Kurze Woche – harte Nächte! Sehen wir es positiv: Nach einer rundum ernüchternden 24:30 Pleite zuhause gegen die Carolina Panthers haben die Seahawks bereits Freitag früh (deutsche Zeit) die Gelegenheit zur Wiedergutmachung. Und das ausgerechnet gegen den Divisions-Rivalen aus der Bay Area. Die San Francisco 49ers sind zu Gast im Lumen Field und damit heißt es für Viele: Endlich mal ein „echtes“ Prime – Time Game. Doch der Trend spricht derzeit gegen die Hawks und für das Team um Kyle Shanahan und die Devise kann nur lauten: Stop the run!
Wenn wir in dieser Saison etwas gelernt haben, dann dass die Run-Defense in der Leistungskurve nach oben so viel Luft hat, wie Luftlinie von Seattle nach San Francisco. Berechtigte Frage also: Wie stellt man diese Schwäche ab? Und wenn man es könnte, warum hat man es nicht schon längst getan? Die Niners sind derzeit, neben den Philadelphia Eagles, eines der heißesten Teams in der NFL und spätestens durch die Addition von Christian McCaffrey ein wahrer Super Bowl Contender. Selbst der Einsatz von „Mr. Irrelevant“, Brock Purdy, der durch die Verletzungen von Trey Lance und Jimmy Garoppolo die 49ers nicht am Siegen hindern konnte, lässt das Team nicht abfallen. Im Gegenteil, die Tampa Bay Buccaneers waren in der Vorwoche chancenlos unterlegen im Levi`s Stadium in Santa Clara. Just dieser, etatmäßige dritte Quarterback, ist obendrein noch fraglich. Gibt es denn Etwas, was die 12s positiv stimmen kann?
Es kann das typische „Trap-Game“ werden für die favorisierten Niners und genau darin liegt die Chance für Seattle: In dieser Saison hat sich das neu formierte Team aus der Draft Klasse um Woolen, Walker und co. Immer schwer getan, wenn sie als Favorit ins Spiel gehen. In diesem Fall ist der Druck also weg und liegt auf den Schultern von Brock Purdy, so er denn fit wird. Jener bestreitet im lauten Lumen Field sein erstes Auswärtsspiel und sollten die Mannen aus dem Staate Washington noch Playoff-Ambitionen haben, wäre das ein Signal; zumal sich am Sonntag die direkten NFC-Kontrahenten New York Giants und die Washington Commanders im direkten Duell gegenüberstehen.
Das Spiel:
- Kickoff: Freitag, 16. Dezember 2022, 02.15 Uhr, MEZ
- Austragungsort: Lumen Field, Seattle, WA (Freiluft Stadion)
- Wettervorhersage: 6°C, sonnig
- Schiedsrichter: Alex Kemp
- Empfang: NFL GamePass, DAZN
- Wettprognose: San Francisco 49ers, -3.5, Draftkings
- Hashtag: #SFvsSEA
Der Injury Report:
Montag in einer kurzen Woche heißt zunächst „trainingsfrei“. So leer wie der Trainingsplatz fühlt sich derzeit auch der Runningback-Room an, denn der jüngste Ausfall gegen Carolina von Kenneth Walker III wird abgerundet durch das Fernbleiben von Deejay Dallas. Shelby Harris könnte nach überstandener Krankheit den Pass-Rush unterstützen. Defensive Tackle Al Woods ist mit Problemen an der Achillessehne ein Risikofaktor. Dauergast in der Rubrik „fraglich, spielt aber dann doch“ D.K. Metcalf sollten seine Hüftprobleme nicht aufhalten. Doppelte „Sicherheitswarnung“ auf der Safety-Position: Ryan Neal hat Knieprobleme, Joey Blunt „Rücken“.
In San Francisco hofft man bekanntlich noch auf den Einsatz von Brock Purdy, der an Rippenschmerzen laboriert; zwei fehlende Defensive Tackles machen es der Offensive nicht gerade leichter: Javon Kinlaw und Hassan Ridgeway sind beide „out“. Die Secondary könnte ebenso geschwächt auflaufen, denn die beiden Cornerbacks Ambry Thomas und Samuel Womack III sind fraglich; Dontae Johnson fällt aus. In der Offensive bangt man ferner um Christian McCaffrey (Knie) und Deebo Samuel (Knöchelverletzung) – letzterer wird zum Ende der Hauptrunde zurück erwartet.
#Seahawks practice report for Tuesday. A positive development when it comes to Kenneth Walker III: pic.twitter.com/fmm5Hnm9iH
— John Boyle (@johnpboyle) December 14, 2022
Die Matchups:
Brock Purdy vs Pass Rush: Es sollte bitte keiner auf die Idee kommen, dass spät gepickte Quarterbacks keine Karriere in der NFL machen können, aber zu diesem Zeitpunkt der Karriere ist das erste Auswärtsspiel immer das Schwerste. Ja, der Pass Rush aus Seattle jagt auch keinem Freshman aus dem College Schrecken ein, doch in einem Rivalry-Game auswärts anzutreten, hat seine eigenen Gesetzte. Uchenna Nwosu dürfte sein zehnter Sack der Saison gut zu Gesicht stehen…
Brandon Aiyuk vs Tariq Woolen: 7.7 Yards pro Passversuch und die Mehrzahl der First Downs über den Pass, auf die Secondary der Hawks kommt Arbeit zu. Und nach dem (wahrscheinlichen) Ausfall von Deebo Samuel liegt die Last auf den Schultern von Wide Receiver Brandon Aiyuk: Ohnehin führt er seine Farben im Bereich Yards (755) und Touchdowns (sieben) an. Und Woolen? Steht bei sechs Interceptions und könnte den nächsten großen Namen auf Wide Receiver auf „Woolens Island“ schicken, auf die einsame Insel?!
Tyler Lockett vs. Charvarius Ward: Lockett ist Receiving Leader seines Teams mit 896 Yards und acht gefangenen Touchdowns – und wenn die Offensive und das Laufspiel schwächelt, kommt es auf „Mr. Tiptoe“ an. Ward, der Cornerback, ist auf dem Wege zum Karriere Bestwert im Bereich „Tackles“, bereits 70 stehen auf der Habenseite diese Saison für den Neuzugang der Kansas City Chiefs.
Der X-Faktor: Run the ball!
Dass die Offensive von Kyle Shanahan nicht nur von den „YAC`s“ (Yards After catch) sondern eben auch dem vielfältigen Laufspiel lebt, ist bekannt. Aus dem Hut wie andere Kaninchen zaubert der Headcoach veritable Runningbacks und die Hinzunahme von McCaffrey dürfte die Sorgenfalten auf den Stirnen der Seahawks Laufverteidigung vergrößern. 1698 Yards haben die 49ers erlaufen – das ist ein ordentlicher Wert und jener der Seahawks kann sich durchaus auch sehen lassen: 1444. Im wahrsten Sinne eiskalt läuft es einem den Rücken herunter, wenn man sich die zugelassenen Yards ansieht: 2.086. Und auch im letzten Spiel zuhause gegen die Carolina Panthers zeigten die Seahawks ihr bislang zweitschlechtestes Saisonspiel – nach dem Hinspiel bei den 49ers. Die Offensive der Hawks zeigte sich diese Saison immer dann stark, wenn die Vielseitigkeit gelebt werden konnte. Verkommt das Backfield, wird es eindimensional und spielt San Francisco in die Karten, denn diese haben bislang nicht einmal 1.000 Rushing Yards zugelassen.
- Spieler des Spiels: Geno Smith. Stand schon öfter in dieser Rubrik und steht aus Gründen wieder hier. Viele sahen in ihm schon den potentiellen „Comeback Player of the Year“ und jäh darauf seinen Absturz nach dem Panthers Spiel. Das er allein in diesem Jahr soviel Touchdowns geworfen hat, wie in seiner ganzen Karriere zuvor, geschenkt. Seine Interception Ratio von 1.9 im Vergleich zu den Anfangsjahren von Russel Wilson 1.8. Kurzum: Geno Smith ist nicht der Grund für die jüngste Formdelle im Nordwesten (drei Niederlagen in vier Spielen). Klar, gegen die Panthers wollte er offensichtlich zu viel und agierte nicht immer glücklich, wohlwissend, dass das Run-Game limitiert war durch die Ausfälle. Bindet er, wie gewohnt, die Tight Ends mit ein und verteilt mutig auf die Receiver bleibt Angriff die beste Verteidigung.
- Statistik des Spiels: 48 Spiele gegen den Rivalen aus Kalifornien stehen zu Buche und das Pendel schwingt aus in Richtung Washington: 30:18 Siege. Ganze zehn Niederlagen am Stück gab es für die 49ers zwischen Dezember 2013 und Dezember 2018!
- Anekdote des Spiels: Zehn zu zwei Siege zuhause unter Pete Carroll gegen die 49ers – doch ausgerechnet IN Seattle könnten die Niners die NFC West in der Nacht auf Freitag für sich entscheiden. Not in my house?!
Der Hype-Faktor: Vermisst! Diese Seahawks Defense!
Wer beim Anblick dieser bewegten Bilder nicht wehmütig wird…
I miss this Seahawks defense… pic.twitter.com/tX7nAPySzk
— Sports ON Tap Seattle (@SONTSeattle) December 12, 2022
Das Fazit:
Das wir zu diesem Zeitpunkt der Saison ÜBERHAUPT von Playoff Hoffnungen sprechen können, ist die eigentliche Überraschung aus Sicht der Seahawks so weit. Ja, die letzten Auftritte haben das Bild getrübt, doch die Aufgabe ist es, aus Fehlern zu lernen und abzustellen. Die Laufverteidigung dürfte im Draft adressiert werden (Danke, Russell) und kurzfristig sollten einfache Fehler vermieden werden. Chancen haben die Hawks eben dann, wenn sich der Gegner auf einen Shootout einlässt und die Offensive rollen lässt. Dabei kommt die Rolle des Underdogs nicht ungelegen, auch wenn drei (potentielle) Niederlagen am Stück und zuhause ein ordentlicher Dämpfer wären.
Prognose: Die Seattle Seahawks verlieren das Spiel mit 17: 31 aber gewinnen an Erfahrung.