte, denn Ersterer blieb nicht nur in seinem Rookie-Jahr, sondern auch in der ersten Hälfte seiner zweiten Saison unter diesen Erwartungen. Eigentlich ist Zach Charbonnet der kräftigere Running Back, der seine Schultern lieber nach unten senkt, um zusätzlichen Raumgewinn zu erzielen, als mit einem Cut den Gegner zu umlaufen. Auf dem Feld sieht das aber leider häufig nur mäßig aus. Trotz der eingeschränkten Vergleichbarkeit (Short Yardage Situation etc.) fällt auf, dass Charbonnet mit 2,0 Yards after Contact durchschnittlich sogar 0,1 Yards weniger erzielte als Walker, der nicht gerade dafür bekannt ist, der physischste Back zu sein. Hinzu kommt, dass diese Rollenaufteilung auch immer mehr verschwindet. In Week 9 gegen die Rams war es etwa Ken Walker, der sowohl den kurzen dritten und vierten Versuch in der Overtime laufen sollte.
Gerade in den Spielen, in denen Charbonnet Walker als Starter ersetzte, waren seine Limitationen noch offensichtlicher. Immer wieder fiel sein langsamer Antritt sowie sein niedriger Speed auf. Dazu passen auch die durchschnittlichen Yards before Contact, bei denen er mit 1,5 Yards aktuell auf dem vorletzten Platz (von 46 Running Backs) liegt, was aber natürlich auch der O-Line und seinem Einsatzbereich geschuldet ist. Im Hinblick auf Yards pro Laufversuch ist Zach Charbonnet mit 3,5 Yards übrigens auch viertletzter. Aber auch er fiel positiv auf. Sein Pass Blocking ist solide und immer wieder sind auch gute Catches dabei. Außerdem konnte er in dieser Saison schon fünf Touchdowns erzielen, 2023 war es lediglich einer.
Dieser Vergleich soll weniger zeigen, worin Charbonnets Defizite liegen, sondern vielmehr, wie gut Walker eigentlich ist. Zach Charbonnet ist sicherlich ein solider Running Back, der aber noch einmal deutlich mehr unter dem schlechten O-Line Play leidet. Andere Backs durften in desr Seahawks-Offense außer den beiden bisher aber kaum bis gar nicht ran. RB Kenny McIntosh sah bei seinen wenigen Runs nie wirklich schlecht aus, bekam aber dennoch, selbst in der Abwesenheit von Walker, keine Chancen, sich weiter zu beweisen.
Offensive Line
Bei all der vorweggenommenen Kritik bietet es sich auch gleich an, über die O-Line zu reden, sicherlich die Unit, die in der Seahawks-Offense mit den meisten Vorwürfen konfrontiert wird. Und das vermutlich zu Recht. Im Laufspiel ist kaum Kraft dahinter, gegnerische Spieler werden kaum bis gar nicht bewegt. Deshalb öffnen sich auch keine Räume. Der Schnitt von 4,1 Yards pro Lauf (Platz 24) ist vermutlich geschönt durch einzelne gute Runs von Walker, die mehr sein Verdienst als der der O-Line waren. Offensichtlich wird das hauptsächlich bei den Yards before Contact. Ex aequo mit vielen anderen Teams im unteren Drittel erzielte die Offense hier 2,3 Yards und damit den siebtschlechtesten Wert der Liga. In der Pass Protection bewegt man sich in den wichtigen Kategorien (Hits, Pressures, Sacks etc.) ebenfalls im unteren Liga-Drittel. Die durchschnittliche Pressure Percentage lag bisher bei 22,5 %, damit liegen die Seahawks in dieser Statistik nur im unteren Mittelfeld. Im Eye-Test sieht die Unit allerdings noch schlechter aus. Gerade mit starken D-Lines schien man übermäßig viele Probleme zu haben. So erzielten die Rams ein Drittel (!) ihrer insgesamt 21 Sacks in dieser Spielzeit im Spiel gegen Seattle. Diese vernichtende Leistung wollen wir jetzt aber der Reihe nach beleuchten.
Asked @Mebane92 to help us better understand what the Seahawks Offensive Line can do.. #TheReset #Seahawks
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— Gee Scott Sr. 🎙️ (@GeeScottSr) November 8, 2024
OT Charles Cross ist mit Sicherheit der beste O-Liner in den Reihen Seahawks.Offense. Als linker Tackle und damit als Blindside-Beschützer von Smith hat er wohl die wichtigste Rolle in der Unit und zeigt, dass es wert sein kann, einen frühen Pick in die O-Line zu investieren. Der ehemalige First Round-Pick spielt 2024 eine gute, aber auch nicht fehlerfreie Saison. Er ist dennoch die einzige wirkliche Konstante, sowohl in der Pass Protection als auch im Run Blocking, und leidet sicherlich auch unter der geringen Unterstützung neben sich. Dennoch hat er keine größeren Schwächen.
Die Starting Guards, LG Laken Tomlinson und RG Anthony Bradford lassen sich (leider) ähnlich charakterisieren. Kein Drive im Run Blocking und unglaublich fehleranfällig. Beide schieben schlichtweg zu wenig und sind aber auch in der Pass Protection technisch nicht gut genug, um QB Geno Smith ausreichend Zeit zu geben. Wobei Bradford von beiden bisher die schlechteren Leistungen zeigte. So legt er häufig schlechte Beinarbeit an den Tag, die aber für einen O-Liner besonders wichtig ist. Die zweitmeisten zugelassenen Pressures eines Guards laut PFF sprechen zudem weiter Bände.
C Connor Williams sollte als solider Veteran eigentlich für Stabilität in der O-Line sorgen. Leider hat sich nun neben Problemen im Blocking in den letzten Spielen ein anderes Problem aufgetan: Probleme beim Snap. Aber genau so etwas darf keinem Center auf NFL-Niveau unterlaufen, vorrangig nicht systematisch. Einen viel zu hohen Snap gab es nämlich nicht nur in Woche 8 gegen die Bills, sondern jetzt auch in Woche 9 gegen die Rams. Das bringt Unsicherheit in die Offense und kann ganze Spiele entscheiden. Sein e Ergebnisse beim Blocken sind dazu leider auch bescheiden. Klar ist, dass der Erfolg eines Centers zum Teil auch von den Guards abhängt und die sind wie bereits erwähnt bislang nur eine geringe Unterstützung. Die Folge, Williams wirkt oft hektisch, hauptsächlich in der Pass Protection. Auch wenn er wenig Hilfe erhält, ist 2024 sicherlich individuell nicht seine beste Saison.
Die größte Schwachstelle war aber bislang OT Stone Forsythe, der nach einer Verletzung im 1. Spiel von OT George Fant dessen Rolle als Right Tackle übernahm. Dort hatte er von Anfang an große Probleme mit seinen Gegenspielern. Bezüglich seiner Maße bringt er vieles mit, um ein Starting-O-Liner in einer NFL-Offense sein zu können. Das wusste das Front Office in Seattle schon im Draft, doch ob oder welche Entwicklung er hinlegen würde, war immer fraglich. Auch heute scheint es, als wäre Forsythe sowohl im Lauf- als auch im Passspiel vom Niveau in der Liga überfordert. Häufig wirkt er so, als wäre ihm alles zu schnell, und diese Defizite konnte er bislang weder mit Physis noch mit Technik wettmachen. Das zeigt leider auch eine Statistik ganz eindrucksvoll: die allermeisten zugelassenen Pressures aller O-Liner, sieben mehr als der zweitplatzierte, obwohl er nur in sieben Spielen zum Einsatz kam. Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.
Wobei, es gibt doch etwas hinzuzufügen. Wenn nämlich ein Rookie-Lineman, aus einem Division 2 College, bei seinem NFL-Debüt nicht schlechter, sogar eher besser aussieht, dann weiß man um die Leistung von Forsythe. Die Rede ist von OT Michael Jerrell, der wiederum nach Stones Verletzung in der Offense auf Right Tackle übernahm. Dieser spielte bislang sicherlich keine überragende Saison, aber seine Leistung ist in Anbetracht der Umstände wesentlich verkraftbarer. Er muss sich sicherlich auch noch an die Geschwindigkeit der NFL gewöhnen und gerade im Laufspiel mehr Drive entwickeln, um Gegner tatsächlich zu bewegen und nicht nur an Ort und Stelle zu behalten. Letztlich hat in der Seahawks-Organisation während des Drafts aber wohl noch keiner geplant, ihn so früh einzusetzen und unter diesen Umständen gab es definitiv einige Lichtblicke, wie sein Debüt gegen die Falcons in Week 7. Er wird noch schlechtere und bessere Spiele haben, aber ein wenig Optimismus ist sicherlich angebracht.
Dann bleiben noch zwei Spieler, die schwer zu bewerten sind. OT George Fant, der eigentlich als Right Tackle in Abwesenheit von OT Abe Lucas in der Offense der Seahawks eingeplant war, war in der bisherigen Saison aufgrund von Verletzungen kaum am Platz. Sowohl in Woche 1 als auch bei seiner Rückkehr in Woche 9 musste er frühzeitig den Platz verlassen, so stehen bislang nur 30 Snaps bei ihm zu Buche. Eine Verletzung kann man einem Spieler kaum anlasten, seine Leistung war in dieser Zeit aber auch maximal durchschnittlich. Und Rookie-OG Christian Haynes bekam im Zuge einer Rotation auf Right Guard immer wieder die Chance, sich gegen einen schwächelnden Bradford zu beweisen. Schließlich sah er aber auch nur knapp über 100 Snaps (Bradford im Vergleich über 500) und verlor fürs Erste scheinbar das interne Duell, da diese Rotation ab Woche 9 vorerst eingestellt wurde. Bei seinen Einsätzen waren allerdings auch keine groben Nachteile zu Bradford offensichtlich.
Letztlich wird die Rückkehr von OT Abe Lucas essenziell sein, um zu einem solideren O-Line-Spiel zurückzukehren. Vor der Trade-Deadline verstärkte sich die Seahawks-Offense auch nicht in den Trenches und so müssen die 12s für den Rest der Saison das ertragen, was der Kader momentan zu bieten hat. Selbst mit der Rückkehr von Lucas wird die Interior O-Line die gleiche bleiben und vorerst zu den schlechtesten der Liga gehören. Diese muss unabhängig von Rückkehrern einen gewaltigen Schritt nach vorn machen, damit die Unit konstant solide spielt. Haynes und Jerrell haben definitiv noch Potenzial nach oben, wenngleich zu hoffen ist, dass letzterer dieses Jahr nur wenig Einsatzzeit sieht, damit er sich zuerst noch weiterentwickeln kann und da alles andere auf weitere oder längere Verletzungen von anderen O-Linern hindeuten würde.
Quarterback
Die Rolle des Spielmachers kann sich in Seattle eigentlich auf einen Quarterback beschränken. Denn auch in der Saison 2024 blieb QB Geno Smith der Leader der Franchise. Und seine Saison lässt sich vermutlich am besten als Achterbahn beschreiben, ein Auf und Ab, bei dem sich die Coaches nie wirklich sicher sein können, was sie gerade an ihm haben. Aber der Reihe nach.
Geno führt die NFL momentan mit 2.560 Passing Yards an. Das hat, wie zuvor erwähnt, verschiedenste und nicht nur positive Gründe, aber dennoch ist ihm nicht abzustreiten, dass er den Ball in der Offense trotz durchwachsener Pass Protection durch die Luft über das Feld bewegen kann. Mit seinen bisherigen 11 Passing Touchdowns befindet er sich hier auch im oberen Mittelfeld der Liga. Zudem ist seine Completion Percentage von 68,1 %, die zehntbeste der NFL und er hat den zweitgeringsten Anteil an schlechten Würfen pro Versuch (10,2 %). Soweit so gut. Der größte Knackpunkt sind letztlich seine vielen Interceptions, eine Statistik, in der er leider sogar die Liga zusammen mit Packers-QB Jordan Love anführt. Selbst relativiert auf die Anzahl der Passversuche befindet er sich auf Platz 26 (von 36 relevanten Quarterbacks), sodass 2,9 % seiner Passversuche in einer Interception endeten.
Kamren Kinchens with a 103-yard PICK SIX for the Rams against the Seahawks. Big mistake from Geno Smith. pic.twitter.com/gjQfyWovwg
— Lawrence Smelser (@LawrenceSmelser) November 4, 2024
Eine Interception fließt dabei in der Regel nur negativ in die Statistik des Quarterbacks ein, unabhängig von dessen Schuld. Das wird auch bei Geno offensichtlich. Alleine in Woche 9 gegen die Rams waren zwei seiner drei Interceptions, zumindest nur zum Teil seine Schuld. Dennoch kann man ihn hier nicht von all seinen Turnovers reinwaschen, manche gehen schlichtweg auf seine Kappe und sind spielentscheidend. Dabei entsteht immer wieder der Eindruck, dass Smith sich hier aber auch oft von der schlechten Pass Protection der O-Line verunsichern lässt. Dadurch trifft der Seahawks-QB voreilige oder unüberlegte Entscheidungen, wodurch er im Endeffekt kaum nachvollziehbare Fehler begeht. Diese Plays wirken, dann auch, als würden sie aus der Reihe tanzen, da Genos Spiel sonst über weiter Teile der Partien gerade unter Anbetracht der Umstände sehr souverän wirkt.
In dieser Situation hilft auch nur wenig, dass, wie bereits erläutert, das Laufspiel kaum Unterstützung bietet. Oftmals muss Geno Smith mit der Passing-Offense das Spiel „retten“. Genau diese Gezwungenheit ist dann auch in seinem Spiel immer wieder bemerkbar und ist wohl auch eine Erklärung für Fehler wie Interceptions. Die Umstände verlangen es von ihm, auch in diesen Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren, so wie er es den Großteil des Spiels eigentlich ohnehin tut. Weniger erzwingen, vielleicht auch den ein oder anderen Ball mehr wegwerfen, lautet hier die Devise.
Ansonsten beweist Geno immer wieder gute Präsenz in der Pocket und entgeht dort den Pressures häufig hervorragend. Dabei konnte er auch den einen oder anderen Raumgewinn erzielen. Schlussendlich stehen für ihn persönlich zum jetzigen Zeitpunkt 193 Rushing-Yards und ein Touchdown zu Buche.
GENO SCRAMBLES FOR THE WILD 34-YD TD RUN 🔥
(via @NFL)
— Bleacher Report (@BleacherReport) September 8, 2024
Insgesamt gilt es für Geno die restliche Saison über weiter seine Fehler zu minimieren. Schließlich zoiegte er an den bisherigen neun Spieltagen immer wieder, was in ihm steckt und, dass er mit seinen Höchstleistungen, sicherlich zu den besseren Quarterbacks der Liga gehören kann. Um zur Metapher der Achterbahn zurückzukehren: Die Höhen beibehalten, aber die Tiefen in der Offense abschwächen, reduzieren und allgemein für mehr Konstanz sorgen. Ein gleichbleibendes Spiel des Quarterbacks ist letztlich eine Stütze für die gesamte Offense, die sie aufbaut und Motivation sowie Optimismus gibt. Das Team braucht ihn schlicht als Leader!
Wide Receiver
Auf dem Papier haben die Seahawks in ihrer Offense mit Sicherheit eines der besten Wide Receiver-Trios der NFL. Und das war bisher auch mächtig gefordert. Die Gründe hierfür wurden in unserer Analyse mittlerweile ausreichend beleuchtet. Der Output: Zwei Wide Receiver gleichauf an Platz 12 der Receiving Yards-Liste. Und während die Seahawks-WRs bei den Receiving Yards die Nummer 1 sind, leisten sie sich aber auch verhältnismäßig viele fallen gelassene Bälle. In Sachen „Drop pro Wurf“ sind Seattles Receiver im unteren Mittelfeld der Liga anzusiedeln. Was die Starter und die Backups im Speziellen aber geleistet haben, untersuchen wir im folgenden Abschnitt:
WR DK Metcalf ist weiterhin die Nummer eins in Seattles Wide Receiver-Unit. Wie wichtig er für die Passing-Offense ist, wurde im Spiel gegen die Bills in Woche 8 einmal mehr als offensichtlich. Trotz zweier verletzungsbedingten Ausfälle kommt er immer noch auf 568 Receiving-Yards und drei Touchdowns. Seine Stärken und Schwächen sind altbekannt. Er ist weiterhin physisch und kann einen Cornerback, in Anlehnung an Woche 8 gegen die Falcons, auch mal mit nur einer Hand blocken. DK zieht auf jeden Fall viel Aufmerksamkeit auf sich und kann seine Stärken vor allem auch als Deep Target ausspielen. Zu den negativen Aspekten zählen weiterhin Probleme bei der Ball Protection. So sind zwei Fumbles diese Saison der zweithöchste Wert unter Receivern. Von einem absoluten Star-Wide Receiver würden sich die 12s zudem mehr Catches auch bei schweren Würfen oder in komplizierten Situationen wünschen. Die Ansprüche an ihn sind zudem auch im Hinblick auf Drops höher. Vier Bälle ließ er in der ersten Saisonhälfte fallen. Bei aller Kritik ist DK weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Offense und bringt ein Skillset mit, das sonst keiner im Team hat.
GENO SCRAMBLES FOR THE WILD 34-YD TD RUN 🔥
(via @NFL)
— Bleacher Report (@BleacherReport) September 8, 2024
Pünktlich für diese Analyse hatte auch WR Jaxon Smith-Njigba sein Breakout-Game dieses Jahr. In Week 9 gegen LA fing er sieben Pässe für 180 Yards und zwei Touchdowns. Die restliche Saison war es sonst eher ruhig um den 2023er-First Round Pick. Nur gegen die Patriots in Woche 2 reichte es ebenfalls für mehr als 100 Yards. Bis vor dem Duell gegen die Rams hatte er zudem nur einen Touchdown erzielt. Wie DK steht auch JSN bei 568 Receiving Yards, wobei bei ihm eben zwei Spiele fast für die Hälfte dieses Raumgewinns verantwortlich sind. Und auch er hatte wie DK bisher vier Drops, einer davon mündete sogar in einer Interception. Die 12s erwarten sich von „Jax“ in der Offense sich sicher mehr, schließlich ist er ein First Round Pick. Dass JSN das Potenzial hat, zeigte er bereits. Als Receiver hat man schlussendlich nur begrenzt Macht darüber, wie sehr man im Gameplan involviert ist und tatsächlich angeworfen wird.
WR Tyler Lockett ist auch in der Saison 2024 weiterhin fixer Bestandteil der Seahawks-Offense, wenngleich seine Rolle immer weiter abnimmt. So hatte er dieses Jahr bislang kein Spiel, in dem er Bälle für über 100 Yards fangen konnte. Dennoch erzielte Lockett bereits insgesamt einen Raumgewinn von 456 Yards und zwei Touchdowns. Dabei ist der Veteran vor allem ein Ziel auf das sich Geno weiterhin gerne in wichtigen Momenten verlässt. Bei bedeutenden Catches sei es ihm auch verziehen, dass er sich danach gleich hinlegt und keine Yards after Catch (YAC) mehr erzielt. Dennoch waren auch bei ihm wieder vier uncharakteristische Drops, genau wie bei JSN und DK, dabei. Als erfahrener Receiver ist Lockett dennoch weiterhin eine wichtige Stütze des Teams, mit viel Erfahrung und Potenzial für Big Plays.
Tyler Lockett brings home the bread. Touchdown! #Seahawks pic.twitter.com/fOHPKXXnLr
— 𝚂𝚒 𝚆𝚊𝚌𝚑𝚒𝚛𝚊 (@uid_max) November 3, 2024
Dahinter kam bisher leider nicht viel. WR Jake Bobo fing neun Pässe für 81 Yards und konnte damit im Vergleich zur Vorsaison kaum einen Schritt nach vorn machen. Neu-WR Laviska Shenault Jr. war bisher vorwiegend in den Special Teams aktiv und konnte lediglich mit 36 Receiving Yards zum Erfolg der Offense beitragen und das dann hauptsächlich über Screens. Aus dem Practice Squad in den Kader für das Spiel gegen die Rams in Woche 9 berufen, war WR Cody White eine angenehme Überraschung, auch weil er bei diesem Einsatz zwei gute Catches für 44 Yards und einen Punt Block erzielen konnte.
Alles in allem hat die Receiving-Unit unglaublich viel Potenzial, die zwar die Liga (zusammen mit Tight Ends und Runningback) in Receiving Yards anführt, allgemein aber wohl noch unter den Erwartungen geblieben ist. Breakout-Performances wie die von JSN oder selbst in kleinem Rahmen von White geben allerdings Hoffnungen für die zweite Saisonhälfte, in der die Seahawks das Potenzial an dieser Stelle womöglich noch besser ausschöpfen dürften.
Tight Ends
Die Tight Ends haben sich gegenüber der Vorsaison bezüglich Personal in der Offense am meisten verändert. Noah Fant ist weiterhin die Nummer 1, doch statt Colby Parkinson (jetzt Rams) und Will Dissly (jetzt Chargers), sind seit dieser Saison jedoch Rookie AJ Barner via Draft und Pharaoh Brown via Free Agency neu im Team. Eine vielseitige Unit, die wir als Letztes analysieren.
TE Noah Fant kam als First Round-Pick der Denver Broncos mit großen Erwartungen daher, die er so nie erfüllen konnte. Als er im Zuge eines sehr bekannten Trades nach Seattle kam, waren die Ansprüche an ihn sicherlich kleiner geworden, aber immer noch groß. Bei den Seahawks konnte Fant in der Offense aber auch nie wirklich große Zahlen erzielen. Auch dieses Jahr liegt er bisher im Hinblick auf Yards weit hinter den Receivern DK, JSN und Lockett. Dafür erwies er sich bisher als sehr sichere Anspielstation. Von Woche 3 bis 7 fing er alle seine 21 Targets und ließ sich insgesamt erst einen wirklichen Drop zuschulden kommen. Im Blocking hat er weiterhin seine Defizite und wird dort deshalb auch wenig verwendet. Letztlich ist er weiterhin ein Receiving-Tight End, der aber mit 285 Yards, trotz eines verpassten Spiels, momentan auf Kurs ist, seine beste Saison als Seahawk zu spielen, sofern er diese Pace halten kann.
Nur etwa 80 Snaps weniger als Fant spielte TE AJ Barner bisher in seiner Rookie-Saison. Dafür war seine Rolle im Blocking deutlich größer. Gerade hier zeigte er bisher wirklich großen Einsatz und solide Leistungen, auf die die Offense bereits sehr früh bauen konnte. Es wirkt, als hätte Barner wirklich großen Spaß am Blocking, was für ein Football Team ein unglaublich wichtiger Aspekt sein kann. Dazu konnte sich der Rookie neben seinem Spezialgebiet auch als Passempfänger steigern und liegt jetzt bei 14 Catches für 132 Yards und einem Touchdown. Ein wirklich vielversprechender Karrierestart, der für viel Hoffnung und Optimismus sorgt.
I am a Lions fan but it was good to see AJ Barner get a TD! 〽️
— JD 〽️ (@MGoJDBlue) October 1, 2024
Eine deutlich geringere Rolle kam bislang TE Pharaoh Brown zu, der verletzungsbedingt erst ab Woche 3 auf dem Platz stand. Einsatzzeit fand er in Seattles Offense größtenteils im Run Blocking, aber nur mit mäßigem Erfolg. So ist er am Ende nur ein solider Backup, der aber häufig athletisch etwas limitiert wirkt. Noch weniger Einsatzzeit sah TE Brady Russell, der aber in den Special Teams ein wichtiger Leistungsträger ist. Bei seinen wenigen Einsätzen, ebenfalls vor allem als Run Blocker, machte er eine relativ gute Figur. Was bei ihm sehr positiv auffällt, ist sein großer Einsatz sowie sein Wille und der Spirit, den er Woche für Woche ins Team bringt.
Zusammengefasst eine solide Unit, die sich ergänzt und eigentlich alle Rollen sowie Facetten eines Tight Ends bedienen kann. Gerade mit Barner haben die Seahawks einen sehr vielversprechenden Kandidaten für die Zukunft gedraftet.
Coaching
Das Coaching und Playcalling in der Offense zu beurteilen ist definitiv schwieriger als die Leistung einzelner Spieler. Weil man nur begrenzt hinter die Kulissen blicken kann, kann auch eine Erfolgs- und Schuldzuweisung sowohl für einzelne Personen als auch den ganzen Staff nur begrenzt erfolgen. Dennoch versuchen wir uns hier an einer kurzen Einschätzung, die sich allen voran an Offensive Coordinator Ryan Grubb als oberste Instanz im Angriffsspiel richtet.
Beginnen wir mit dem Guten. Trotz all der negativen Aspekte, die schon vorweggenommen wurden, hat Grubb eine schlagkräftige Passing Offense geschaffen. In Seattle ist man auch mutiger geworden und spielt vierte Versuche aus, was für viele Fans eine erfreuliche Entwicklung darstellt. Auch das ein oder andere (im positiven Sinne) unkonservative Play hat sich über die Saison hinweg eingeschlichen. Kritik ist am Ende des Tages häufig, aber viel leichter zu üben. Viele positive Dinge sind oft ohnehin Erwartungen, die Fans haben und voraussetzen. Und auch wenn Gutes dabei ist, haben auch viele schlechte Leistungen der Offense eben zu diesem negativen Record beigetragen, weshalb auch an dieser Stelle ebenso etwas Unmut aussprechen wollen.
Allen voran ist das Run Game der limitierende Faktor. OC Grubb kann aber natürlich nur mit dem arbeiten, was er hat. Wie viel Einfluss er auf die Offseason-Entscheidungen hinsichtlich Personal hatte, wollen wir in diesem Zusammenhang außen vor lassen. Dennoch gibt es einige Aspekte, die Verbesserungspotenzial für das Laufspiel bieten könnten. In Hinblick auf Spielzug-Auswahl in der Offense fällt zum Beispiel auf, dass Seattle trotz der drittmeisten Passversuche, die drittwenigsten Play Action-Versuche hatte. Denn wenn der Lauf zu selten angetäuscht wird, macht es das in weiterer Folge sowohl für das Run Game als auch für den Pass schwieriger, da der Read für die gegnerische Defense leichter wird und Tendenzen entstehen.
So wäre hier die Run-Pass-Option (RPO) ein anderes Mittel, um dem entgegenzuwirken. Durch den Read ergibt sich dabei zusätzlich der Vorteil, dass nicht nur Pass oder Lauf angetäuscht wird, sondern dass der Quarterback auch die (scheinbar) vorteilhaftere Entscheidung für die Offense treffen kann. Hier bewegen sich die Seahawks im Mittelfeld hinsichtlich der Versuche. Doch RPOs sind allerdings auch bei schlechtem Laufspiel weniger effektiv, da die Defense dann vermehrt den Pass verteidigt, der Run aber immer noch zu wenig Raumgewinn führt. Dennoch kann es beide Aspekte der Offense entlasten und sollte weiter gespielt werden.
Fragezeichen ergeben sich aber auch in Bezug auf die Right Guard-Rotation. Es drängt sich dabei die Frage auf, worin der Mehrwert liegen soll, Haynes gelegentlich für Bradford einzuwechseln. Ob das einem Rookie die nötige Erfahrung und genügend Selbstbewusstsein gibt? Für eine O-Line ist es unglaublich wichtig, eingespielt zu sein und eine gute Kommunikation untereinander zu haben. Die Frage ist, wie gut das möglich ist, wenn nicht immer dieselben fünf Mann am Platz stehen. Hinzu kommt auch, dass Jerrell in seiner Situation auf der Position des Right Tackles direkt neben sich Konstanz und Rückhalt benötigen würde. Dass eine Rotation einem Division 2-Rookie ohne große NFL-Erfahrung dabei hilft, das Maximum aus sich herauszuholen, sei dahin gestellt. Aber auch der Coaching Staff hat scheinbar kein Vertrauen mehr in diese Taktik und beendete die Strategie (vorerst) mit Woche 9.
Auch wenn die vielen Penalties, die letztlich von Spielern verursacht werden, liegt es in der Aufgabe der Coaches, die Disziplin oben zu halten. Gerade wenn man die meisten Strafen in der NFL kassiert, kann man schon fast von systematischen Problemen ausgehen, die es zu beheben gilt. Allen voran in der Offense sind viele inakzeptable Strafen wie Delay of Game nach Timeouts dabei, die eigentlich leicht zu vermeiden wären. Das muss der Coaching Staff auf jeden Fall so schnell wie möglich in den Griff bekommen.
Allgemein wirkt es, als könnte Seattles Offense weder dem Gegner das eigene Spiel aufzwingen, noch sich so auf die Schwächen des Gegenübers einstellen, sodass dies schließlich zum erwünschten Erfolg führt. Gute Offenses schaffen den Spagat, indem sie ihre eigene Philosophie an den Gegner anpassen. Es werden also gerade in Anbetracht der spielerischen Defizite kreative und angepasste Lösungen benötigt, um gegnerische Defensiven zu dominieren. Das gilt in der Offense primär für das Laufspiel. Bislang waren solche Ideen nur nicht häufig zu sehen. Gelegentlich stand Russell als Fullback auf dem Feld, Backup Center Olu Oluwatimi war für wenige Plays mehr oder weniger erfolglos als zusätzlicher Blocker im Spiel.
Dennoch muss man auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Grubb coacht das erste Mal in der NFL und der Coaching Staff ist neu zusammengestellt. Auch dieses Team muss sich erst einspielen und akklimatisieren. Einige Geistesblitze waren schon zu sehen und zunehmend werden wohl auch mehr Teile des Playbooks gespielt werden können. Es bleibt abzuwarten, welche Lösungen die Coaches für die Probleme in der Offense finden und was Neuzugänge im Team in der nächsten Saison verändern können.
Seahawks-Offense 2024 Midseason-Fazit und Ausblick
Auch wenn in dieser Phase der Saison klarerweise viel Kritik geübt wird, ist auch nicht alles schlecht. Jede Unit schöpft für sich bisher nicht ihr komplettes Potenzial aus. Dass keine Positionsgruppe in der Offense wirklich über sich hinauswächst, hat zwar den Nachteil der bisherigen Ergebnisse, aber auch den Vorteil, dass die restliche Saison nicht aussichtslos ist und realistisches Potenzial für bessere Leistungen besteht.
Gleichzeitig muss man realistisch bleiben und sagen, dass gerade die O-Line weiterhin die Schwachstelle der Seahawks bleibt und das auch nicht ohne weiteres von einem Tag auf den anderen vollkommen gelöst werden kann. Die absehbare Rückkehr von Abe Lucas sollte allerdings alle 12s positiv stimmen und wird auch die gesamte Offense nach vorn bringen. Schafft man es dabei, dann an den richtigen Stellschrauben zu drehen, kann mit einer Verbesserung in der O-Line oder im Rum Game die Leistung der restlichen Offense um ein Vielfaches erhöht werden. Es wird aber wohl auch unkonservative Ansätze benötigen, um die vorhandenen Schwächen so gut wie möglich zu minimieren.
Letztlich haben die Seahawks in Walker einen der besten Running Backs der Liga und mit Charbonnet einen soliden Backup, der auch noch Potenzial nach oben hat. Geno lässt mit seinen Fehlern immer wieder Zweifel aufkommen, ist allerdings ein Teamplayer und hat einen wirklich preiswerten Vertrag. Charles Cross wird trotz widriger Umstände seinem Draft-Status immer mehr gerecht und in Abe Lucas hat Seattle (wenn er gesund ist) einen wirklich guten rechten Tackle. Die Wide Receiver haben ganz unterschiedliche Skillsets und bringen Erfahrung, aber auch noch viel Potenzial für die Zukunft mit. Genau so facettenreich sind die Tight Ends, bei denen allen voran Barner jetzt schon solide spielt, aber in Zukunft sicherlich noch besser werden könnte. Dann bleibt noch OC Grubb, der auch weiter lernen darf und das ganz sicher tun wird. Wenn er aus der Seahawks-Offense auch nur annähernd das machen wird, was er aus der Washington Huskies gemacht hat, dann können wir uns auf die nächsten Jahre freuen. Bis dahin gibt es allerdings noch einiges zu tun.