Offseason 2020: So könnten die Seattle Seahawks jetzt Millionen sparen

Justin Britt (Foto: imago)

American Football ist ein Millionenspiel. Das gilt nicht nur beim Geld ausgeben, sondern auch beim Geld sparen. Und gerade in Bezug auf letzteren Aspekt hat die Phrase vom Millionenspiel für die Seattle Seahawks in kaum einem Jahr besser gepasst als 2020. In der laufenden Offseason kann das Team nach der Verpflichtung von Tight End Greg Olsen noch satte 44,6 Millionen US-Dollar ausgeben, bevor die Gehaltsobergrenze (Salary Cap) erreicht ist. Was nach viel Geld klingt, ist beim Blick auf die diversen Baustellen, die General Manager John Schneider im Roster – vor allem in Pass Rush und Angriffslinie – zu beackern hat, am Ende wohl doch recht schnell aufgebraucht. In Renton ist ein neuer, ernstzunehmender Quarterback-Jäger gesucht.

Wie Defensive Line, Secondary und der Offensive Line in der Free Agency — neben den Talenten aus der Draft-Klasse 2020 – verstärkt werden, steht kurz vor Beginn des neuen Liga-Jahres noch in den Sternen. Gewiss ist hingegen, dass im Seahawks-Kader noch massig Einspar-Potenzial steckt. Der ein oder andere Veteran würde in der neuen Saison gutes Geld verdienen. Über 20 Millionen US-Dollar stünden dabei alleine fünf verdienten Spielern zu. Trotz ihrer Verdienste drängt sich die Frage auf, wie wichtig das Quintett emotional und leistungstechnisch fürs Team ist, und wer sich angesichts seiner hohen Bezüge durch gute Leistungen in der vergangenen Saison einen Kaderplatz für 2020 verdient hat. Ein Überblick.

Linebacker K.J. Wright

Neben seinem kongenialen Partner Bobby Wagner und Quarterback Russell Wilson ist Wright aktuell der letzte Super-Bowl-Champion von 2013 im Kader der Seahawks. Nach einer verletzungsbedingt stark verkürzten Saison 2018 (nur fünf Spiele) kam der unumstrittene Teamleader 2019 stark zurück. 91 Tackles bedeuteten den zweitbesten Karrierewert, hinzu kamen drei Interceptions. In einer durchschnittlichen Defense benotete Pro Football Focus (PFF) Wright mit einer Note von 62,1 (von 100). Das ist die siebtbeste Note unter den Defensiv-Stammspielern. Für seine Dienste würde der Outside Linebacker, der im Juli 31 Jahre alt wird, 2020 fünf Millionen US-Dollar Basisgehalt bekommen. Der Salary-Cap-Anteil liegt allerdings inklusive Bonuszahlungen bei insgesamt zehn Millionen US-Dollar.

Fazit:

Für das Klima in der Kabine und mit seiner Erfahrung ist Wright extrem wertvoll. Dazu sind seine Leistungen auch statistisch gesehen konstant gut. Auf der anderen Seite zählt er mit zu den ältesten Spielern im Team und in seinem Windschatten warten mit Cody Barton und Ben Burr-Kirven hoffnungsvolle Linebacker-Talente. Für diese ist der Veteran als Mentor im Training und an der Seitenlinie aber richtig wichtig und deshalb dürfte er auch 2020 wieder das Hawks-Trikot überstreifen.

Tight End Ed Dickson

Was gibt es über Dicksons Saison 2019 zu sagen? Nicht viel. Auf dem Feld sah er verletzungsbedingt keinen einzigen Snap. Noch vor Beginn der Regular Season landete er auf der Injured-Reserve-Liste. Am 30. Oktober stieg er wieder ins Training ein, bevor er am 20. November in den Kader berufen wurde, nur um zwei Tage später sofort wieder gestrichen zu werden. Seine Dienste würden die Seahawks 2020 drei Millionen US-Dollar kosten.

Fazit:

Greg Olsen und Will Dissly (sofern rechtzeitig fit) haben auf der Tight-End-Position in der kommenden Saison definitiv einen Kaderplatz sicher. Hinter Luke Willson und Jacob Hollister stehen bedingt durch die Free Agency noch Fragezeichen. Unter der Woche reiste zudem der ehemalige Washington-Redskins-Tight-End Jordan Reed für ein Probetraining in den Pacific Northwest. Für Ed Dickson bedeutet das wohl, dass die Seahawks ohne ihn planen und durch seinen Cut einige Millionen sparen.

Center Justin Britt

Seit vier Jahren übergibt der bald 29-Jährige bei fast jedem Spielzug den Ball an Russell Wilson und sorgt dafür, dass Houdini im Schatten der O-Line seiner Zauberkräfte entfalten kann. 2019 spielte Britt mit einem PFF-Wert von 62/100 die viertbeste Saison seiner Karriere, in der er bis zur Halbzeit des Auswärtsspiels bei den Atlanta Falcons in der Offensive 512 Snaps bekam. Der 513. endete für den Center mit einem Kreuzbandriss. Durch den frühen Zeitpunkt der Verletzung (Week 8) dürfte Britt zu Beginn des Training Camps aber wieder fit sein. Entlohnen würden ihn die Hawks dafür mit genau 11,67 Millionen US-Dollar. Ein Gehalt, plus Bonuszahlungen, das Britt zum drittteuersten Center der NFL machen würde.

Fazit:

Durch den Cut von Britt ließen sich 8,75 Millionen US-Dollar einsparen. Dazu ist unklar, ob er nach seinem zweiten Kreuzbandriss (2012, 2019) auf dem Feld an seine Leistungen aus der Vergangenheit anknüpfen kann und so in der Lage ist, sein fürstliches Gehalt zu rechtfertigen. Im Angesicht der Backup-Situation um Free Agent Joey Hunt, der als Britt-Ersatz 2019 gegen physisch überlegene D-Liner chancenlos war, und dem auf die Defensive gerichteten Draft-Fokus 2020 sind Head Coach Pete Carroll und O-Line-Trainer Mike Solari heilfroh, wenn Britt wieder für sie auf dem Feld steht. In diesem Fall wird Seattle aber möglicherweise nochmals am Vertrag des Centers schrauben wollen, um so ein wenig mehr Budget für Neuzugänge freizuschaufeln.

Safety Bradley McDougald

Den Fans der Legion of Boom dürften die Leistungen der Seahawks-Secondary im Jahr 2019 Tränen in die Augen getrieben haben – und es waren keine Freudentränen. Die Passverteidigung ließ zuletzt deutlich zu wünschen übrig. 256,7 Yards gaben die Seahawks pro Spiel ab, der achtschlechteste Wert der ganzen Liga. Unter der schwierigen Gesamtsituation mit wechselndem Personal und nur einem souveränen Cornerback litt auch Bradley McDougald. Wenn es nach dem PFF-Wert (62/100) geht, dann spielte der Strong Safety die schlechteste Saison seiner Karriere. Seine Rettung: Quandre Diggs. Mit dem Neuzugang aus Detroit im Rücken ging es für B-Mac leistungstechnisch deutlich aufwärts. Eine weitere Saison des Safetys in Seattle würde die Hawks 2020 insgesamt 3,4 Millionen US-Dollar kosten.

Fazit:

Im Tandem mit Diggs zeigte McDougald die Leistungen, die die Seahawks seit drei Jahren so an ihm schätzen. Dazu ist der 29-Jährige einer der Wortführer der Secondary und kann emotional richtig für Feuer auf dem Platz sorgen. Ähnliches zeigte 2019 allerdings auch Marquise Blair mit seinen harten Tacklings, wenn er denn mal spielen durfte. Der letztjährige Rookie mit dem zweifelsfrei vorhandenen, aber noch sehr rohen Talent, dürfte die Zukunft der Secondary sein. Ob er aber schon 2020 den Leistungssprung macht, der ihn McDougald adäquat ersetzen lässt, ist fraglich. Damit ist die Tendenz auf der Position klar: McDougald bleibt den 12s noch mindestens eine Saison erhalten, langfristig gehört die Position aber Blair.

 

Right Guard D.J. Fluker

Die Spielzeit 2019 war auch für D.J. Fluker ein Auf und Ab. Lichte Momente, in denen er als Fels in der O-Line-Brandung gegnerische D-Liner abprallen ließ und so große Löcher für Chris Carson und Rashaad Penny im Laufspiel aufriss, wechselten sich regelmäßig mit Plays ab, in denen dieser Berg von einem Mann eher wie ein unbeweglicher, träger Berg aussah. Sechsmal konnte er nicht verhindern, dass sein Quarterback zu Boden gebracht wurde, sein zweitschlechtester Karrierewert. Dazu ließ er noch 15 Quaterback-Hits zu. Für den Fall, dass Fluker 2020 in Seattle bleibt, würde er mit 3,4 Millionen US-Dollar in der Gehaltsliste der Hawks auftauchen.

Fazit:

Fluker ist mit seiner Art bei Fans und Mitspielern extrem beliebt, aber das dürfte in dieser Offseason trotz cooler Workout-Videos nicht reichen, um weiter in Seattle zu bleiben. Gegen Ende der Saison haben die Rookies Phil Haynes und Jamarco Jones bewiesen, dass sie in der O-Line der Seahawks auf Guard nicht nur Backups sind. Ihr Alter, ihr Potenzial und besonders ihre Gehaltsschecks sollten ausreichende Argumente sein, um ihnen Jobs als Starter zu sichern. Und genau das dürfte am Ende zum Cut Flukers führen.