Vorwort
American Football ist Kopfsache. Das heißt es oft, wenn die Sportart beschrieben wird. Dann fallen die Vergleiche. Schach auf Rasen. Trainer, die wie Kriegsstrategen ihre Spielfiguren in der Schlacht lenken – immer bedacht darauf, im Kopf einen Schritt weiter zu sein als der Gegner. Spieler, die aus dem Gedächtnis einen von hunderten Spielzügen abrufen und mechanisch das ausführen, was ihnen aufs Ohr gesagt wird. Ja, American Football ist Rasenschach. Doch wenn es ausschließlich und allein als solches vermarktet würde, würde vermutlich niemand in diesem Moment auf dieser Website diese dem Rasenschach so fernen Zeilen lesen, weil es diese Plattform nicht gäbe.
Seit einigen Jahren wächst das Interesse an der Sportart in Deutschland spürbar. Die Nische ist größer geworden. Private, kostenlos empfangbare TV-Sender, Webportale, Zeitungen, Social-Media-Kanäle und Magazine haben darin ihren Platz gefunden. Fan-Podcasts und -Sendungen sind entstanden. Vereine, wie die German Sea Hawkers e.V. einer sind, haben sich gebildet. Weil die Premium-Liga NFL gemeinsam mit einigen Medienhäusern ein Produkt nach Deutschland gebracht hat, das Unterhaltung in extrem hoher Qualität bietet. Körperliche Höchstleistungen in Hochglanz und Zeitlupe aufbereitet, aus fantastischen Perspektiven, mit Highlight-Garantie. Ein Hype, dem auch wir – viele Mitglieder schon seit Jahrzehnten – verfallen sind.
Für Rasenschach bleibt ein kleiner Zweig der Nische. Taktik, Scouting, Analysen werden dort bedient, sie werden aber wohl nie mit puren Highlight-Zusammenschnitten mithalten können. Denn je komplexer es wird, desto kleiner das Publikum.
Komplexität kann man den Gefahren der Sportart American Football wiederum nicht vorwerfen. Trotzdem scheinen die zweifelsfrei existenten Risiken, denen die Sportler sich – für den eigenen Lebensunterhalt, aber auch zu unserem Vergnügen – aussetzen, im Hype unterzugehen. Weil diese Realität unbequem ist. Auch wir sind in erster Linie Fans, weil wir von American Football und speziell den Seattle Seahawks fasziniert sind und uns davon unterhalten lassen wollen.
Gerade deshalb aber wollen wir in diesem Projekt unter dem Titel „Kopfsache“ für einen bewussten Konsum und aufgeklärten Umgang mit unserer Lieblingssportart werben – und die negativen Aspekte, die zweifelsohne ein Teil von American Football sind, nicht verdrängen.
Nicht erst seit dem Kinofilm „Concussion“ (deutscher Titel: „Erschütternde Wahrheit“) mit Will Smith sind neurologische Schäden, die durch Kollisionen auf dem Spielfeld hervorgerufen werden können, ein Thema im American Football. Gehirnerschütterungen, Kopfstöße und daraus möglicherweise resultierende Spätfolgen (Stichwort CTE) sind neben der zu komplexen Taktiktafel die größte Existenzbedrohung einer Sportart, die Fans durch übermenschliche Athletik und rauschendes Spektakel in ihren Bann zieht.
Wir von den German Sea Hawkers e.V. wollen uns mit diesem Thema beschäftigen – in einer Form, wie es sie in Deutschland bislang noch nicht gab. In diesem Sammelsurium aus Geschichten, Filmen, Bildern, Zitaten und Links nähern wir uns einem Aspekt des American Football, der auf die Spieler wartet, sobald sie aus dem Scheinwerferlicht ins Dunkel der Stadionkatakomben schreiten. Sobald sie nicht mehr jubelnd in der Endzone stehen, sondern mit gebückter Haltung auf der Ladefläche eines Golfkarts das Spielfeld verlassen müssen.
Viele Aspekte, die in diesem Projekt auftauchen, haben einen Bezug zu den Seattle Seahawks, einige auch zu American Football in Deutschland. Denn unser Interesse für das, was unsere Lieblingsspieler Sonntag für Sonntag auf dem Spielfeld einbringen, sollte nicht an dem Bildschirm aufhören, über den wir das Spiel in unserem Wohnzimmer empfangen. Dieses Interesse sollte uns anregen, über Konsequenzen nachzudenken, Vorfälle einzuordnen und verantwortungsbewusst zu konsumieren.
Denn American Football ist Kopfsache.