Week 5 der NFL-Saison 2022 steht an und damit für die Seattle Seahawks das Matchup mit den New Orleans Saints. Nach dem Shootout-Scorigami in Detroit scheint das Team von Head Coach Pete Carroll zumindest in der Offense voll im Saft zu stehen. Quarterback Geno Smith führte den cleveren Gameplan von Offensive Coordinator Shane Waldron so aus, dass aus fast jedem Ballbesitz gepunktet wurde. Gerade durch die effektive Aufgabenteilung durch die Luft und am Boden blieb Seattles Angriffsspiel über 60 Minuten unberechenbar. Für den Fall, dass das auch im „Big Easy“ klappen sollte, haben die Seahawks gute Chancen ihre Saisonbilanz in eine positive Richtung auszubauen.
Ob das gegen die in der Spitze exzellent besetzte Defense der Saints reichen wird, steht dagegen auf einem ganz anderen Blatt. Mit den DEs Cam Jordan und Marcus Davenport, LB DeMario Davis und CB Marshon Lattimore sowie dem „Honeybadger“ höchstpersönlich, S Tryann Mathieu, erwartet die Gäste aus dem Pacific Northwest gegen New Orleans ein ganz anderes Kaliber, als das, was Detroit am letzten Wochenende an den Start brachte. So dürfte gerade der Druck auf die junge O-Line der Seahawks zunehmen. Und sollte dieser Domino fallen, könnte es auch für Smith ein langer Nachmittag werden.
In dem Fall, dass die eigene Offense in Schwierigkeiten kommt, setzen die meisten NFL-Teams darauf, dass ihre Defense sie aus dem Schlamassel spielt. Ob Seattle allerdings auf diese Komponente setzen kann, ist mehr als fraglich. Frei nach dem Motto: Und jährlich grüßt das Murmeltier, präsentieren sich die Verteidigungsreihen aus Seattle auf dem Level eines typischen Kellerkindes. In den USA wird schon von Experten gespottet, dass die Seahawks-Defense in ihrer aktuellen Form nicht einmal ein Nasenbluten aufhalten könnte. Geschweige denn Jameis Winston, Jarvis Landry und Alvin Kamara, sollten alle drei rechtzeitig fit werden (siehe Injury Report), sowie einen explosiven Rookie names Chris Olave?
Das Spiel:
- Kickoff: Sonntag, 19 Uhr
- Austragungsort: Caesars Superdome (Kunstrasen, überdacht)
- Wettervorhersage: 27 Grad Celsius, Sonne
- Schiedsrichter: Brad Allen
- Empfang: NFL GamePass
- Wettprognose: Seahawks +5,5
- Hashtag: #SEAvsNO
Der Injury Report:
Beim Blick auf den Injury Report von Freitag dürften viele 12s zumindest teilweise aufgeatmet haben. Denn gerade die Verletzungsmisere in der Secondary scheint zumindest vorerst beigelegt. So zählt einzig CB Justin Coleman (Wade), neben WR Marquise Goodwin (Knie/Rücken) und RB Ken Walker (Schulter) zu den Seahawks-Spielern, deren Einsatz in Week 5 fraglich ist. Und während die CBs Artie Burns und Sidney Jones offenbar komplett fit sind, fällt Rookie-WR Dareke Young (Quadrizeps) gegen die Saints vorerst als einziger Akteur aus Seattle aus. Ebenfalls keinen Auftritt im Superdome wird LB Darryl Johnson (Fuß) haben, da er am letzten regulären Werktag der abgelaufenen Woche von seinem Team auf IR gesetzt wurde.
Aufseiten der Gastgeber war die Verletzungsliste am Freitag weiterhin sehr lang, allerdings lichtete sie sich auch etwas. Verzichten muss New Orleans am Sonntag auf jeden Fall auf OT Calvin Throckmorton (Knöchel), DE Payton Turner (Brust), CB P.J. Williams (Quadrizeps) und WR Michael Thomas (Fuß). Fraglich ist bei den Saints dazu der Einsatz von WR Jarvis Landry (Knöchel), G Andrus Peat (Gehirnerschütterung) sowie S Marcus Maye und RB Alvin Kamara (beide Rippen). Und auch der Auftritt von QB Jameis Winston (Rücken/Knöchel) steht laut Injury Report noch in den Sternen.
#Seahawks injury report for their Week 5 game at New Orleans: pic.twitter.com/91MYGqGhl2
— John Boyle (@johnpboyle) October 7, 2022
Die Matchups:
Seahawks-Wide Receiver DK Metcalf vs. Saints-Cornerback Marshon Lattimore: Lieb hatten sich Metcalf und Lattimore in Woche 7 der NFL-Saison 2021 nicht wirklich. Was wahrscheinlich auch daran lag, dass der Hulk-gleiche Wide Receiver der Seahawks einen der nach seinem eigenen Selbstverständnis besten Passverteidiger der Liga bei einem 84 Yards Catch-and-Run in die Endzone ganz alt aussehen ließ. Was folgte, war mehr als nur ein saftiges Wortgefecht auf dem Platz und die Tatsache, dass Lattimore seinen Gegenüber bis zum Ende des Spiels von da an wirklich kalt stellte und nur noch einen Catch von Metcalf für 12 Yards zuließ.
Ob das auch in Week 5 so funktionieren wird? Hier könnten den 12s Zweifel kommen, wenn sie den bisherigen Saisonverlauf betrachten. So fing DK Metcalf für seine Verhältnisse in Sachen gefangener Yards ganz schwach an. Doch er steigerte sich von Woche 1 mit 5,1 Yards pro Catch auf 8,8 (gegen die 49ers), 12,8 (gegen die Falcons) und schließlich auf fast schon unerhörte 21,3 Yards pro Catch in Detroit. Dazu gibt es sich auch an der Seitenlinie im Gegensatz zum letztem Jahr betont gelassen und lässt sich auf dem Feld auch von gegnerischen Cornerbacks wie Jeff Okudah nicht aus der Fassung bringen. Marshon Lattimore dagegen verstrickte sich gegen Buccs-Receiver und Erzfeind Mike Evans in eine handfeste Prügelei und ließ sich danach in London im Duell mit den Vikings das ein oder andere Mal schwer von Justin Jefferson abkochen.
Seahawks-Offensive Line vs. Saints-Pass Rush: Null, Nada, Niente. So viele Sacks ließ die junge O-Line der Seahawks im letzten Spiel gegen die Detroit Lions zu. Dass Rookie-OT Charles Cross dabei gleich zwei Holding-Strafen kassierte, ist bei solch einer starken Lesitung und 48 gescorten Punkten des gesamten Teams nur eine Randbemerkung. Denn je länger die Saison mittlerweile andauert, umso mehr scheint es, als das sich Seattles Quarterback-Beschützer-Quintett immer besser als Einheit zusammenfindet. C Austin Blythe stabilisiert sich weiter und kristalisiert sich als Wortführer der O-Line heraus, während G Damien Lewis sich langsam aber sicher von seiner Knöchelverletzung erholt zu haben scheint. Einzig G Gabe Jackson wackelt noch konstant, denn Cross und Co-Rookie OT Abe Lucas sind schon jetzt auf Jahre als Anker in der Unit von Andy Dickerson gesetzt.
Den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung könnten Beide in Week 5 im Duell mit den Saints gehen. Grund dafür: Hier treffen sie in New Orleans auf eine ganz erfahrene Gruppe aus Pass Rushern. Neben DE Marcus Davenport besteht die auch aus LB DeMario Davis, der gerade bei Blitz-Plays aus dem zweiten Level der Defense mit seiner Power und Schnelligkeit regelmäßig gegnerische O-Linemen alt aussehen lässt. Das Prunkstück der Unit ist und bleibt aber DE Cam Jordan. Auch im zarten Alter von 33 Jahren hat der siebenfache Pro Bowler in dieser Saison schon wieder 1,5 Sacks, 3 Tacklings für Raumverlust und 4 Quarterback-Hits geliefert. Qualitäten, die Jordan am Sonntag gegen die Seahawks vor allem im Duell auf den Edges gegen Cross und Lucas an den Tag legen will, um Geno Smith unter Druck zu setzen und ihn so am Ende dann auch aus dem Rhythmus zu bringen.
Seahawks-Run Defense vs. Saints-Running Back Alvin Kamara: Zu sagen, dass Alvin Kamara (wenn er denn fit ist) gerne auf die Seahawks trifft, dürfte ein sattes Understatement sein. In den zwei Spielen, die der Running Back in seiner NFL-Karriere bislang gegen Seattle absolviert hat, tischte er Pete Carroll und Co. beeindruckende 220 Receiving Yards und eine absurde Fangquote von 90,5 Prozent sowie 120 Rushing Yards und insgesamt drei Touchdowns auf. Zahlen, die zeigen, dass das Duell Kamara vs. Seahawks seit 2019 eher in der Luft ausgetragen wurde. Auch weil es in den beiden letzten Duellen mit New Orleans die Laufverteidgung aus Seattle war, die jeweils auf dem Boden nicht viel zuließ und die Saints-Quarterbacks ihren Dual Threat-Star stattdessen eher durch die Luft bedienten.
In Week 5 könnte das jedoch wiederum ganz anders aussehen. So gehören in der Passverteidgung der Seahawks die beiden Rookie-CBs Tariq Woolen und mit Abstrichen auch Coby Bryant zu den mitunter einzigen Lichtblicken. Die Run Defense lässt sich dagegen immer wieder übertölpeln. In vier Saisonspielen ließ Seattle bislang 616 Rushing Yards und 5,1 Yards pro Lauf zu. Beides bedeutet aktuell Rang 29 beziehungsweise Rang 28 unter 32 NFL-Teams. Lediglich in Woche 1 machten das Laufspiel der Broncos etwas über 100 Yards gut. In den Spielen danach kassierte die Seahawks-Defense nie weniger als 140 Rushing Yards pro Spiel! Eine große Schwäche, die besonders Spieler mit dem Kaliber eines Alvin Kamara liebend gerne ausnutzen.
Der X-Faktor: Geno Smith
Mit einer historisch guten Completion Percentage von über 77 Prozent nach vier Spieltagen, hat sich der Seahawks-Quarterback nicht nur in die Herzen der 12s, sondern auch in die Geschichtsbücher der NFL geworfen. Die Frage ist: Kann Geno Smith diesen Takt in Week 5 beibehalten? Denn während die Experten im US-Fernsehen jetzt schon diskutieren, ob Seattle ohne Russell Wilson nun besser aufgestellt sei, muss Smith seine Konstanz beibehalten. Nach nur vier Spieltagen hat er nämlich schon klar bewiesen, wie abhängig die Seahawks von Saint Geno sind.
Lassen gegnerische Defenses, wie die aus Detroit und eine Halbzeit lang auch die aus Denver, es zu, dass der Seahawks-Quarterback sie mit einem ausgezeichnet zusammengestellten Gameplan sezieren kann, dann scheinen dem Scoring nur wenige Grenzen gesetzt. Schießen sich die Verteidigungsreihen allerdings auf ihn ein, so wie die 49ers in Week 2, dann hat auch Smith deutliche Probleme, womit Seattles Offense der komplette Dampf flöten geht. Wie es gegen Cam Jordan, Tyrann Mathieu und Marshon Lattimore ausgeht? Wir werden sehen …
- Spieler des Spiels: Noah Fant. Die Tight End University der Seahawks wird auch in Week 5 geöffnet haben. Und weil Marshon Lattimore wie eine Decke an DK Metcalf kleben wird, während Tyler Lockett für dieses Spiel in Sachen Catches mal wieder abtaucht, bleibt Smith nichts anderes übrig, als seine blockfreudigen Passempfänger anzuspielen. Davon profitiert in diesem Fall Fant, der über 75 Yards und zwei Touchdowns fängt.
- Statistik des Spiels: Unglaublich, aber wahr. Die Seattle Seahawks sind gegen die Saints seit knapp acht Jahren sieglos. Der letzte Erfolg gegen New Orleans datiert vom 1. November 2014. Im 2013er NFC Divisional Playoff Game warf Russell Wilson für gerade einmal knapp 100 Yards. Mehr musste er auch gar nicht machen, da Marshawn Lynch beim 23:15-Heimsieg satte 140 Yards und zwei Touchdowns für die Seahawks erlief.
- Anekdote des Spiels: Einer der Gründe, warum Metcalf und Lockett gegen die Saints wenige Bälle fangen könnten, steht an der Seitenlinie der Gastgeber. Seit Februar 2021 ist Ex-Seahawks Defensive Coordinator Kris Richard Teil des New Orleans-Coaching Staffs. Seine Aufgabe: Defensive Backs Coach. Und damit dürfte er, Lattimore und Co. die ihm bekannten Routen-Konzepte von Seattles Receivern direkt ins Ohr flüstern.
Der Hype-Faktor: Seahawks aren’t the only game in town
Nach 21 langen Jahren des Wartens spielen die Seattle Mariners am Wochenende zum ersten Mal wieder in den MLB-Playoffs. Und nicht nur die Seahawks-Spieler in ihrem Teamhotel in Louisiana, sondern der ganze Pacific Northwest wird mitfiebern. Frei nach dem Motto: Sea Us Rise!
We have game times!
The Wild Card Series begins at 1:07 p.m. PT in Toronto this Friday on ESPN. #SeaUsRise pic.twitter.com/tna6Hp7HXY
— Seattle Mariners (@Mariners) October 5, 2022
Das Fazit:
Dass das Offensiv-Potential der Seahawks mit Geno Smith under Center nach vier Wochen Regular Season so potent sein würde, hätten nicht viele Experten für möglich gehalten. Doch unter den richtigen Umständen klicken der Quarterback, seine Receiver, die Tight Ends, das Laufspiel und eine junge O-Line auf einem ganz hohen Niveau. Was aber passiert, wenn die Voraussetzungen nicht passen, haben die 12s auch mit fast schon blutenden Augen mitansehen müssen. So war es die Defense der 49ers, die Seattle Angriffsspiel direkt in Woche 2 einen massiven Schraubenschlüssel zwischen die Beine warf.
Und obwohl die New Orleans Saints in der Breite der Defense nicht so gut besetzt sind, wie das Team aus der Bay Area, dürfte die Spitze des defensiven Speers doch spitz genug sein, um Smith und Co. die ein oder andere imaginäre Fleischwunde zuzufügen. Wäre Seattle in der Lage, die daraus wahrscheinlich auftretenden offensiven Probleme mit konstanten Leistungen der eigenen Defense zu kompensieren, dann sollte im Superdome eigentlich ein Duell auf Augenhöhe steigen. Allerdings sind die Defizite in der Unit von Defensive Coordinator Clint Hurtt so groß, dass diese nicht innerhalb einer Trainingswoche „weggecoacht“ werden können. Und genau diese Kombination aus einer womöglich stotternden Offense und einer überforderten Defense ist es am Ende, die den Seahawks einen erfolgreichen Sonntag verbaut.
Prognose: Die Seattle Seahawks verlieren 17:28.