Elf Monate nach Super Bowl XLIX kehrten die Seahawks nach Arizona zurück, um ihr letzten Spiel in dieser Regular Season zu spielen. Die Partie hatte für beide Teams keine all zu große Bedeutung mehr. Beide Teams waren bereits für die Playoffs qualifiziert und konnten sich nicht ohne Schützenhilfe verbessern. So war es nicht verwunderlich, dass bereits vor dem Spiel darüber gesprochen wurde, ob wichtige Spieler der Teams geschont werden sollten. Sowohl Cardinals-Trainer Bruce Arians als auch Seahawks-Head Coach Pete Carroll hatten zu diesem Thema die gleiche Einstellung: Alle gesunden Starter beginnen das Spiel.
Carroll ließ seinen Worten Taten folgen und ließ alle Starter spielen. Auch ein Einsatz von Strong Safety Kam Chancellor war bis kurz vor dem Spiel möglich. Letztendlich wurde sein Comeback aber aus nachvollziehbaren Gründen auf nächste Woche verschoben. Ähnliches gilt auch für Left Tackle Russell Okung, Tight End Luke Willson und Right Guard J.R. Sweezy. Verletzungsbedingt war ihr Einsatz nicht möglich.
Offense
Auch ohne die besagten Spieler dominierten die Seahawks das Spiel und zeigten in jeder Phase mehr Willen zum Sieg als ihre Gegner. Nachdem die Offense gegen die St. Louis Rams einen schwarzen Tag hatte, fand sie Gestern zu ihrer Leistung aus den vergangenen Wochen zurück.
Im Fokus stand vor allem die Offensive Line, die sowohl auf LT Okung und RG Sweezy verletzungsbedingt verzichten musste. Okung verpasste sein 2. Spiel in Folge und wurde wieder von Bailey vertreten, der eine solide Leistung zeigte. Die große Unbekannte war Mark Glowinski. Glowinski, ein 4th Round Pick aus der letzten Draft (West Virginia), absolvierte seinen 1. NFL Start gegen eine der besseren Defensive-Lines der NFL. Die Befürchtung, dass er eine große Schwachstelle sein könnte, stellte sich spätestens zur Halbzeit als unbegründet heraus. Sowohl im Run- als auch im Pass-Blocking machte Glowinski eine gute Figur und wusste zu überzeugen.
Von der guten Leistung der gesamten Offensive Line profitiere vor allem Russell Wilson, der genug Zeit in der Pocket hatte um seine Receiver zu finden. Wilson führte die Offense in den ersten acht Drives jeweils in Scoring Position und stellte nebenbei zwei neue Franchise Records auf. Er ist nun nicht nur der Quartierback mit den meisten Touchdown-Pässen (34 Stück), sondern auch der erste Quarterback des Franchises, der in einer Season über 4.000 Passing-Yards erzielte.
Dass Wilson am Ende der Regular Season derartige Zahlen aufweisen kann, liegt insbesondere an drei Wide Receivern. Doug Baldwin, der mit 14 Receiving Touchdowns zusammen mit Brandon Marshall und Allen Robinson die NFL anführt, Jermaine Kearse und Tyler Lockett fingen auch Gestern wieder so ziemlich alles, was in ihre Richtung flog.
Aber auch das Laufspiel war wieder präsent. Christine Michael zeigte in einigen Runs seine Schnelligkeit und ließ erahnen, warum er vor ein paar Jahren ein 2nd Round Pick war. Am Ende erlief er zum ersten Mal in seiner Karriere über 100 Yards in einem Spiel.
Die Leistung der Offense lässt im Grunde keine Wünsche offen. Die Offensive-Line konnte sowohl im Pass- als auch im Run-Blocking ihre Duelle an der Line of Scrimmage gewinnen und somit den Grundstein für den Erfolg legen. Der Gameplan von Offensive Coordinator Darrell Bevell war hervorragend und wurde von allen Beteiligten gut umgesetzt. So wurden zum Beispiel auch Spieler sehr gut integriert, die erst seit kurzem in Seattle sind. Keiner von uns hätte wohl im September darauf gewettet, dass ein Tight End Chase Coffman, ein Fullback Will Tukuafu oder ein Running Back Bryce Brown wichtige Touchdowns für uns erzielen würden.
Defense
Auch auf Seiten der Defense ließ das Spiel gegen die Cardinals keine Wünsche offen. Der Pass-Rush, der gegen die Rams ebenfalls nicht vorhanden war, konnte von der ersten Minute an Druck auf Palmer erzeugen. Dies führte dazu, dass sein Timing gestört, Pässe an der Line of Scrimmage abgewehrt und er einige Male zu Boden gebracht wurde.
Davon profitierte natürlich die Secondary, die drei Interceptions von Palmer und Stanton, der die 2. Hälfte bestreiten durfte, erzielen konnte. Insbesondere Jeremy Lane konnte als Outside Cornerback und Nickelback überzeugen. Er fing nicht nur die Interception von Palmer, sondern überzeugte auch durch gute Coverage, in der er einige Pässe abwehren konnte. Nachdem die Secondary vor allem gegen die Playoff-Quarterbacks während der Regular Season teilweise nicht gut spielte, konnte sie gestern gegen eine der besten Passing Offense überzeugen. Dies sollte der Unit nochmals mehr Selbstvertrauen geben.
Letztendlich gab die Defense nur einen Touchdown gegen die Cardinals ab (der Extra Point wurde verschossen) und ließ in 16 Spielen 277 Punkte zu. Mit diesem Wert stellen die Seattle Seahawks zum vierten Mal in Folge die beste Scoring Defense (die Defense, welche die wenigsten Punkte abgegeben hat) der NFL. Diese Leistung kann nicht hoch genug bewertete werden. In Zeiten, in denen immer neue Scoring-Rekorde aufgestellt werden und die Offense immer mehr in den Fokus der NFL rückt, ließ das Team zum vierten Mal hintereinander die wenigsten Punkte in der Regular Season zu. Noch nie in der Super Bowl Ära der NFL hat ein Team diese Leistung zu Stande gebracht. Nur die Cleveland Browns haben im Zeitraum von 1953 bis 1957 gleich fünf Mal die beste Scoring Defense gestellt. Zur damaligen Zeit gab es allerdings noch keinen Superbowl.
Special Teams
Tyler Lockett konnte wieder mit seinen Punt Returns überzeugen und sicherte der Offense mehrmals eine gute Field Position. Mit 139 Return Yards stellte er ganz nebenbei auch eine neue Seahawks-Bestmarke auf. Zudem hat kein Rookie in der Franchise History mehr Yards (Punt-, Receiving- und Rushing Yards zusammengerechnet) in seinem ersten Jahr erzielt.
Steven Hauschka hatte keinen allzu guten Tag. Er verwandelte zwar drei von vier Field Goals, aber verschoss auch einen Extra Point. Eventuell liegt es am Stadion. In den letzten beiden Spielen in Arizona verschoss er nun vier Field Goals.
Lazarett
Cornerback Jeremy Lane verpasste die zweite Halbzeit des Spiels aufgrund einer Rippenverletzung. Wie schlimm die Verletzung ist, wird die kommende Woche zeigen. Weitere Verletzungen gibt es glücklicherweise nicht zu vermelden.
Fazit und Ausblick
Nach dem Spiel gegen die Rams zeigte das Team, dass es immer noch sehr gut in Form ist und konnte durch eine geschlossene Teamleistung einen Sieg im letzten Spiel der Regular Season einfahren, der vor allem für das nötige Selbstvertrauen in der Postseason sorgen wird. Wenn das Team und vor allem die Offensive- und Defensive-Line die gleiche Leistung in den Playoffs abrufen kann, kann der Weg nach Santa Clara zum Super Bowl 50 führen.
Dennoch sollte der Sieg auch nicht überbewertet werden. Gestern spielte man gegen ein Team, welches merklich nicht alles gegeben hat und nicht ganz bei der Sache war. Eine derartige Leistung und Einstellung wird man von den Minnesota Vikings nicht erleben. Auch die Tatsache, dass es bereits einen hohen Sieg gegen die Vikings gab, sollte ausgeblendet werden. Die Playoffs haben immer ihre eigenen Gesetze.
Go Hawks!