Sobald die Saison in der NFL für ein Team zu Ende ist, geht alles recht schnell. Bereits am Tag nach der Niederlage bei den Dallas Cowboys kamen die Spieler der Seattle Seahawks wieder im Virginia Mason Athletic Center zusammen, aber nicht, um erneut miteinander zu trainieren, sondern um ihre Spinde in der Umkleidekabine auszuräumen – und sich voneinander zu verabschieden. Es ist höchst wahrscheinlich, dass sie in dieser exakten Konstellation nie wieder zusammenkommen werden. Deshalb nutzen viele der Profis die Möglichkeit, ihre Teamkollegen einen Helm oder ein Trikot signieren zu lassen, bevor sie in alle Richtungen der USA davonfliegen oder im Ausland Urlaub machen. Dann beginnt die Offseason und mit ihr die Spekulationen über Spieler, deren Verträge auslaufen.
Bei den Seahawks sind 14 Spieler sogenannte Unrestricted Free Agents. Ihre Verträge enden mit Beginn des neuen Liga-Jahres am 13. März 2019. Sie können Vertragsverhandlungen mit anderen Teams führen und wenn sie dort unterschreiben, hat das bisherige Team keine Möglichkeit sie zu halten. Die Alternative wäre, dass sie bereits vor der Free Agency ihren Vertrag verlängern.
- DE Frank Clark
- LB K.J. Wright
- FS Earl Thomas
- CB Justin Coleman
- DT Shamar Stephen
- DE Dion Jordan
- K Sebastian Janikowski
- G D.J. Fluker
- G J.R. Sweezy
- RB Mike Davis
- CB Neiko Thorpe
- LB Mychal Kendricks
- S Maurice Alexander
- QB Brett Hundley
Nimmt man Earl Thomas aus, sind immer noch sechs Starter der Offensive und Defensive und der Kicker nach der Saison nicht mehr in Seattle unter Vertrag. Over The Cap sagt den Seahawks rund 63 Millionen US-Dollar Cap Space voraus. Hinter den San Francisco 49ers und den Arizona Cardinals ist das am drittmeisten verfügbares Geld. Entlässt das Team Safety Kam Chancellor, der seine Karriere gesundheitsbedingt bereits beendet hat, würden nochmals 8 Millionen frei. Dieses Budget wird Seattle brauchen, um seine namhaften Free Agents halten zu können.
Oberste Priorität wird dabei Defensive End Frank Clark haben, der in der abgelaufenen Saison 14 Sacks sammelte. Sollte es nicht zu einer Einigung zwischen Team und Spieler kommen, ist der Franchise Tag (kann zwischen 19. Februar und 5. März eingesetzt werden) wahrscheinlich, der die Seahawks für die Saison 2019 knapp über 17 Millionen US-Dollar kosten würde. Im selben Bereich dürfte sich aber auch ein regulärer Vier- oder Fünfjahresvertrag für Clark bewegen und ihn damit zu einem der Bestverdiener unter den D-Linern der NFL machen. Cheftrainer Pete Carroll war in der Saisonabschluss-Pressekonferenz zuversichtlich, dass sich beide Parteien einig werden.
Weitere schwierige Entscheidungen: Will Seattle seine so gut zusammengewachsene O-Line beieinander behalten oder die Guards D.J. Fluker und J.R. Sweezy ziehen lassen. Beide waren enorm wichtig für das Laufspiel der Seahawks und den Schutz Russell Wilsons in dieser Saison und passen hervorragend ins System. General Manager John Schneider war in der Vergangenheit nicht gerade dafür bekannt, O-Liner mit Anschlussverträgen auszustatten. Doch kann er sich es erlauben, die Angriffslinie nach einem endlich stabileren Jahr direkt wieder dem NFL-Marktplatz zu überlassen? Fluker und Sweezy werden beide nach mehr Ausschau halten als einem Einjahresvertrag. Ob das bei zwei recht verletzungsanfälligen Spielern – Fluker absolvierte 2018 nur zehn Spiele – sinnvoll ist, muss Schneider nun gemeinsam mit O-Line-Trainer Mike Solari entscheiden.
Dass Linebacker K.J. Wright nach Seattle gehört, das wissen alle Verantwortlichen. Nicht erst seit dem vergangenen Wochenende. Menschlich würde er noch viel mehr fehlen als als Spieler. Doch im Alter von 29 Jahren und nach einer Knieverletzung, die ihn mehr als zwei Drittel der Saison kostete, stehen hinter dem dritten Vertrag für Wright durchaus Fragezeichen. Zumal in Mychal Kendricks eine minimal jüngere, gesündere ebenfalls talentierte, aber auch nicht ganz unumstrittene Alternative in greifbarer Nähe wäre. Viel hängt bei dieser Entscheidung davon ab, wie Kendricks Gerichtsverhandlung wegen Insiderhandels am 24. Januar verläuft. Gespräche zwischen Wright und dem Team gab es offenbar noch keine. Die Seahawks zeigten zuletzt, dass sie nicht mehr davor zurückschrecken, alternde Spieler gehen zu lassen. Möglicherweise läuft es wie bei Wide Receiver Jermaine Kearse vor einigen Jahren, als dieser die Free Agency austestete und Seattle ihm als Reaktion auf andere Angebote eine eigene Offerte unterbreitete, die er nicht ablehnte.
Running Back Mike Davis war 2018 Seattles bestbezahlter Läufer (1,35 Millionen US-Dollar). Ob er noch einmal wiederkommen wird, hängt davon ab, ob sich die Seahawks nach billigeren und jüngeren Optionen umsehen wollen und außerdem nochmals auf den verletzungsanfälligen C.J. Prosise setzen, der in sein letztes Vertragsjahr geht.
In der Verteidigungslinie müssen zwei weitere Namen diskutiert werden: Dion Jordan und Shamar Stephen. Während Defensive End Jordan immer wieder Potenzial aufblitzen lässt, aber andauernd verletzt ist, spielte Defensive Tackle Stephen eine solide Rolle und könnte mit 28 gerade noch so als Langzeitoption in Frage kommen. Cornerback Neiko Thorpe und Safety Maurice Alexander sahen wenig bis keine Spielzeit außerhalb der Special Teams. Beide könnten ihr letztes Spiel für Seattle absolviert haben, sollten sich die Seahawks nach jüngeren Alternativen umsehen.
Cornerback Justin Coleman war als Nickelback Starter bei den Seahawks und hielt sich als solcher solide. Er könnte den Markt testen wollen, da er bereits vor der vergangenen Saison als Restricted Free Agent nach Seattle zurückgekehrt war. Quarterback Brett Hundley kam unter der Saison per Trade in den Pacific Northwest. Für ihn gaben die Seahawks einen Sechstrundenpick ab, gespielt hat er aber dann glücklicherweise keinen einzigen Snap. Er kennt inzwischen das System recht gut, ist auch erst 25 Jahre alt und passt zum Team, deshalb dürfte er in den Plänen der Verantwortlichen als Backup eine Rolle spielen.
Keine Rolle mehr spielen wird wohl aber Kicker Sebastian Janikowski. Beim 40-Jährigen hatte man 2018 immer wieder die Besorgnis, dass er sich schon auf dem Weg zum Kicken verletzen könnte. Er verletzte sich dann in den Playoffs beim Versuch, einen Ball aus 58 Yards durch die Stangen zu jagen. Die Seahawks sollten sich nach einem jüngeren Kicker umsehen. Außer der 46 Jahre junge Adam Vinatieri wird urplötzlich und überraschend verfügbar.
Und dann ist da ja noch Free Safety Earl Thomas, der fast Vergessene. Aller Voraussicht nach wird er in der Free Agency nach einem neuen Team suchen. Pete Carroll sagte gegenüber Medienvertretern zwar, auch das sei eine Personalie, über die man nachdenken müsse, doch das war wohl eher eine Floskel, um nicht wenige Tage nach dem Playoff-Aus direkt den Thomas-Abschied zu verkünden.
Neben den Unrestricted Free Agents gibt es weitere Free-Agent-Kategorien. Ein Restricted Free Agent (RFA) kann von seinem Team mit einem sogenannten Tender belegt werden. Das heißt, die Seahawks haben bei all ihren RFAs das Vorrecht auf einen Deal. Es gibt drei Arten Tender: einen First-Round Tender, einen Second-Round Tender oder einen Tender in der Höhe des Draft Picks, mit dem der Spieler ausgewählt wurde.
Falls ein RFA sich mit einem neuen Team auf einen Vertrag einigt, hat das bisherige Team die Chance, mit diesem Angebot gleichzuziehen. Zieht das bisherige Team gleich, muss der Spieler beim bisherigen Team bleiben. Zieht das bisherige Team nicht gleich, erhält es stattdessen einen Draft Pick vom neuen Team des Spielers. Die Höhe des Draft Picks richtet sich nach der Tender-Kategorie.
- DE Quinton Jefferson
- DE Branden Jackson
- CB Akeem King
- T George Fant
- FB Tre Madden
- DE Ricky Ali’fua
- RB/WR J.D. McKissic
- C Joey Hunt
- CB Kalan Reed
Die Kategorie Exclusive Rights Free Agent (ERFA) ist die niedrigste. Spieler dieser Kategorie können nur wechseln, wenn ihr bisheriges Team sie nicht mehr haben möchte. Bietet das Team ihnen einen Einjahresvertrag zu den günstigsten Konditionen an, müssen sie diesen annehmen.
- WR David Moore
- LB Austin Calitro
- LB Emmanuel Ellerbe
- G Jordan Simmons
- S Shalom Luani
- S T.J. Green
- S T.J. Mutcherson
- T Elijah Nkansah
- LS Tyler Ott