Seit zwei Wochen steht fest: Brian Schottenheimer ist der neue Offensive Coodinator der Seattle Seahawks und somit der Nachfolger des entlassenen Darrell Bevell. Der Name Schottenheimer ist für einen langjährigen NFL-Fan kein unbekannter. Bereits der Vater von Brian, Marty Schottenheimer, war in der US-Footballliga unter anderem als Head Coach der Cleveland Browns, Kansas City Chief und Washington Redskins tätig. Was ist von seinem Sohn zu erwarten?
Brain Schotteneimer verfügt bereits über mehre Jahre Erfahrung als Offensive Coordinator in der NFL. Von 2006 bis 2011 war er bei den New York Jets und von 2012 bis 2014 bei den St. Louis Rams (heute: Los Angeles Rams) in dieser Position tätig. 2015 zog es in aufs College-Niveau, wo er OC bei den Georgia Bulldogs wurde und dort zum Beispiel Nick Chubb und Sony Michel trainierte. Die zwei Running Backs haben sich nach dem verlorenen Endspiel um die nationale Meisterschaft zum NFL Draft 2018 angemeldet. Schottenheimers Aufenthalt bei den Bulldogs war nicht von langer Dauer. 2016 zog es ihn nach Indianapolis, wo er bei den Colts in den vergangenen beiden Spielzeiten der für die Quarterbacks zuständige Coach war.
Die Verpflichtung Schottenheimers löst bei kaum einem Seahawks-Fan Begeisterungsstürme aus. Der Grund: Die von dem 44-Jährigen trainierten Mannschaftsteile performten bislang eher durchschnittlich. In den neun Spielzeiten als Offensive Coordinator erreichten nur die New York Jets im Jahr 2009 einen Platz unter den zehn Teams mit den meisten Punkten pro Spiel. Besonders die drei Jahre in St. Louis waren alles andere als beeindruckend. Die beste Platzierung in diesen Zeitraum in Bezug auf Punkte pro Spiel: Rang 21.
Warum verpflichten die Seahawks einen Trainer, der nie so richtig überzeugen konnte? Eine Antwort darauf werden Head Coach Pete Carroll und General Manager John Schneider wohl nicht geben. Deshalb bleibt nur der detaillierte Blick auf Schottenheimer und die Rahmenbedingungen seiner Engagements in der Liga.
Da richtet sich der Blick zunächst Richtung Quarterback-Position: Russell Wilson ist mit Abstand der beste Spielmacher, den Schottenheimer als Offensive Coordinator je trainiert hat. 2009 hieß der Quarterback bei den Jets Mark Sanchez, bei den Rams musste Schottenheimer mit einem verletzungsanfälligen Sam Bradford, Kellen Clemens, Austin Davis und Shaun Hill arbeiten. Als Quarterback-Trainer bei den Colts verhalf er Andrew Luck nach Verletzungen 2016 zu seiner bis dato besten Saison in der NFL.
Das Argument, das am meisten für Schottenheimer spricht, heißt Philosophie. Diese passt nämlich durchaus zu der von Pete Carroll – und damit dürfte die Debatte um einen System-Wechsel in Seattle beendet sein. In seiner Zeit bei den Jets zeigte Schottenheimer, dass er in der Lage ist, ein effektives Laufspiel aufzubauen. 2009 belegten die Jets Platz eins bei erlaufenen Yards, 2010 Rang vier. 2009 war aber noch aus einem anderen Grund ein ungewöhnliches Jahr: Insgesamt liefen die Jets 607 Mal mit dem Ball. In den vergangenen 31 Jahren liefen nur die Pittsburgh Steelers im Jahr 2004 noch häufiger (618 Mal). Übrigens: die Jets erreichten 2009 und 2010 das AFC Championship Game.
Schottenheimers Offense basiert auf dem „Air Coryell“-System, das in den 1970ern und 1980ern seinen Ursprung hat. Es ist benannt nach Don Coryell, der die Spielidee als Head Coach der San Diego Chargers einführte und von 1978 bis 1983 die Liga in Yards durch die Luft anführte. Das System basiert auf Power-Laufspiel und vertikalem Passspiel. Die Defense soll dadurch gezwungen werden, das gesamte Spielfeld zu verteidigen.
Allerdings sollte diese sehr grobe Beschreibung nicht allzu wörtlich genommen werden, mit den Jahren haben sich viele Systeme weiterentwickelt. Dennoch stellt sich die Frage, wie das derzeitige Personal der Seahawks damit zurechtkommen wird, vor allem mit Blick auf die Offensive Line. Denn die war in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf das Zone Blocking und nicht auf das Power-Run Blocking ausgerichtet.
2018 wird Brian Schottenheimer in Seattle von Quarterbacks Coach Carl Smith und Offensive Line Coach Mike Solari unterstützt. Bei Smith schien zuletzt fraglich, ob er in dieser Position bleiben würde, endgültig wird sich das wohl erst nach dem Super Bowl klären, da noch einige Namen im Raum stehen, die erst nach Ende der Saison diskutiert werden können. Wie Schottenheimer neu bei den Seahawks ist Mike Solari. Der Nachfolger des entlassenen Tom Cable steht vor seiner 30. NFL-Spielzeit als Trainer.