12 Beobachtungen aus dem ersten Preseason Spiel 2024 der Seahawks

Erstes Preseason Spiel 2024 Seattle Seahawks Head Coach Mike Macdonald

© Seattle Seahawks

Das Ergebnis (16:3) ist irrelevant, viele Szenen sind nur bedingt aussagekräftig – und dennoch liefert auch die Saisonvorbereitung 2024 einige spannende Erkenntnisse über den Fortschritt der Mannschaft aus dem Pacific Northwest. Deshalb folgen hier nun ein paar Beobachtungen und Szenen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vom ersten Preseason Spiel der Seattle Seahawks in einem spärlich gefüllten SoFi Stadium. In der Nacht von Samstag auf Sonntag war das Team von Head Coach Mike Macdonald hier bei den Los Angeles Chargers zu Gast.

Die Beobachtungen:

  1. Nur wenige Starter weit und breit: 12s, die sich Hoffnung gemacht hatten, direkt in der ersten Partie unter Mike Macdonald Stars wie Geno Smith, DK Metcalf, Ken Walker oder Devon Witherspoon zu sehen, wurde im SoFi Stadium bei diesem Preseason Spiel enttäuscht. Bereits in der Woche vor dem Trip nach LA hatte der Head Coach angekündigt, dass einige Starter hier aussetzen würden. Ein Schritt, der gerade im ersten Vorbereitungsspiel nicht ungewöhnlich ist, da sich nach den ersten anstrengenden Training Camp-Wochen gerade die neuen und jungen Spieler aus dem 90-Mann-Roster zeigen sollen. Denn gerade die sind es, die sich mit Leistungen in der Offense, der Defense und den Special Teams für den Kader bewerben müssen.
  2. Michigan-Reunion an den Seitenlinien. Auf den wichtigsten Coaching-Positionen trafen sich in der Nacht zu Sonntag viele alte Bekannte. Bei den Seahawks waren es Head Coach Mike Macdonald, der von 2020 bis 2021 Defensive Coordinator bei den Wolverines war. Dazu Jay Harbaugh, der in Seattle 2024 für die Special Teams zuständig ist und lange am College in Michigan unter seinem Vater coachte. Der Papa heißt Jim Harbaugh, der bis Anfang des Jahres Cheftrainer im „Big House“ war und jetzt die gleiche Position bei den Chargers ausfüllt. Sein Defensive Coordinator in LA ist Jessie Minter, der wiederum von 2022 bis 2023 der Nachfolger von Macdonald war. Insgesamt standen 18 Spieler und Trainer auf und neben dem Feld, die eine gemeinsame Verbindung nach Michigan haben.
  3. Der Kampf um den dritten Running Back-Spot war auch im ersten Preseason Spiel vollends sichtbar. Im ersten offensiven Drive der Seahawks durfte noch Zach Charbonnet ran, danach trugen nur noch Kenny McIntosh, Kobe Lewis und George Holani den Ball aus dem Backfield. McIntosh wirkte von allen drei RBs am explosivsten und erlief bei acht Versuchen insgesamt 40 Yards (5,0 Yards pro Lauf), während Holani (6 Carries für 24 Yards) einen Touchdown erlief. Aber Lewis war es, der schließlich die meisten Läufe (10 für 33 Yards) bekam.
  4. Riq Woolen, D.J. James und Coby Bryant hatten die Nummer von Chargers-QB Easton Stick oder die seiner Receiver, denn alleine in der ersten Halbzeit brachten alle drei Passverteidiger ihre Hände an den Ball. Interceptions kamen dabei leider, außer bei Bryant (siehe unten), nicht heraus. Trotzdem: auch die Passverteidigung der Seahawks war schon im ersten Preseason Spiel voll auf der Höhe.
  5. Um die Sicherheit der Spieler weiter zu erhöhen und Kopfverletzungen zu verhindern, erlaubt die NFL Spielern in der Saison 2024 erstmals auch bei Spielen Guardian Caps zu tragen. Die etwas klobig wirkenden Polster werden auf den Helm aufgeschnallt und wirken bei Kopf-gegen-Kopf-Kollisonen als Schutz. Doch beim ersten Preseason Spiel im SoFi trug weder ein Spieler der Seahawks noch einer der Chargers den zusätzlichen Kopfschutz.
  6. Ja, die Seahawks trafen im ersten Preseason Spiel mindestens auf den zweiten, wenn nicht sogar den dritten offensiven „Anzug“ der Chargers. Doch die Tatsache, dass Seattles neue eingestellte Defense unter Mike Macdonald und Aden Durdee bis Ende des zweiten Viertels kein einziges First Down zuließ und fünf Punts der Gastgeber erzwang, dürfte für alle 12s, die in den vergangenen Jahren eher defensive Albträume durchleben mussten, doch ein netter Anblick gewesen sein. Zudem konvertierten die Chargers erst fünf Minuten vor Ende des dritten Quarters ihr erstes 3rd Down.
  7. 4th Down an der Goalline und die Offense der Seattle Seahawks ging dafür. Zwar wurde RB George Holani vor der Endzone gestoppt, weil die O-Line ihm nicht ausreichend Luft gegen die Defense freiblockte. Doch eine Erkenntnis im Gegensatz zur „Carroll“-Ära scheint die zu sein, dass die Seahawks unter Mike Macdonald und Offensive Coordinator Ryan Grubb deutlich aggressiver bei vierten Versuchen agieren und statt auf Field Goals eher auf den Touchdown gehen wollen.
  8. Sam Howell fast „all the way“. Bis kurz vor dem Ende des dritten Quarters durfte der neue Seahawks-QB seine Offense anführen und sich als möglicher Backup zu Geno Smith beweisen. Seine Bilanz: 16 von 27 Pässen angebracht, für 140 Yards und ein Touchdown. Zwar leistete sich Howell keine Interception, wurde aber zweimal gesackt und brachte es so auf ein Quarterback-Rating von 83,9 (aus maximal möglichen 158,3). Danach durfte PJ Walker ran.
  9. Während die Seahawks im ersten Preseason Spiel viele Stars schonten, durfte der 2024er Firstround-Pick Byron Murphy II zumindest in der ersten Halbzeit ran. Gegen eine O-Line aus Rookies und Ersatzspielern der Chargers zeigte „Murph“ schon einmal gute Ansätze und sicherte sich gegen QB Easton Stick fast auch seinen ersten Sack. Ansonsten war er gerade gegen den Lauf auffällig. Am Ende stand für den jungen Defensive Tackle lediglich ein Tackling, das allerdings für Raumverlust zählte.
  10. Immer wieder gelang es der Seahawks Offense in diesem Preseason Spiel 3rd Downs zu konvertieren. Am Ende waren es 11 von 20, wodurch Seattle immer wieder im Ballbesitz blieb. So hielt das Team von Mike Macdonald das Lederei in 60 Minuten Spielzeit insgesamt 39 Minuten und 9 Sekunden in den eigenen Reihen, während die Chargers nur 20 Minuten und 51 Sekunden im Ballbesitz waren.
  11. Von den 20 Pässen, die die Quarterbacks der Seahawks an diesem Nachmittag in LA an den Mann brachten, fingen WR Dareke Young und TE Brady Russell mit jeweils drei Bällen in der Seattles Offense. Die meisten Yards (44) gingen dabei auf das Konto von Young, während Russell 25 Yards und einen Receiving Touchdown verbuchen konnte.
  12. Viele Bälle musste K Jason Myers nicht kicken. Ein Field Goal aus 48 Yards machte er locker, genau wie einen Extrapunkt. Doch den Zweiten nach Touchdown Nr. 2 der Seahawks verschoss er, nachdem er in der Saison 2023 sämtliche Extrapunkte verwandelt hatte. Zudem geriet auch einer seiner Kickoffs zu kurz, was nach den neuen Regeln ein First Down der Chargers an der 40-Yard-Linie ermöglichte. Letzteres dürfte aber auch als Test der neuen Regeln angesehen werden, um zu schauen, wie die die Gegner etwa Kickreturns angehen.

Die Highlights:

Eine der Kritiken, die Jaxon Smith-Njigba sich als Rookie gefallen lassen musste, war die, dass er nicht unbedingt der beste Blocker war. Dass JSN in der Offseason an Muskelmasse zugelegt hat und ihm das im 1-gegen-1 ohne Ball hilft, bewies er direkt im ersten Quarter in LA bei diesem Laufspielzug von Kenny McIntosh.

In einem Preseason Spiel muss sich die dritte oder vierte Garde des Rosters zeigen und genau das tat TE Brady Russell. Als sechster Tight End im Depth Chart fing er einen Pass von QB Sam Howell, entledigte sich von sämtlichen Chargers-Tacklern und sprang zum Touchdown in die Endzone.

Tip-Drill! Wenn gegnerische Receiver Bälle durch die Hände flutschen, dann müssen die Passverteidiger da sein. Und genau das machte CB/S Coby Bryant und sicherte sich seine erste Interception als Seahawk.

Offensichtlich hätte TE Tyler Mabry bei dem Block an der Außenbahn eine glasklare Flagge für ein Holding kassieren müssen. Doch RB George Holani war es egal und so spazierte der Undrafted Rookie zum Touchdown in die Endzone.

Die Verletzten:

Vorerst zum Glück Fehlanzeige.

Das Fazit:

Bei der Rotation von Ersatzspielern und Rookies sind feste Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit beider Teams und den Seahawks im speziellen nur schwer oder kaum möglich. Was im ersten Preseason Spiel aber deutlich wurde, ist, dass Seattles Offense deutlich agiler und variantenreicher wirkt. Offensive Coordinator Ryan Grubb streute immer wieder Läufe vor dem Snap ein und ließ Pässe an oder hinter die Line of Scrimmage spielen. Dazu war die Offense bei 3rd Down deutlich effektiver und ließ so Drives weiterlaufen. Das führte dazu, dass die Chargers-Defense lange auf dem Feld stehen musste und entsprechend müde wurde. Die Defense der Seahawks wirkte dagegen spritzig und konnte gerade in der Passverteidigung immer wieder Akzente setzen.

Ausblick: Zum zweiten Preseason Spiel vor der Regular Season 2024 reisen die Seattle Seahawks am 18. August 2024 zu den Tennessee Titans. Kickoff ist hier um 1:05 Uhr nachts.