Von 2012 bis 2016 erreichten die Seattle Seahawks jedes Jahr die Playoffs, zweimal stand das Team im Super Bowl, einmal gewann es die Vince Lombardi Trophy. Nur die Green Bay Packers und die New England Patriots können im gleichen Zeitraum ähnliche oder noch bessere Serien vorweisen. So war es keine Überraschung, dass vor der Saison 2017 der Gewinn der NFC West und das damit verbundene Erreichen der Playoffs definiertes Ziel waren. Dieses Vorgaben hat das Team von Head Coach Pete Carroll nicht erfüllt. Mit einem Record von 9-7 verpassen die Seahawks sowohl den Sieg in der Division als auch einen Wild Card-Platz. Die längste Serie an Postseason-Teilnahmen in der Franchise-Geschichte ist vorbei.
Im mehrteiligen Saisonrückblick nennt die Redaktion die Gründe des Scheiterns, richtet aber auch schon den Blick auf die Offseason. Denn es könnte viel passieren. Von kleinen Modifikationen bis hin zum großen Umbruch in Kader und/oder Trainerstab ist alles denkbar. Teil drei der Serie beschäftigt sich mit den Rookies, die 2017 für die Seattle Seahawks aufliefen.
Elf Spieler wählten die Seahawks im NFL Draft 2017 aus, um ihren Kader zu verstärken. Wie haben sie in ihrer ersten Profisaison abgeschnitten?
Runde 2 | Pick #35: Malik McDowell (DT, Michigan State)
Von Malik McDowell war im ersten Jahr leider nichts zu sehen, da er sich bereits im Juli, also noch vor Beginn des Training Camps, bei einem selbst verschuldeten Unfall mit einem Geländefahrzeug schwer am Kopf verletzte. Sein Status ist bis heute noch nicht vollständig geklärt – und so ist es weiterhin fraglich, ob und wann der D-Liner überhaupt wieder Football spielen wird. Während der Saison wurde es ruhig um McDowell. Schlagzeilen machte er nur durch einen Streit in einem Nachtclub, in dessen Folge er kurzzeitig in Gewahrsam genommen wurde. Die Frage nach seinem Leistungsniveau stellt sich derzeit nicht. Für das Front Office ist das Risiko – General Manager John Schneider hatte McDowell schon am Telefon nach Bekanntgabe des Picks ermahnt, sich auf seine sportliche Karriere zu konzentrieren und diszipliniert zu arbeiten – nicht aufgegangen.
Runde 2 | Pick #58: Ethan Pocic (OL, LSU)
Ethan Pocic, das neue Schweizer Taschenmesser der O-Line, absolvierte in seinem ersten NFL-Jahr insgesamt elf Spiele. Mit seiner Performance können die Seahawks im Grunde zufrieden. sein. Natürlich machte er Rookie-Fehler doch zeigte insgesamt gute Ansätze in der Pass Protection. Probleme hatte Pocic vor allem gegen kräftige Gegenspieler. In der Offseason wird er von vielen Einheiten im Kraftraum profitieren. Die Verletzung, die sich Pocic im letzten Saisonspiel 2017 zuzog, ist nicht so schlimm wie zunächst angenommen (er kehrte danach nicht zurück aufs Spielfeld). Eine Operation ist nicht nötig, das bedeutet grünes Licht für eine vielversprechende Offseason.
Runde 3 | Pick #90: Shaquill Griffin (CB, UCF)
Ohne Zweifel ist Shaq Griffin der Rookie des Jahres bei den Seahawks. Von Week 1 an startete er als Cornerback – und er machte einen guten Job. Vor allem zu Beginn der Runde wurde er erwartungsgemäß häufig von den gegnerischen Quarterbacks getestet (85 Targets). Ab und zu bezahlte Griffin dann noch Lehrgeld (zum Beispiel gegen die Washington Redskins), doch das Potenzial, das in ihm steckt, blitzte deutlich häufiger auf. Die Coaches haben hier einen dauerhaften Starter gefunden. Die Frage ist nur, wer 2018 neben ihm auflaufen wird.
Runde 3 | Pick #95: Delano Hill (S, Michigan)
Delano Hills Rolle beschränkte sich in seinem ersten Jahr auf die Special Teams. In der Defense war der Rookie in der abgelaufenen Saison nicht oft zu sehen (32 Snaps), doch das ist keine Überraschung. Mit Kam Chancellor und Bradley McDougald waren die Seahawks auf der Position des Strong Safetys tief besetzt. Es ist davon auszugehen, dass Hill von einem möglichen Karriereende oder der Entlassung Kam Chancellors profitieren würde. Zudem wird auch McDougald Free Agent.
Runde 3 | Pick #102: Nazair Jones (DT, North Carolina)
Naz Jones ist neben Griffin und Chris Carson der dritte Rookie, der durchaus positiv überraschte und sofort Akzente setzte. Bis zu seiner Verletzung im Training zwischen Week 12 und Week 13 war er ein wichtiger Spieler in der D-Line-Rotation. Gemeinsam mit Jarran Reed könnte Jones die Zukunft auf Defensive Tackle sein.
Runde 3 | Pick 106: Amara Darboh (WR, Michigan)
Amara Darboh ist nicht der erste Rookie-Wide Receiver bei den Seahawks, der in seinem ersten Jahr Probleme hatte. Seine Stats: Acht Fänge für 71 Yards. Auch wenn Fans natürlich bereits im 2017 gerne mehr von ihm gesehen hätten, sollte ihm die nötige Entwicklungszeit eingeräumt werden. Auch ein Golden Tate glänzte in seiner ersten NFL-Spielzeit nicht direkt auf All-Pro-Niveau (21 Receptions für 227 Yards).
Runde 4 | Pick #111: Tedric Thompson (S, Colorado)
Ähnlich wie bei Hill war auch bei Tedric Thompson bereits vor der Saison klar, dass er nicht sehr viele Snaps mit der Defense absolvieren und 2017 ein reines Lehrjahr für ihn werden würde. Letztendlich stand er mit der Verteidigung für acht Snaps auf dem Feld und mit den Special Teams für 104.
Runde 6 | Pick #187: Michael Tyson (S, Cincinnati)
Mike Tyson überstand trotz Boxer-Name das Training Camp nicht und landete nach den Roster Cuts in der Practice Squad. Im Laufe der Saison wurde er dann in den aktiven Kader geholt, erhielt aber keine Einsatzzeit. Vermutlich wird er in der Offseason wieder um einen Kaderplatz kämpfen dürfen.
Runde 6 | Pick #210: Justin Senior (OT, Mississippi State)
Aufgrund von Verletzungen nahm O-Liner Justin Senior bereits in der Offseason kaum an Trainingseinheiten teil und wurde frühzeitig auf die Injured Reserve-Liste gesetzt. Ob seine Karriere noch richtig in Fahrt kommt, bleibt abzuwarten.
Runde 7 | Pick #226: David Moore (WR, East Central)
David Moore überstand zu Beginn der Saison wie Tyson die Roster Cuts nicht und landete ebenfalls in der Practice Squad. Während der Runde wurde er dann exakt wie Tyson in den aktiven Kader geholt, blieb aber ohne nennenswerten Einsatz. Angeblich waren andere NFL-Teams so sehr an Moore interessiert, dass die Seahawks entschieden, ihn zu aktivieren, um seinen Weggang zu verhindern. Das deutet darauf hin, dass die Trainer in Moore noch großes Potenzial erkennen.
Runde 7 | Pick #249: Chris Carson (RB, Oklahoma State)
Chris Carson war die positive Überraschung auf Seiten der Offense, doch die währte leider nicht lange. Ohne Übertreibung: Er war der beste Running Back, den die Seahawks 2017 im Kader hatten. Doch das heißt leider auch, dass er mit 208 Yards aus lediglich vier Spielen am Ende der Spielzeit immer noch der drittbeste Läufer im Team hinter Quarterback Russell Wilson war. Sein Durchschnitt von 4,2 Yards pro Lauf übertraft den vom zweitbesten Läufer im Team, Mike Davis (6 Spiele, 240 Yards, 3,5 Yards pro Carry)
Carsons Saison endete frühzeitig, weil er sich bei Monday Night Football gegen die Indianapolis Colts das Bein brach. Die Seahawks hatten zwischenzeitlich die Hoffnung, dass er zum Ende der Saison hin wieder fit werden würde, doch ein Rückschlag im Heilungsprozess machte das zunichte. Inzwischen ist Carson wieder fit, er wird höchstwahrscheinlich alle Offseason-Einheiten bestreiten können und rechtzeitig zur neuen Spielzeit bei 100 Prozent sein. Trotz der positiven ersten Eindrücke, es gilt, verhalten zu bleiben. Jeder erinnert sich: Thomas Rawls zog sich nach einigen sensationellen Spielen in seiner ersten Saison ebenfalls eine schwere Fußverletzung zu, von der er sich leider bis heute nicht wirklich erholt hat.Von ähnlichen Leistungen war er 2017 weit entfernt.
Im vierten Teil des Saisonrückblicks taucht die Redaktion am Wochenende ein in die Welt der Statistiken und sucht die heraus, die die Saison der Seattle Seahawks in am besten beschreiben. Teil eins der Serie ordnete die Bilanz der Spielzeit 2017 ein und beschäftigt sich mit dem Spieler, der das Team am Leben hielt, Teil zwei analysierte die vielen Schwachstellen.