Super Bowl XLIX. Vor vier Monaten begann in Pacific Northwest die NFL-Saison 2014, am Sonntag endet sie in der Wüste von Arizona. Im großen Finale treffen die Seattle Seahawks auf die New England Patriots. Zwei Teams, die während der gesamten Spielzeit zum Favoritenkreis gehörten und sich im Januar in den Playoffs durchgesetzt haben, kämpfen um die Vince Lombardi Trophy. Die German Sea Hawkers werfen einen Blick voraus auf das American Football-Highlight des Jahres.
A dynasty is what New England has done. They’re numbers are ridiculous. (Pete Carroll)
Wir nähern uns mit großen Schritten dem großen Finale. Die Seahawks können mit dem zweiten Super Bowl-Titel in Serie zur neuen Dynastie in der NFL werden, zu einer Mannschaft, wie sie die Patriots Anfang des Jahrtausends waren. Einmal noch in dieser Saison muss Seattle alles geben. Wir, der 12. Mann werden das Team unterstützen, nach vorne peitschen und im Stadion wie zu Hause vor dem Fernseher eine Atmosphäre kreieren, wie sie sonst nur im CenturyLink Field und in ganz Seattle herrscht.
Most amazing sendoff you could ever imagine! We can feel the connection and we are so grateful! We love you #12s! pic.twitter.com/OqwFdclV57
— Pete Carroll (@PeteCarroll) 25. Januar 2015
What’s next?
Super Bowl XLIX:
Bevor wir etwas tiefer in die Analyse gehen, gibt es hier zunächst alle wichtigen Fakten zum Spiel der Spiele in der Nacht von Sonntag auf Montag.
Austragungsort: University of Phoenix Stadium, Glendale, Arizona
Kickoff: 0:30 Uhr CET
TV: NBC, kommentiert von Al Michaels und Cris Collinsworth. Michele Tafoya recherchiert am Spielfeldrand. In Deutschland ist das Spiel über SAT.1, Sport1US im ran.de-Stream und den NFL GamePass zu empfangen. In Österreich zeigt Puls 4 die Partie, in der Schweiz kann man Channel 4 UK (Free-TV mit Originalton) teilweise im Kabel empfangen, zusätzlich ist Channel 4 UK auch im Westen Deutschlands über Satellit zu empfangen (ASTRA 28,2°Ost).
Schiedsrichter: Bill Vinovich (Seahawks gewannen alle fünf von ihm geleiteten Spiele)
Showauftritte: Nationalhymne – Idina Menzel, America the Beautiful – John Legend, Halftime Show – Katy Perry und Lenny Kravitz
Coin Toss: (Statistik)
Matchups:
Kommen wir nun zu den Duellen, die die 49. Ausgabe des Super Bowl entscheiden werden.
Patriots-QB Tom Brady vs. Seahawks-Defense
Quarterback Tom Brady wirft selten tiefe Pässe. Das ist nicht das Spiel der Patriots. Wenn Wide Receiver Julian Edelman mit kurzen Pässen bedient und Tight End Rob Gronkowski in der Nahtstelle angespielt wird, kommt New England ins Rollen und lässt sich auch von der besten Defense der Liga nicht aufhalten. Schaffen es die Seahawks-Defensive Backs (Nickelback Jeremy Lane gegen Edelman, Kam Chancellor gegen Gronkowski) mit Hilfe der Linebacker und auch Linemen (wie vor einem Jahr gegen die Denver Broncos), diese Kurzpässe zu eliminieren, zwingen sie Brady in eine ihm ungeliebte Situation: Er muss tiefe Bälle werfen – gefundenes Fressen für die Legion of Boom.
Ob Tom Brady es vermeidet, nach rechts zu werfen, wo Cornerback Richard Sherman in 99 Prozent der Fällen wartet, wissen wir erst am frühen Montagmorgen. Bei 17 Passversuchen auf die rechte Seite haben die Gegner der Seahawks in dieser Postseason nur sechs Completions und einen Touchdown erzielt. Drei Mal fing Seattle den Ball ab (zwei Picks von Sheman). Von den sechs vollständigen Pässen flogen vier innerhalb der ersten fünf Yards von der Line of Scrimmage. Fliegt der Ball nicht nach rechts, kommen 68 Prozent der Pässe (2 TD, 1 Interception) an. Im Duell in der Saison 2012 brachte Brady nach rechts drei von zehn Pässen (1 TD, 1 Interception an den Mann. Damals vermied er es nicht, Sherman zu attackieren.
Carroll says Gronkowski will be a huge key in Sunday’s game that he can „control the game“ if the Seahawks don’t do a good job on him.
— Bob Condotta (@bcondotta) 26. Januar 2015
Patriots-TE Rob Gronkowski vs. Seahawks-SS Kam Chancellor
Sports Illustrated sagt, Strong Safety Kam Chancellor ist der wichtigste Mann im Seahawks-Spiel am Sonntag. Das Sportmagazin behauptet auch, er hätte im letzten Super Bowl der MVP werden sollen. Am Sonntag hat er eine neue Chance, diesen Titel zu holen. Ohne Zweifel, es braucht eine MVP-Performance, denn Chancellor ist der primäre Gegner von Patriots-Koloss Rob Gronkowski und wird ihn wohl in Zonen- und Manndeckung verteidigen – ein großartiges Matchup. So machte es der Strong Safety auch im NFC Title Game gegen Andrew Quarless und Richard Rodgers (auch wenn sie „wide“ standen). Der Unterschied: Gronk ist der deutlich bessere Ballfänger. Wo werfen die Patriots hin, falls sie nicht nach rechts werfen? Natürlich zu Gronkowski (82 Receptions, 1.124 Yards, 12 TD), wo auch immer der sich aufbauen wird. Der Tight End war der führende Receiver von New England in dieser Saison und hat in den vergangenen fünf Partien einen Touchdown erzielt. Da macht es die Situation nicht einfacher, dass die Seahawks gegen Tight Ends in dieser Spielzeit Probleme hatten. Seattle kassierte in der Regular Season elf Touchdowns gegen die gut gebauten Receiver, am drittmeisten in der NFL. Die Passverteidigung gegen Wide Receiver oder Running Backs ist sensationell (Platz eins im QBR), die gegen Tight Ends nur Mittelmaß (Platz 22): TE: 11 TD – 3 INT, WR: 8 TD – 13 INT, RB: 1 TD – 1 INT
Patriots-Head Coach Bill Belichick vs. Seahawks-Head Coach Pete Carroll
Zwei unterschiedliche Typen, die in der NFL sehr erfolgreich sind mit ihren Methoden: Bill Belichick wirkt in der Öffentlichkeit wie der harte Trainer, der sich Respekt verschafft und mit den Bad Boys zurechtkommt, überhaupt keine Emotionen zeigt, über seiner Taktik grübelt anstatt zu reden und über Jahre hinweg ein konstant gutes Team aufs Feld gestellt hat. Pete Carroll (Seahawks) ist locker drauf, zeigt Emotionen und jubelt am Seitenrand, motiviert seine Spieler permanent, lässt ihnen eine lange Leine abseits des Feldes, verbiegt ihre Charakterköpfe nicht und hat in den letzten vier Jahren zusammen mit General Manager John Schneider ein sensationell gutes Team gebaut. Belichick überraschte die Gegner in den vergangenen Wochen mit ein paar Tricks. Er hatte das Regelwerk wohl besonders gut studiert und Wissenslücken beim Kontrahenten offengelegt, weil dieser darauf taktisch nicht vorbereitet war: Nur vier O-Liner, dazu ein fünfter als (plötzlich) verkappter Receiver und ein echter Receiver, der dann keinen Pass fangen darf. Das ist die Kurzversion. Den gegnerischen Verteidigern standen zuletzt die Fragezeichen in die Gesichter geschrieben. Carroll und die Seahawks werden darauf vorbereitet sein. Weil er eine Defense gebaut hat, die hochtalentiert ist und nicht in Aktionismus verfallen wird. Die Mischung aus Zonen- und Mannverteidigung im Cover 3-Look kann es mit allen Formationen aufnehmen. Manchmal kann man Situationen nicht vermeiden und muss daher lernen, darauf zu reagieren, sobald sie sich entfaltet. Manchmal muss man einen Catch zulassen und sich auf die Verhinderung von Raumgewinn konzentrieren. Die Geschwindigkeit der Seahawks-Verteidiger macht in diesem Fall zuversichtlich. Wir sind gespannt, was die beiden Taktikfüchse diesmal ausgeheckt haben und lassen es uns dennoch nicht nehmen, das Matchup auf zwei banale Aspekte zu reduzieren, auch weil es sich reimt: Belicheat vs. Re-Pete.
Patriots-Defense vs. Seahawks-Passspiel
Die Seahawks-Receiver hatten es gegen die Green Bay Packers verdammt schwer, freie Räume zu erreichen und sich von ihren Gegenspielern zu separieren. Quarterback Russell Wilson kam damit bis Ende des 4. Quarters nicht zurecht. Tatsache ist, im Super Bowl warten noch bessere Manndecker als im Halbfinale. Darrelle Revis wird Doug Baldwin den ganzen Abend lang begleiten, Jermaine Kearse wird sich mit Brandon Browner duellieren, Devin McCourty bewacht wohl abwechselnd mit Patrick Chung Tight End Luke Willson. Viel Raum für Experimente bieten diese Matchups nicht, jeder Fehler wird bestraft. Der Ruf als nur mittelmäßige Receiver begleitet die Seahawks-Passfänger schon länger. Das ärgert sie, treibt sie an, motiviert sie immer wieder und könnte den Unterschied machen. Wide Receiver Jermaine Kearse fing gegen die Packers vier Bälle nicht (was nicht jedes Mal seine Schuld war), alle vier schnappte sich der Gegner. Doch beim fünften war er zur Stelle – der war spielentscheidend.
Patriots-CBs vs. Seahawks-CBs
Ein Spiel wie gemacht für Cornerback-Fans. Die Seahawks haben mit Führungsspieler Richard Sherman und dem grundsoliden baldigen Free Agent Byron Maxwell die beste Secondary der Liga, die Patriots haben sich in der Offseason mit Shutdown-Corner Darrelle Revis und Brandon Browner, dem ehemaligen Seahawks, optimal verstärkt Quarterbacks werfen nicht gerne in Richtung Revis und Sherman. Für Maxwell und Browner könnte das Überstunden bedeuten, die beide dann an ihre Grenzen bringen können. Das ist für Browner problematischer als für Maxwell, denn der New England-Cornerback verursachte in dieser Saison 16 Strafen. Aber nun zum Highlight-Duell, weil es Spaß macht. Revis Island gegen Sherman Amusement Park. All-Pro gegen All-Pro. Konventionell gegen unorthodox. Zwei der Besten ihrer Art. Wer aktuell der Top-Cornerback in der NFL ist – darüber streiten sich die Experten schon seit Jahren. Für die Spieler selbst hat die Diskussion scheinbar an Reiz verloren:
„I don’t really answer preschool questions. So, you improve your line of questioning and then we’ll talk.“ (Richard Sherman)
„He plays it more conventional, is what people would say, and mine’s a little more unorthodox. Which means it’s just more difficult to replicate what I do on the football field. So everyone is going to make comparisons, but it’s just two different styles to compare. I play my way, he plays his way. And both of them are effective.“ (Richard Sherman über Darrelle Revis)
Revis said he didn’t know what Sherman meant when he called him unorthodox but doesn’t seem willing to get in a back and forth.
— Jayson Jenks (@JaysonJenks) 27. Januar 2015
Deion Sanders just asked Revis who the best corner in the game was. The answer: „You are.“
— Jayson Jenks (@JaysonJenks) 27. Januar 2015
Wer ist aktuell der beste Cornerback in der NFL? Diese Frage stellt sich am Wochenende also nur den Fans und Experten. Möge der Super Bowl XLIX neue Erkenntnisse bieten!
Patriots-RB LeGarette Blount vs. Seahawks-RB Marshawn Lynch
Die Frage nach dem Stellenwert des Laufspiels ist bei den Seahawks einfacher zu beantworten als bei den Packers. In Seattle trägt Running Back Marshawn Lynch das Team oft auf seinem Rücken zum Sieg, das Running Game ist von enormer Wichtigkeit. In New England hingegen kann es passieren, dass man eine Halbzeit lang überhaupt nichts vom Laufspiel sieht, wie in der Division Round geschehen. Dann wieder laufen die Patriots 40 Mal und erzielen so drei Touchdowns durch LeGarette Blount. New England ändert seine Strategie von Woche zu Woche, mal mehr mal weniger, wobei es zuletzt sehr deutlich zu erkennen war. Niemand außer dem Team selbst weiß aktuell, wie der Plan für den Super Bowl aussieht. Fest steht aber, Blount ist ein ähnlich physischer Running Back wie Marshawn Lynch. Die Seahawks sind zwar in der Box besser aufgestellt als die Colts, doch Blounts wütende Läufe zu stoppen ist fast so schwer wie ein Beast Quake zu verhindern. Der einzige Weg, Seattle zu schlagen, ist ein effektives Laufspiel. In allen vier Niederlagen der Seahawks in dieser Saison trugen die Gegner den Ball mindestens 27 Mal und hatten über 100 Yards Rushing. Die Packers waren vor knapp zwei Wochen auf dem besten Weg, genau so das Spiel zu gewinnen… Viele Experten sagen, auch Seattles einzige Chance ist das Running Game. Marshawn Lynch ist zur Stelle, wenn er gebraucht wird. Die Linebacker-Blitze der Patriots sind riskant, sie können Lynch stoppen oder ihm aber extrem viel Platz durch die Mitte gewähren, falls sie nicht funktionieren. Auch die Read-Option ist ein Mittel, um New England in Bedrängnis zu bringen. Entweder Lynch trampelt von dannen oder aber Russell Wilson düst ab.
Patriots-Laufverteidigung vs. Seahawks-QB Russell Wilson
Und damit wären wir beim zweiten Running Back in der Seahawks-Formation. Die Beine von Russell Wilson, die Mobilität des Seahawks-Spielmachers sind ein riesiger Faktor für die Titelverteidigung. Wenn sich gegen die starke Passverteidigung der Patriots keine Anspielstationen ergeben, muss Wilson improvisieren. Und im Gegensatz zu vielen anderen Quarterbacks hat er einen Plan, wenn er die Pocket verlässt. Vor allem, wenn das Spiel in die entscheidende Phase geht, läuft Wilson viel. 17,4 Prozent seiner Laufversuche und 23,4 Prozent seiner Rushing Yards kamen im 4. Quarter oder in der Overtime zustande, wenn der Punkteabstand bei acht oder niedriger lag. In der Crunch Time ist der RW nochmals gefährlicher. Die Patriots sollten darauf vorbereitet sein, wenn Wilson wieder einmal wild (nur vermeintlich) über das Feld rennt. Sie werden wohl einen Mann aus der Mitte auf den Quarterback abstellen. In Frage kommen die Linebacker Dont’a Hightower und Jamie Collins. Dass sie Wilson stoppen, wenn er die Füße in die Hand nimmt, ist damit aber noch lange nicht garantiert. Und in der Tiefe des Felds sind Jermaine Kearse, Doug Baldwin und die anderen Seahawks-Receiver ebenfalls Meister der Improvisation, gerade mit Baldwin versteht sich Wilson im Gewusel blind.
Injury Report:
Probable
OT Justin Britt (knee)
SS Kam Chancellor (knee)
RB Marshawn Lynch (back)
CB Richard Sherman (elbow)
OG J.R. Sweezy (ankle)
FS Earl Thomas (shoulder)
Bei den Seahawks sind alle 53 Spieler im Training, jedoch verletzte sich Kam Chancellor am Freitag bei der Übungseinheit. Sein Einsatz ist aber wohl nicht gefährdet. Richard Sherman, J.R. Sweezy und Earl Thomas, die sich im NFC Championship Game verletzten, sind einsatzbereit. Justin Britt kann nach dem Aussetzen im Packers-Spiel wieder durchstarten. Marshawn Lynchs Rückenprobleme sind wie immer nur eine Formalie. Ähnlich sieht es bei den Patriots aus:
Questionable
C Bryan Stork (knee)
Probable
LB Akeem Ayers (knee)
LB Dont’a Hightower (shoulder)
DT Chris Jones (elbow)
Darrelle Revis (not injury related)
DL Sealver Siliga (foot)
Fünf Spieler nahmen sich im Training noch zurück, Tom Brady ist fit. Sein Center Bryan Stork verpasste das AFC Title Game, sollte aber im Super Bowl wieder dabei sein.
Notizen zum Spiel:
+++ Die Patriots haben nehmen an ihrem achten Super Bowl teil. +++ Der Record der Patriots in den bisherigen sieben Finalspielen: 3-4. +++ Tom Brady ist Rekordhalter für die meisten Siege (20) in den Playoffs. Seine 49 Touchdown-Pässe sind ebenfalls ein Rekord. +++ Linebacker Jamie Collins führt New England mit 119 Tackles an. +++ Die Patriots haben in den letzten sechs Spielen der Regular Season keinen Touchdown in der 2. Halbzeit kassiert. +++ CB Brandon Browner (36 Starts) und DL Alan Branch (31 Starts) spielten zwischen 20011 und 2013 für Seattle. +++ +++ In der Regular Season trafen die zwei Teams bislang 16 Mal aufeinander, beide gewannen je acht Spiele, die Seahawks das letzte im Jahr 2012 (24:23 im CenturyLink Field). +++ In der Postseason treffen die Patriots und Seahawks zum ersten Mal überhaupt aufeinander. +++
No. 1 Seed vs 1-Seed in Super Bowl (since 1990): 2014 NE vs SEA 2013 SEA 43 DEN 8 2009 NO 31 IND 17 1993 DAL 30 BUF 13 1991 WAS 37 BUF 24
— NFL on ESPN (@ESPNNFL) 22. Januar 2015
Auch auf anderen Websites gibt es viele Informationen und Portraits rund um den Super Bowl XLIX. Folgende Links – größtenteils in deutscher Sprache – empfehlen wir Euch:
- Analyse – The MMQB
- Vorschau-Serie – Sideline Reporter
- Super Bowl Preview – Hard Count Podcast
- Super Bowl XLIX Preview – Die Sofa QBs
- Earl Thomas III – Sport1.de
- Marshawn Lynch – spox.com
- Die Legion of Boom – spox.com
- Belichick vs. Carroll – spox.com
- Super Bowl XLIX Preview – bleacherreport
- Videoanalyse – bleacherreport
- Richard Sherman – GoStanford.com