Auch in diesem Jahr haben die vier großen deutschen Fangruppierungen der Arizona Cardinals, Los Angeles Rams, San Francisco 49ers und Seattle Seahawks für eine gemeinsame Saisonvorschau die Rivalität beiseite gelassen und gemeinsam die wichtigsten Fragen zu ihren Lieblingsteams aus der NFC West beantwortet. Das Ergebnis lest Ihr aufgeteilt in zwei Blöcke auf unseren Plattformen. Und keine Sorge, zu den NFC-West-Duellen haben wir dann sicher wieder den ein oder anderen Spruch auf Lager. Fair in der Sache und frech in der Formulierung. In diesem Sinne: Möge auch 2018 das beste Team gewinnen.
Für die German Birdgang im Einsatz: Dominik Hoch. Bei den Los Angeles Rams Germany an der Tastatur: die Redaktion. Im Namen des Niner Empire Germany unterweges: Lars Riedenklau.
Block 2:
3) Wie schätzt Ihr die NFC West und ihre Teams ein – im Vergleich untereinander und mit den anderen Divisions?
Wie schnell es in der NFL gehen kann beweist die NFC West. In nur einer Saison haben sich Ausgangslage und Stärkeverhältnisse stark verschoben. Die Los Angeles Rams, die lange Zeit unten durch mussten, gehen mit ihrem genialen Head Coach Sean McVay als NFC West Champions in die Saison und sind klarer Favorit auf die Titelverteidigung. Aber die Ziele der LA Rams liegen höher. Sie streben den Gewinn der Lombardi Trophy an und werden zurecht als ernsthafte Kandidaten auf den Super Bowl Sieg angesehen.
Kampflos geschlagen wird sich die Konkurrenz aber nicht geben. Die Seattle Seahawks besitzen trotz einigen Abgängen in der Defensive immer noch eine schlagkräftige Truppe. In Relation zu den Jahren mit der «Legion of Boom» ist die Defense wohl schwächer, aber hätte es diese nie gegeben und nüchtern betrachtet, ist die Abwehr auch so noch als gut einzuschätzen. Und auf der anderen Seite des Balles, hinter einer verbesserten O-Line, leitet mit Russell Wilson weiterhin einer der besten Quarterbacks die Geschicke.
Auch die aufstrebenden San Francisco 49ers wollen in der Division wieder ein gewichtiges Wort mitreden. Head Coach Kyle Shanahan und Quarterback Jimmy Garappolo schafften letzte Saison allem Anschein nach den Turnaround und alle Pfeile zeigen nach oben. Die (offensiven) Leistungen zum Ende der Vorsaison gilt es aber zuerst noch zu bestätigen, auch wenn man aufgrund Kyle Shanahan’s Werdegang und der erstaunlich abgeklärten Leistungen Garoppolo’s davon ausgehen kann, dass die Offensive zu ihren Punkten kommen wird.
Grössere Fragezeichen findet man bei den Spielern, die Punkte verhindern sollen. Gut möglich, dass dies die 49ers zurückhält und sie noch eine Saison davon entfernt sind als ernsthafter «Contender» aufzutreten.
Wo die Arizona Cardinals diese Saison in der Division einzuordnen sind, lässt sich nur schwierig vorhersagen. Das Kader, insbesondere die Defense, ist definitiv nicht so schlecht, wie es von vielen Experten und den Bookies in Las Vegas angesehen wird. Mit Gabbert/Stanton, ohne David Johnson, ohne 3 von 5 O-Line Startern und ohne 12.5 Sacks DE Markus Golden, erreichte man eine Bilanz von 8-8. Das Duo Bradford/Rosen stellt ein Upgrade dar und die anderen Spieler sind zurück oder mindestens gleichwertig ersetzt.
Trotzdem gibt es in erster Linie aufgrund aller Trainerwechsel und der mangelnden Tiefe im Kader berechtigte Zweifel an der aktuellen Konkurrenzfähigkeit des Teams aus der Wüste.
Die NFC West ist dieses Jahr mehr denn je eine Wundertüte. Nach dem Verlust von McKinnon darf man gespannt sein, was die anderen Running Backs bei den 49ers bringen. Ein gutes Team haben sie allemal um weit zu kommen. Die Seahawks hängen wieder von Wilson ab, spielt er eine überragende Saison können auch sie die Playoffs erreichen. Hier wird es spannend werden wie gut sich vor allem die neuen, jungen Spieler schlagen. Die Cardinals sind in meinen Augen nicht so schwach wie viele es vorhersagen. Dort kommt es darauf an, ob Johnson und Bradford gesund bleiben können. Auch den neuen Coaching Staff darf man nicht vergessen, dieser kann bessere Auswirkungen auf ein Team haben als man denkt…
Die NFC West gehört diese Saison dennoch nicht unbedingt zu den Top-Divisions der NFL. Das sind eher die NFC South mit drei absoluten Top-Teams und die NFC North wo die Bears oder Lions bestimmt für eine Überraschung sorgen können um mit den Vikings und Packers um die Playoffs zu kämpfen.
Insgesamt schätze ich die NFC deutlich stärker ein, als die AFC. In der gut besetzten NFC würde ich die NFC West jedoch als eine der schwächeren Divisons einschätzen. Mit den Los Angeles Rams hatte man im letzten Jahr nur einen Play-Off Teilnehmer zu bieten, der zudem bereits nach der Wildcard Runde die Segel streichen musste. Obwohl sich die Rams verstärkt haben, und den Division-Sieg einfahren sollten, hat die Division zumindest nicht an Qualität gewonnen, da vor allem die Cardinals und Seahawks viele gestandene Spieler verloren haben. Die 49ers und Cardinals haben zwar viele gute junge Talente in den eigenen Reihen, ob es für die Play-Offs reicht, ist jedoch unklar und realistisch gesehen eher unwahrscheinlich. Ähnliches gilt für die Seahawks, die zwar ebenfalls viel Qualität verloren haben, aber junge Talente verpflichtet haben, die nicht zu unterschätzen sind. Die NFC South und NFC North sind noch meiner Meinung nach deutlich vor der NFC West anzusiedeln, die momentan eher auf einem Niveau mit der NFC East anzusiedeln ist. Die Rams werden die Division nach Hause holen, dahinter ist jedoch alles offen. Ich wünsche mir natürlich Rang zwei für die 49ers, aber auch die Seahawks und Cardinals werden hier ein Wörtchen mitreden wollen.
In der NFC West setzen die Los Angeles Rams alles auf eine Karte, sie sind im Jetzt-gewinnen-Modus und müssen mit diesem Kader zwingend die Playoffs erreichen – und dort meiner Meinung nach auch weit kommen. Dahinter würde ich mit etwas Abstand drei Teams in unklarer Reihenfolge sehen. Natürlich sahen die San Francisco 49ers mit Jimmy Garoppolo Ende 2017 fantastisch aus, aber da konnten sie frei aufspielen. Der neuen Erwartungshaltung in der Bucht sollen sie erstmal standhalten jetzt. Arizona ist wohl solange Favorit auf den letzten Platz, bis sich ein Quarterback als legitimer Starter herauskristallisiert und den ansonsten aufgeschmissenen Star David Johnson unterstützt.
In der NFC dürfte sich der Westen hinter dem starken Norden mit Vikings und Packers und dem soliden Süden mit Falcons, Saints und Panthers neben dem bis auf die Eagles schwächelnden Osten einreihen. Insgesamt macht die NFC den stärkeren Eindruck als die AFC, wo wohl nur New England, Jacksonville, Pittsburgh und eventuell noch Houston wie Titelanwärter wirken.
4) Ab welchem Moment ist die Saison 2018 für Euer Team eine erfolgreiche?
Natürlich wäre es schön, wenn man möglichst lange um die Playoffs mitspielen kann, aber in dieser «Übergangssaison» ist der Record am Saisonende nicht so wichtig. Vielmehr geht es darum, dass die neuen Coaches beweisen, dass sie diese Positionen zurecht innehaben. Dass die neuen Systeme in der Offensive, sowie in der Defensive funktionieren und von den Spielern umgesetzt werden können. Dass aufgrund Sam Bradford’s Vergangenheit Josh Rosen früher oder später zum Einsatz kommt und beweist, dass er der ersehnte Quarterback der Zukunft sein kann. Kann man nach dieser Saison, ähnlich wie es nun bei den San Francisco 49ers diese Saison der Fall ist, mit Josh Rosen als Franchise QB, positiver Grundstimmung und allgemeiner Tendenz nach oben, auf die nächste Saison blicken, ist 2019 als Erfolg zu werten.
NFC Championship Game. Letztes Jahr ist man in der Wildcard Round rausgeflogen, mit den neuen Additionen muss man zwei Spiele weiterkommen!
Die Erwartungshaltung im Umfeld der 49ers ist riesig, diese gilt es jedoch vor allem in Anbetracht des recht schwierigen Spielplans zu dämpfen. Bereits eine Niederlage in Woche eins bei Vikings könnte die Kritiker auf den Plan rufen, sollte dann in Woche zwei kein Sieg gegen Detroit folgen, könnte es unangenehm werden für Garoppolo und die 49ers. Denn obwohl der Spielplan ab Woche neun deutlich einfacher scheint, könnte ein Fehlstart für ein Stimmungstief an der Bay sorgen. Dieses gilt es, auch wenn man den Start vergeigen sollte, zu vermeiden. Denn das Potential, welches das Team zweifellos besitzt, muss ausgeschöpft werden, dann könnte es für eine Winning-Season genügen, die in dieser Saison auch als realistisches Ziel angesehen werden darf, zumal man das letzte Jahr mit sechs Siegen beendete. Eine Play-Off Teilnahme wäre ein Bonus, den man natürlich gerne mitnimmt.
Ich möchte das nicht von einem Record abhängig machen. Zwei Dinge müssen passieren: Die O-Line muss sich verbessert zeigen und damit der Trainerwechsel auf dieser Position gerechtfertigen. (Das schafft sie, denn Tom Cable ist kaum zu unterbieten.) Und das Laufspiel muss wiederbelebt werden. (Das klappt, wenn Chris Carson und Rashaad Penny gesund bleiben und sich die Arbeit schön fair aufteilen.) Und jetzt lehne ich mich aus dem Fenster: Gelingt beides, können die Seahawks als zweites Team in der Division in die Playoffs rutschen. Dabei ist aber vorausgesetzt, dass die Secondary – ohne oder irgendwann auch wieder mit dem aktuell streikenden Earl Thomas – nicht komplett untergeht. Die ist nämlich 2018 die größte Schwäche der Seahawks.
5) In welchen Bereichen wird euer Team unter- oder überschätzt?
Die Offensive Line ist nicht gut aber auch nicht, wie es der allgemeine Tenor vermuten lässt, eine der absolut schlechtesten der Liga. Besonders in den vergangenen beiden Jahren führten vor allem Verletzungen dazu, dass eine von Backups dominierte und kaum je eine eingespielte Formation auf dem Feld stand. Auch das auf langen, vertikalen Routen basierende Spielsystem des ehemaligen Head Coaches Bruce Arians war einer gefestigten O-Line alles andere als zuträglich. Dies wird unter dem neuen OC Mike McCoy definitiv anders sein. Von den Cardinals wird man viele kurze, sich schnell entwickelnde, horizontale Routen zu sehen bekommen. Entsprechend kürzer muss die O-Line ihre Blocks halten können. Die Offensive Line der Arizona Cardinals wird trotzdem keinesfalls eine Stärke des Teams sein. Sie wird aber besser auftreten als in den vergangenen Jahren.
Ich denke die Defense wird unterschätzt. Bis auf die Linebacker ist man überall exzellent besetzt und die jungen, hungrigen Spieler auf dieser Position werden unter dem Mentor Mark Barron im Laufe der Saison sich immer besser ins Team fügen. Meiner Meinung nach wird die Defense neben den Jaguars, Vikings und Texans zu den Besten der Liga gehören.
Nachdem der Fokus nach der Verpflichtung von Garoppolo nur auf der Offense lag, gerieten die ordentlichen Vorstellungen der 49ers Defense in Vergessenheit. Allen voran das Defensive Backfield um die Shooting Stars Jaquiski Tartt und Adrian Colbert zeigte sehr starke Leistungen, komplettiert wird das Backfield nun von Witherspoon und Sherman, auf die man ebenfalls gespannt sein darf. Mit K’Waun Williams und DJ Reed hat man noch zwei vielseitige Nickelbacks in den eigenen Reihen, sodass mit der Passverteidigung der 49ers in diesem Jahr durchaus zu rechnen ist. Das Gegenteil gilt für den Pass Rush der 49ers, denn trotz des Daseins von drei (!) First Round Picks in der Defensive Line (Armstead, Buckner, Thomas) haben die 49ers keinen richtigen Pass Rush Spezialisten in den eigenen Reihen, nachdem man Elvis Dumervil (letzte Saison mit 6,5 Sacks der erfolgreichste Pass Rusher) entließ, der vor kurzem seine Karriere beendete. Die 49ers setzten vor allem darauf, als Kollektiv Druck auf den gegnerischen Quarterback auszuüben – ein Plan, der nicht unbedingt wasserdicht ist…
Unterschätzt wird die O-Line, die ihren schlechten Ruf noch nicht losbekommt. Die Positionsgruppe zeigte in der Preseason gegen die Starter anderer Teams zeitweise erstaunlich gute Ansätze. Überschätzt werden die Seahawks in dieser Saison mit Sicherheit nicht mehr. Dafür haben sie zu viele erfahrene Altstars verloren.