Eine enttäuschende Niederlage im heimischen Lumen Field gegen die starken Green Bay Packers beendet den zwischenzeitlichen Höhenflug der Seahawks und zeigt, dass es halt doch nur die Übergangssaison ist, von der im Vorfeld sowieso alle ausgegangen waren. Eine nicht funktionierende Laufverteidigung, Abstimmungsprobleme in der Offense und eine Verletzung des Starting-Quarterback Geno Smith sind die Schlüsselfaktoren für eine Niederlage, die hoffentlich nicht allzu lange in den Köpfen der Spieler bleiben wird, denn am kommenden Wochenende steht direkt das nächste schwere NFC North-Duell gegen die Minnesota Vikings an.
Die Seahawks waren zum zweiten Mal ohne ihren Starter auf Running Back, Ken Walker III, ins Spiel gegangen. Seine Vertretung nahmen wie in der letzten Woche schon Zack Charbonnet und Kenny McIntosh ein. Von Anfang an dominierten die Packers die Trenches nach Belieben, sowohl in der Laufverteidigung der Seahawks wie auch im Pass Blocking der O-Line der Seahawks steckte der Wurm drin und so kamen die Packers immer wieder zu Chancen. Das Spiel war gefühlt schon nach 20 Minuten vorbei, ein kleines Fünkchen Hoffnung keimte zu Beginn des vierten Quarters auf doch Sam Howell als Ersatz für Geno Smith konnte das Spiel nicht mehr rumdrehen. So stehen die Seahawks nun bei 8-6.
Der Spielverlauf:
- 1. Quarter: Den Opening Drive laufen die Packers fast ohne Passspiel bis in die End Zone und es steht direkt mal 7:0. Auf der anderen Seite müssen die Seahawks nach einem kurzen Drive und nur einer schönen Completion auf DK Metcalf den Ball punten. Die Packers hingegen machen so weiter, wie sie angefangen haben und laufen die Seahawks in den Boden – wo ist denn da die Laufverteidigung? Josh Jacobs bisher mit einem fantastischen Abend und der Drive wird von Romeo Doubs in der End Zone vergoldet zum 14:0.
- 2. Quarter: In ihrem zweiten Drive kriegen die Seahawks erstmals so etwas wie ein offensives Spiel zusammen – ein paar schöne Pässe auf vor allem JSN und ein paar schöne Läufe von Zack Charbonnet bringen die Seahawks zumindest in Field Goal Rage und Jason Myers verwandelt ganz sicher zum 14:3. Auf der anderen Seite des Balls bewegen die Packers die Chains aber wieder ganz wunderbar und schaffen es zum dritten Mal an diesem Tag in die Nähe der Red Zone – diesmal hält die Seahawks Defense allerdings und zwingt die Packers nur zu einem Field Goal – 17:3. Die Seahawks Offense schafft es dann mit einem schönen Drive erstmals am Abend in die Red Zone, doch ein verunglückter Pass in die End Zone wird von den Packers intercepted und so kommen keine Punkte bei den Hawks dazu. Den letzten Drive vor der Pause bringen die Packers durch eine dumme Flagge bis kurz vor der End Zone, müssen dort aber aufgrund auslaufender Uhr das Field Goal nehmen: Mit 20:3 geht es in die Kabine…
- 3. Quarter: Im ersten Drive nach der Pause schaffen die Seahawks wiederum keinen großen Raumgewinn und müssen nach ein paar Versuchen den Ball punten. Im anschließenden Packers-Drive schlägt die Seahawks-Defense erstmals zu und kann die Offense mit einem 3&out schnell vom Platz schicken, die. Als Bonus gibt es eine sehr gute Feldposition dazu. Eine Chance für die Seahawks? Mitnichten: Nur zwei Spielzüge später verletzt sich Quarterback Geno Smith am Knie und kann fortan nicht mehr weiter spielen – Ersatzmann Sam Howell bringt zwar einen Ball an, danach müssen die Seahawks aber das Field Goal zum 20:6 nehmen. Die Packers legen wiederum einen langen Drive aufs Parkett und schaffen es in die Red Zone – werden dort allerdings von den Seahawks gestoppt und bleiben so bei einem Field Goal zum 23:6.
- 4. Quarter: Das vierte Quarter beginnt mit einem Punt der Seahawks, nachdem Sam Howell in einer Serie in drei Versuchen hintereinander gesackt worden war. Die Packers im Verwaltungsmodus legen einen recht kurzen Drive hin, können aber den Ball beim anschließenden Punt an der Seahawks-End Zone platzieren. Howell schafft es mit drei Incompletions nicht aus der schwierigen Situation und die Seahawks müssen ebenfalls direkt wieder punten. Bei einem Lauf der Packers verliert Jacobs den Ball beim Lauf und Julian Love kann ihn einsammeln – ein dringend benötigter Turnover! Die gute Feldposition nutzen die Seahawks direkt aus und kommen durch Zach Charbonnet erstmals in die End Zone, nur noch 23:13! Die aufkommende Hoffnung wird noch von einem wiederholten 3&out der Seahawks Defense untermalt und die Seahawks kommen schnell wieder an den Ball. Doch Howell bringt die Offense nicht ans Laufen und die Seahawks müssen ebenfalls punten. Die Packers scheitern dann bei einer 4th-Down-Conversion und geben den Seahawks mit fünf Minuten auf der Uhr ein letztes mal die Chance, das Spiel doch noch zu drehen. Doch Sam Howell schlägt die Chance mit einer schnellen Interception in den Wind und die Packers schaffen im Gegenzug den schnellen Touchdown. 30:13, seal the deal. Danach wird nur noch die Uhr runter gelaufen.
Die Hauptdarsteller:
Seahawks-Laufverteidigung & RB Josh Jacobs: Den ersten Tackle for Loss erzielte Leonard Williams in der Mitte des dritten Quarters, ansonsten konnte Josh Jacobs auf Seiten der Packers in Ruhe machen, was er wollte. Nach Spielende standen insgesamt 26 Läufe für 94 Yards zu Buche – kein sehr außergewöhnlicher Wert, aber gut genug, um den Packers die volle Spielkontrolle zu geben. Gerade in der ersten Halbzeit hatte man das Gefühl, die Seahawks hätten die letzten Wochen in einem Fiebertraum verbracht, denn es sah schon an vielen Stellen eher nach einem Spiel aus den ersten Wochen aus. Erst in der zweiten Halbzeit wachte die Laufverteidigung halbwegs auf und konnte schlimmeres verhindern.
7/11 All Day, All Night: Die Chemie zwischen Geno Smith und Jaxon Smith-Njigba stimmt einfach aktuell. Der Seahawks-Receiver fing zehn Bälle für insgesamt 83 Yards und war immer anspielbereit für den Quarterback. Das einzige Ausrufezeichen, was an einem ansonsten schweren Tag für die Offense gelang. JSN übernimmt mehr und mehr Spielanteile und konnte gerade in den letzten fünf Wochen immer wieder überzeugen – genau so haben wir uns das gewünscht. Wieder ein Spiel, was Mut macht, in der Entwicklung des Second Year Receivers.
Die Nebendarsteller:
Ehrenvolle Erwähnung: Die Linebacker für eine wiederum gute, allerdings wenig auffallende Leistung. Im zweiten Level konnten die Läufe der Packers fast immer gestoppt werden, das Problem lag in der D-Line. Dahinter wurde konsequent aufgeräumt. Auch in der Passverteidigung sahen Ernest Jones und Tyrice Knight stabil aus. Die Special Teams hatten diesmal keine Probleme, alle Returns gelangen (auch wenn keine großen Raumgewinne erzielt wurden) und sowohl Jason Myers als auch Michael Dickson machten ihren Job grundsolide.
Stets bemüht: Die Offensive Line hatte sich in den letzten Wochen stabilisiert – konnte das aber heute kaum bestätigen. Zack Charbonnet sah in weiten Teilen so aus, wie er auch in den Wochen davor aussah und beide Quarterbacks bekamen Druck ohne Ende. Nicht nur in der Szene mit der Verletzung, auch sonst klebten fast immer Packers-Defender an den Quarterbacks und holten insgesamt sieben Sacks. QB Sam Howell hatte einen undankbaren Tag, um vom verletzten Geno Smith zu übernehmen, trug aber auch nahezu nichts dazu bei, dass eine QB-Debatte entstehen könnte. Nur fünf von 14 Pässen angebracht für nur 24 Yards, eine letztlich spielentscheidende Interception und vier Sacks stehen als Arbeitsbilanz am Ende. Hoffen wir, dass Geno schnell wieder fit ist.
Meh: Die beiden Cornerbacks fielen mehrfach mit schlechter Coverage und noch häufiger mit unnötigen, spielverändernden Flaggen auf. Das war ein gebrauchter Abend für Riq Woolen und Josh Jobe, den sie schnell wieder abhaken müssen. Die 12s hatten zum wiederholten Mal einen schweren Stand auf der Tribüne. Zwischenzeitlich waren „Go Pack Go“-Rufe zu hören, Seattle war zu Hause in der Minderheit. Ein wirklich gebrauchter Abend für die gesamte Organisation. Flaggen machten das Spiel noch schwerer zu gewinnen – es waren zwar nur fünf, doch insgesamt für 108 Yards. Heißt auch: Diese fielen fast immer in entscheidenden Situationen und kosteten daher auch besonders viele Yards.
Die Highlights:
Ernest Jones mit dem Monster-Tackle und Julian Love sammelt den Ball auf – Turnover für die Seahawks:
Love, actually#ProBowlVote + @_jlove20 pic.twitter.com/LWcxPEPT8s
— Seattle Seahawks (@Seahawks) December 16, 2024
Der einzige Touchdown des Abends, hervorragend geblockt von der O-Line und ins Ziel gelaufen von Zach Charbonnet
Charbonnet for 6️⃣#ProBowlVote + Zach Charbonnet pic.twitter.com/OLMXfm38hM
— Seattle Seahawks (@Seahawks) December 16, 2024
In der Halbzeit gab es eine Drohnen-Show – die erste, die jemals in einem NFL-Stadion durchgeführt wurde. Im Zeitraffer sieht das doch echt hübsch aus:
Here’s a time lapse from the Drone Show at halftime. It was amazing. #Seahawks pic.twitter.com/ygujaF5Ewj
— Jowee (@ilovejowee) December 16, 2024
Die Verletzten:
QB Geno Smith verletzte sich bei einem erfolgreichen Pass Rush der Packers am Knie und konnte danach nicht weiter spielen. Laut Mike Macdonald ist im Knie strukturell alles in Ordnung, also nichts gerissen oder gebrochen, trotzdem werden erst weitere Untersuchungen am Montag aufzeigen, wie lange Smith wohl fehlen wird.
C Olu Oluwatimi konnte das Spiel ebenfalls auf Grund einer Knieverletzung nicht beenden, weitere Kommentare zu seiner Verletzung konnten die Reporter Mike Macdonald nicht entlocken.
Das Zitat:
„All of our goals are ahead of us.“ – Head Coach Mike Macdonald über eine toughe Niederlage gegen die Packers, die aber nicht überbewertet werden sollte.
Der Tweet:
Der Heimeffekt scheint dahin zu sein: Immer häufiger war in dieser Saison zu beobachten, dass zahlreiche Auswärtsfans mit ins Lumen Field reisten. Die Tickets kommen dabei wohl hauptsächlich von Dauerkarteninhabern aus Seattle. Ist der zwölfte Mann als Institution Geschichte? Und was hat das mit Russell Wilson zu tun?
Seahawks “12th Man” since Russell Wilson left pic.twitter.com/xKk5V5zvxg
— ☔️ (@klutchagent) December 16, 2024
Das Fazit:
Zur Standortbestimmung taugte das Spiel gegen die Packers gut: Die Seahawks sind noch nicht da, wo sie in Zukunft wieder sein wollen – in der Spitze der NFC. Dort befinden sich nämlich die Packers und die machten ihren Job in quasi allen Belangen des Spiels besser. Gegen die großen Teams reicht es aktuell für die Seahawks einfach noch nicht, das ist Schade, aber aufgrund des Umbruchs auch nicht ungewöhnlich.
Bitter: Durch die Niederlage und den gleichzeitigen Sieg der Rams mussten die Seahawks ihren Spitzenplatz in der NFC West wieder abgeben – die Rams haben nun eine Playoffwahrscheinlichkeit von 54%, während die Seahawks auf 35% sinken. Die entscheidenden Wochen sind jetzt – aber ganz entscheidend könnte tatsächlich das Spiel am 5. Januar im direkten Duell gegen die Rams werden.
Ausblick: In Week 16 empfangen die Seahawks am 22.12.2024 um 22.05 Uhr die Minnesota Vikings.