12 Beobachtungen aus dem zweiten Preseason Spiel 2024 der Seahawks

Seahawks Titans Preseason Spiel 2 2024

© Seattle Seahawks

Nach dem zweiten Preseason Spiel in der Nacht von Samstag auf Sonntag bei den Tennessee Titans mag der ein oder andere Seahawks-Fan womöglich enttäuscht von der knappen 15:16-Niederlage sein. Das Ergebnis spielt schlussendlich jedoch keine Rolle, ist schnell wieder vergessen und ohne Kontext ohnehin nur wenig aussagekräftig. Backups durften sich beweisen, Chemie zwischen Mitspielern wurde geschaffen und Neues ausprobiert. Dabei hat die Organisation immer das Ziel vor Augen, die richtigen Entscheidungen für die kommende Saison zu treffen und sich spielerisch bestmöglich vorzubereiten. Folgend soll das Spiel daher in einen Kontext gebracht und interessante und erkenntnisreiche Beobachtungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) geteilt werden.

Die Beobachtungen:

  1. Starker Beginn. Die Seahawks dürften sich an das neue Kickoff-Format gewöhnt haben. CB Dee Williams trug den Ball im ersten Play des Tages mit einem effektiven Kick-Off Return nahe an die 40-Yard-Linie. Auch wenn kein First Down in diesem Drive erzielt werden konnte, immerhin eine solide Ausgangsposition für den folgenden Punt.
  2. Kaum Starter bei den Seahawks, gar keine bei den Titans. Die G Christian Haynes und Anthony Bradford waren beide (gleichzeitig) am Feld, einer von ihnen wird wohl als rechter Guard in der Startaufstellung der Seahawks-O-Line erscheinen. In der Defense tauchen First-Round-Pick Byron Murphy II und der letztjährige Seahawks-Sack-Leader Boye Mafe zwar momentan (noch) nicht in der offiziellen Startaufstellung auf, werden aber jedenfalls in der Starter-Rotation eine wichtige Rolle spielen. Beide bekamen Einsatzzeit, genauso wie CB Tre Brown, der in der Regular Season auch Spielzeit auf den defensiven Außenbahnen sehen könnte, etwa wenn CB Devon Whitherspoon auf die Nickel-Position wechselt.
  3. In Tennessee traf Seattle auf alte Bekannte. Die beiden Safeties Quandre Diggs und Jamal Adams sind schließlich diese Offseason als Free Agents zu den Titans gekommen. Ein Aufeinandertreffen auf dem Platz fiel jedoch aus, da sowohl Diggs als auch Adams ohne Pads an der Seitenlinie standen.
  4. Nach Joint Practices im Vorlauf des Spiels kannten beide Defensiven die Offensiven scheinbar gut. Die jeweils ersten beiden Drives beider Teams endeten jeweils mit einem Punt. Die gemeinsamen Trainingseinheiten mit den Titans waren übrigens die ersten dieser Art seit 1991. Demnach eine weitere Neuheit unter Head Coach Mike Macdonald, in der Ära Carroll gab es schließlich gar keine Joint Practices.
  5. Breakout Year? Nach dem ersten Sack des Tages gleich im dritten offensiven Play der Titans können sich die 12s die Frage stellen, ob OLB Derrick Hall, der Zweitrunden-Pick der Seahawks von 2023, dieses Jahr seinem Draft Status gerecht wird. Bemerkenswert ist außerdem, dass es bereits sein zweiter Sack in dieser Preseason war. Mit einem weiteren Tackle for Loss bestätigt er im Anschluss weiter seine starke Form.
  6. Sam Howell mit schwachem Start, aber starkem Finish. Auf der QB-Position gab es in der ersten Halbzeit keine Rotation bei Seattle, Howell durfte alle fünf Drives in den ersten zwei Vierteln spielen. Die beiden ersten Drives endeten jeweils nach nur drei Versuchen, im zweiten verzeichnete der Quarterback selbst einen Fumble, der allerdings von OT Stone Forsythe gesichert wurde. Im dritten Drive führte er jedoch einen souveränen Drive der Seahawks-Offense an und krönte ihn mit einem 20 Yard Touchdown-Pass auf WR Easop Winston Jr.. Die nächsten beiden Drives reichten zudem für Field Goals. Besonders beeindruckend war der letzte Drive der ersten Halbzeit, in dem Sam Howell in nur 38 Sekunden die Seahawks 43 Yards über das Feld brachte, wodurch kurz vor Ende noch ein Field Goal erzielt werden konnte. Schließlich reichte es für ein Passer Rating von 136 (maximal 158,3).
  7. Der Pass Rush war in den vergangenen Jahren immer wieder ein Sorgenkind der Seahawks. Das soll sich dieses Jahr ändern. So waren gegen die Titans auch kreative Pass Rush-Formationen zu beobachten. OLB Boye Mafe stellte sich etwa statt eines Defensive Tackles im 2-Point-Stance über dem Guard auf und konnte so auch wertvollen Druck auf die O-Line erzielen. In der kreativen Defense von Seattles neuem Head Coach nächste Saison womöglich keine Seltenheit. Das Risiko machte sich bezahlt, denn Mafe konnte am Ende ebenfalls einen Sack in seinem Résumé notieren.
  8. Letztes Jahr vergab K Jason Myers keinen Extrapunkt in der Regular Season. Diese Preseason schoss er den Football jedoch jetzt schon zum zweiten Mal nach einem Touchdown neben die Goal Posts. Die Seahawks können jedoch zumindest ein wenig durchatmen. Seine drei Field Goals, zwei davon über 45 Yards, konnte er schließlich erfolgreich in Punkte verwandeln. Ein paar Extraeinheiten für Extrapunkte könnten allerdings nicht schaden, denn letztlich fehlte genau ein Punkt, um das Spiel zumindest mit einem Unentschieden zu beenden.
  9. Zwei Spieler sahen besonders viel Spielzeit und das vorwiegend in allen vier Quartern. Dazu zählten TE Brady Russell und LB Tyrice Knight. Beide sahen vom ersten Viertel an bis hinein ins vierte Viertel viele Snaps, potenziell, um Spielpraxis zu sammeln und um sich zu beweisen. Knight wird wohl als Backup in die Saison starten, könnte aber auch zu Spielzeit kommen, falls Starting-LB Jerome Baker nicht rechtzeitig wieder fit wird. Da kann es nicht schaden, sich an das Niveau der Liga so schnell wie möglich anzupassen. Russell ist wiederum Teil einer tiefen Tight End-Unit, in der es trotz Abgängen von Dissly und Parkinson heiß zugeht in Bezug auf Rosterspots. Starter Noah Fant und Neuzugang Pharao Brown sind wohl gesetzt, dahinter folgen noch der diesjährige Viertrundenpick AJ Barner und Tyler Mabry, der letztes Jahr bereits einen Touchdown für Seattle erzielen konnte. Die Stärke von Brady Russell liegt aber vor allem in den Special Teams, über die er sich während der letzten Saison einen Rosterspot erarbeiten konnte. Nach seinem Touchdown letzte Woche bewarb er sich aber auch für eine Rolle in der Offense, in der er im Spiel gegen die Titans in verschiedenen Funktionen zum Einsatz kam.
  10. Während die vorderen Positionen in der Running Back-Unit bereits vor der Preseason feststanden, ist die dritte Position hinter Ken Walker III und Zach Charbonnet weiterhin hart umkämpft. Mit acht Laufversuchen für 46 Yards brachte sich der ehemalige Georgia-RB Kenny McIntosh in eine gute Ausgangslage für diese Position. Dazu kamen zwei Catches für 17 Yards. Damit hatte der Siebtrundenpick von 2022 einen erheblichen Anteil an den Punktgewinnen der Seahawks. Sein größter Kontrahent für die dritte Running Back-Position, Undrafted Rookie George Holani, sah nur zwei Laufversuche, was aber vielleicht eine Schonungsmaßnahme aufgrund seiner Verletzungshistorie bedeuten kann. Entschieden ist in diesen Belangen noch nichts, wenngleich McIntosh in Nashville mächtig Werbung für sich machen konnte.
  11. Gerade für Spieler, die bis jetzt nicht sicher im Roster sind, gilt es, mit guten Leistungen und Einsatz herauszustechen, um es so womöglich noch ins Team zu schaffen. Einer davon war WR Easop Winston Jr., der nicht nur drei Catches für 47 Yards fing und damit den meisten Raumgewinn für die Seahawks verbuchte, sondern der auch den einzigen Touchdown für das Team aus Seattle erzielte. S Ty Okada steuerte mit seiner Interception den einzigen Turnover des Tages bei. Er fing den vom Receiver der Titans berührten Ball nahe an der 50-Yard-Linie ab und bewarb sich damit für einen Platz im finalen Kader. Ein alter Bekannter, der seinen Rosterspot ebenfalls auf der Safety-Position weiterhin nicht sicher hat, ist Marquise Blair. Geht es nach dem momentanen Depth Chart könnte es für Seattle’s Zweitrundenpick aus 2019, der vor seiner Rückkehr für die Eagles und Panthers auflief, schwer werden. Gegen die Titans zeigte er jedoch seine alte Stärke und ließ mit vielen kräftigen Hits seine Gegenspieler wissen, mit wem sie es zu tun hatten. Seine Physis könnte HC Macdonald gefallen, wenngleich sie immer wieder unsaubere Tacklings zufolge hatte und er beinahe eine Strafe für einen Late Hit gesehen hätte. Auffällig war auch LB Jamie Sheriff, der mit einem Sack und einem Tackle for Loss auffiel. Für ihn wird die Eroberung eines Rosterspots jedoch trotz guter Preseason-Leistung schwer werden.
  12. Sowohl die Defense als auch die Offense der Seahawks hatten gute Momente, wirkten aber auch jeweils weniger souverän als noch in der Vorwoche gegen die LA Chargers. Die Defense ließ den ersten Touchdown der Preseason und etwa 150 Yards mehr zu als im letzten Spiel. Geschuldet war dies immer wieder unsauberen Tacklings und vielen Strafen, wodurch es sich die Defensive selbst unnötig schwer machte. Die Offense wiederum konnte nur zwei von neun Third Downs zu einem neuen First Down konvertieren, in der Vorwoche waren es noch 11 von 20. Die Folge waren kurze Drives und die Defense musste schnell zurück aufs Feld. Ein Teufelskreis, der vorrangig in der zweiten Halbzeit zum Tragen kam. Im Kontext ist jedoch zu erwähnen, dass in diesen Momenten viele Spieler der dritten, vierten und sogar fünften Reihe zum Einsatz kamen. Rückschlüsse auf die Leistungen von Startern lassen sich also kaum ziehen. Auch, dass die Offense gegen Ende unkreativ spielte, hatte wohl Auswirkungen auf den Endstand, ist aber womöglich auch auf die vorigen gemeinsamen Trainings zurückzuführen, die es vielleicht nicht nötig machten, Spielzüge im Spiel selbst für andere Teams offenzulegen.

Die Highlights:

Das neue Kickoff Return-Format bietet neue Möglichkeiten. Diese nutzte Dee Williams und returnte den Ball im ersten Play des Tages nahe der 40-Yard-Linie. Special Teams-Leistungen können das Ticket für Spieler bedeuten, die auf ihrer eigentlichen Position normalerweise nicht zum Zug kommen würden. Williams erhofft sich von diesem Play sicherlich auch für den finalen Kader berücksichtigt zu werden.

Perfekter Start für die Seahawks-Defense! Derick Hall kommt, unterstützt von Boye Mafe, bereits im ersten defensiven Drive zu einem Sack. Tennessee muss im Anschluss bereits nach nur drei Plays punten.

Sam Howell startete in den ersten zwei Drives langsam und schafft mit der Seahawks-Offensive kein First Down. Im dritten Drive marschierte sie jedoch souverän über das Feld und krönten konstanten Raumgewinn mit einem 23-Yards-TD von Easop Winston Jr..

Einziger Turnover im Spiel ist die Interception durch Ty Okada. Nach einem getippten Ball steht Seattles Safety goldrichtig und zeigt die nötigen Catching-Fähigkeiten, um den Ballbesitz zurück zu den Seahawks zu holen.

Die Verletzten:

Vorerst zum Glück Fehlanzeige.

Das Fazit:

Wie auch in der letzten Woche galt: wie gut die Seahawks in ihrer Bestbesetzung dieses Jahr spielen, ist auf Grundlage des Preseason-Games nicht zu prognostizieren. Die Partie wirkte weniger souverän als in der Vorwoche und dennoch waren gute individuelle Leistungen von Spielern wie Howell, Winston Jr. oder Hall erkennbar. Aber auch Fehler müssen gemacht werden, um sie vor der Saison, wenn möglich, abzustellen. Ein Grund für die schlussendliche Niederlage war sicherlich auch das ungleiche Matchup der QBs im vierten Viertel. Während Mason Rudolph als momentaner Backup der Titans seine Offensive gerade gegen Ende des Spiels immer wieder souverän über das Feld navigierte, erbrachte Seattles dritter QB PJ Walker in diesem direkten, aber ungleichen Duell die weitaus schlechtere Leistung. Für den Coaching Staff um HC Macdonald gilt es nun, die einzelnen Leistungen zu evaluieren.

Ausblick: Das dritte und letzte Preseason Spiel vor der Regular Season 2024 ist gleichzeitig auch das einzige Heimspiel. Zu Hause im Lumen Field empfangen die Seattle Seahawks am 25. August 2024 um 4 Uhr nachts die Cleveland Browns.