Week 16 oder Heiligabend! So heißt es für die Seattle Seahawks am 24. Dezember, wenn sie auswärts im Nissan Stadium auf die Tennessee Titans treffen. Und dass der Arbeitsausflug nach Nashville wieder von Playoff-Hoffnungen begleitet wird, liegt vor allem am überraschenden Heimsieg gegen die Philadelphia Eagles in Week 15. Angeführt von Backup-QB Drew Lock legten die Männer vom Puget Sound hier im vierten Viertel ein furioses Comeback hin. Dass der Primetime-Held einen Tag vor Weihnachten noch einmal die Zügel der Seahawks-Offense in die Hand nimmt, ist allerdings ausgeschlossen. Denn im Duell mit den Titans ist am Sonntag wieder QB Geno Smith am Zug.
Wer Smith aufseiten der Gastgeber gegenüberstehen wird, steht bislang nicht fest. Rookie-QB Will Levis zeigte in den vergangenen Wochen immer wieder gute Ansätze als künftiger Spielmacher der Titans. Allerdings befindet er sich vor Week 16 noch im Concussion Protocol, was wiederum den Weg für QB Ryan Tannehill freimachen würde. Dieser lieferte in den ersten Wochen der NFL-Saison 2023 zwar immer wieder unterirdische Leistungen für das Team von Head Coach Mike Vrabel ab, doch gerade gegen die Seahawks sah Tannehill in der Vergangenheit immer hervorragend aus. Auf welche Matchups es im Spiel am Heiligen Abend genau ankommen wird, verraten wir euch in der folgenden Preview:
Das Spiel:
- Kickoff: Sonntag, 24. Dezember 2023, 19:00 MEZ
- Austragungsort: Nissan Stadium, Nashville, TN (Freiluft, Kunstrasen)
- Wettervorhersage: 18 Grad Celsius, bewölkt
- Schiedsrichter: Shawn Smith
- Empfang: NFL GamePass
- Wettprognose: Seahawks -3 (Favoriten)
- Hashtag: #SEAvsTEN
Der Injury Report:
Relativ zahm. So oder so ähnlich könnte man den Injury Report der Seattle Seahawks vor Week 16 beschreiben. Denn für das Spiel gegen die Titans fallen „nur“ drei Spieler definitiv aus: S Jamal Adams (Knie), OLB Frank Clark (unbestimmte Erkrankung) und WR D’Wayne Eskridge (Rippen). Fraglich sind auch die Einsätze der CB Devon Witherspoon (Hüfte) und Tre Brown (Ferse) sowie von C Evan Brown (unbestimmte Erkrankung). Auch RB Ken Walker (Schulter) tauchte am Freitag auf dieser Liste auf, wird aber laut Pete Carroll in Nashville spielen.
Ein Fragezeichen steht auch hinter S Julian Love, der kurz vor Weihnachten zum ersten Mal Vater werden sollte. Bislang hat sein Sohn aber bisher nicht das Licht der Welt erblickt, weshalb er vorerst nicht mit dem Team aus Seattle abreist.
Updated #Seahawks Week 16 injury report with Friday practice participation: pic.twitter.com/SsGKtXKIgX
— John Boyle (@johnpboyle) December 22, 2023
Die Verletzungsmisere der Titans vor dem Duell mit den Seahawks ist dagegen mehr als beunruhigend. Tennessee muss nämlich auf mindestens fünf Stammspieler verzichten! Denn mit den S‘ K’Von Wallace (Quadrizeps) und Amani Hooker (Knie), CB Sean Murphy-Bunting (Hüfte), DT Jeffery Simmons (Knie) sowie LB Jack Gibbens (Rücken) fallen die Starter auf der Safety-Position, auf Cornerback, in der D-Line und auf Linebacker allesamt aus. Ebenfalls nicht dabei sind WR Kyle Philips und LB Luke Gifford (beide Oberschenkel). Und wie bereits erwähnt, steht der Start von QB Will Levis (Gehirnerschütterung) vorerst noch in den Sternen.
Die Matchups:
Seahawks-RB Ken Walker vs. Titans-Rush Defense: Wie wichtig ein funktionierendes Laufspiel sein kann, haben die Seahawks vor Week 16 im Heimspiel gegen Philly gezeigt. Zum ersten Mal seit vier Wochen erzielte Seattle wieder 100 Yards und gewann das Spiel. Einen großen Anteil an diesem Erfolg hatte natürlich Ken Walker. Insgesamt sackte K9 bei 19 Laufversuchen 86 Rushing Yards und einen Touchdown, was 4,5 Yards pro Lauf entspricht. Was auf den ersten Blick in Zahlen nicht sonderlich beeindruckend klingt, wird jedoch durch die Erfolgsquote der Läufe unterstrichen. Diese lag gegen die nominell starke Front Seven der Eagles bei 54 Prozent. Der beste Wert in Walkers Karriere, nachdem er in seiner Rookie-Saison in dieser Metrik sogar das Schlusslicht aller Starting-RBs war!
Dass K9 gegen Tennessee eine ähnliche Leistung abrufen kann, ist angesichts der Umstände bei den Titans nicht unwahrscheinlich. Zum einen muss die Rush Defense der Gastgeber mit DT Jeffery Simmons in der D-Line und LB Jack Gibbens auf der Secondary auf zwei Starter verzichten. Zum anderen durfte Backup-RB Devin Singletary in Week 15 für die Houston Texans gegen die Titans-Defense völlig frei aufspielen, als er insgesamt 121 Yards oder 4,7 Yards pro Lauf erzielte.
Seahawks-QBs vs. Titans-Secondary: In Week 15 war es QB Drew Lock, der die Seahawks im vierten Viertel zum Sieg führte. Entgegen den Erwartungen vieler 12s schlug sich der Spielmacher gegen das Topteam aus Philadelphia äußerst beachtlich und leistete sich keinen einzigen Turnover. Stattdessen kam Lock, der erst wenige Minuten vor dem Kickoff von seinem Start erfuhr, auf 208 Passing Yards, einen Touchdown und ein Passer Rating von 94. Gegen die Titans in Week 16 darf allerdings wieder QB Geno Smith ran, der nach einer Leistenverletzung wieder voll einsatzfähig ist und das Vertrauen von Pete Carroll und seinem Coaching Staff genießt.
In Tennessee trifft Smith, der in dieser Saison immer wieder durch fragwürdige Entscheidungen und daraus resultierende Interceptions auffiel, auf eine eigentlich gut aufgelegte Secondary der Gastgeber. Im Duell mit den Houston Texans ließen die Passverteidiger aus der Music City ihren Backup-QB Case Keenum wie einen solchen Ersatz aussehen. Am Ende warf er nur einen Touchdown-Pass, warf einen Pick 6 und kam auf ein Passer Rating von 79,5. Warum Geno Smith hier erfolgreicher sein sollte? Nun, der Injury Report der Titans (siehe oben) dürfte hier viele Antworten liefern.
Seahawks-Pass Rush vs. Titans-Offensive Line: Kein einziger Sack. Das war die Pass Rush-Bilanz von Seattles QB-Jägern gegen die Eagles. Gut, Philadelphia hat eine der besten O-Lines der NFL, dann kann da mal passieren. In Week 16 in Nashville könnten OLB Boye Mafe und Co. den Titans hingegen aber sprichwörtlich erneut auf den „Sack“ gehen.
Denn im Gegensatz zu Philly ist Tennesse nicht besonders gut darin, den eigenen Quarterback zu schützen. So konnten die Houston Texans um Rookie-DE Will Anderson in Week 15 mit der gegnerischen O-Line, die mit OG Peter Skoronski ebenfalls einen First-Round-Pick aus dem NFL-Draft 2023 hat, machen, was sie wollten. Am Ende schlug der Pass Rush der Texaner nämlich siebenmal bei Will Levis für einen Sack ein und zudem es gab elf weitere QB-Hits.
Der X-Faktor: Levis oder Tannehill?
Die 12s wissen es nur zu gut: Gegen QBs, die schon seit Jahren in der NFL spielen, gegen die meisten Teams aber trotz ihrer Erfahrung oft nur mittelmäßige oder gar schlechte Leistungen zeigen, blühen sie in den Duellen mit den Seahawks regelmäßig auf. Dazu gehören Andy Dalton, Derek Carr oder auch ein gewisser Ryan Tannehill. Gegen Rookie-QBs hingegen schlägt sich Seattles Defense statistisch gesehen meist sehr souverän und nutzt deren Unerfahrenheit aus. Und wie es das Schicksal so will, ist Will Levis 2023 eben ein Rookie in der NFL. Heißt: Ob Tannehill oder Levis spielt, hängt am Ende wohl maßgeblich vom Spielausgang für die Seahawks in Week 16 ab.
- Spieler des Spiels: Tyler Lockett – Seattles Nr. 16 zeigte in den vergangenen Wochen mit einigen fallen gelassenen Bällen und anderen für ihn ungewohnten Fehlern, dass er im Depth Chart der Seahawks offensichtlich nur noch der dritte Wide Receiver ist. Dass sich die gegnerischen Defenses dadurch im Passspiel auf DK und JSN konzentrieren, nutzt Lockett in Week 16 gegen die Tennessee Titans und fängt zwei Touchdowns und über 100 Yards.
- Statistik des Spiels: 182 Yards und drei Touchdowns. Das war die Bilanz von Titans-RB Derrick Henry beim letzten Aufeinandertreffen zwischen Seattle und Tennessee am 19. September 2021. Für alle Fans und die Seahawks selbst bleibt nun in Week 16 zu hoffen, dass „King Henry“ weiterhin wenig königlich bleibt. Denn am vergangenen Sonntag erzielte er gegen Houtson in 16 Versuchen nur neun Yards (0,6 Yards pro Lauf).
- Anekdote des Spiels: Wir befinden uns in Week 16 der NFL-Saison 2023, aber das letzte Mal, dass ein Footballspiel zwischen Tennessee und Seattle mit mehr als einem Touchdown (also sieben Punkten) Unterschied endete, war, als die Titans noch Houston Oilers hießen! So verloren die Seahawks vor mehr als 30 Jahren – am 7. November 1993 – in Texas mit 14:24.
Der Hype-Faktor: Pete „Motherf***ing“ Carroll
Ja, gegen die Eagles hat Pete Carroll allen 12s mal wieder gezeigt, warum wir diesen Mann Woche für Woche verfluchen. Clockmanagment, Timeouts und Challenge-Flags sind oder besser gesagt waren nie sein Ding. Immerhin geht Seattles Head Coach im Jahr 2023 deutlich öfter bei 4th Down dafür, aber das ist hier nicht der Punkt.
Worauf wir hinauswollen, ist die Tatsache, dass dieser Mann mittlerweile 72 Jahre alt ist. Oder besser gesagt: 72 Jahre jung ist. Denn in einem Alter, in dem die meisten Menschen zumindest in Deutschland bereits in Rente sind, lebt, atmet und schwitzt Peter Clay Carroll als ältester Head Coach der NFL immer noch Football pur! Und das wird er auch in Week 16 in Nashville wieder an der Seitenlinie beweisen.
An all-time @PeteCarroll locker room speech, for sure.#GoHawks x @QNTMFiber pic.twitter.com/dm9z92joxo
— Seattle Seahawks (@Seahawks) December 19, 2023
Das Fazit:
Nach dem Sieg gegen die Eagles, aus dem die Seahawks viel Positives mitnehmen konnten, kommt es nun zum Duell mit den Titans. Diese sind im Gegensatz zu Philadelphia kein Topteam, sondern eine Mannschaft, die seit dem letzten Spieltag nicht mehr in die Playoffs einziehen kann. Somit haben die Mannen aus Nashville nicht nur nichts mehr zu verlieren, außer einer besseren Draft-Position. Nein, sie sind auch auf wichtigen Positionen im Speziellen und im Allgemeinen extrem verletzungsgeplagt.
Und genau gegen solche Gegner hat sich Seattle in den letzten Jahren immer wieder schwer getan. Kein Wunder also, dass Week 16 nun auch ein „Trap Game“ ist. Eine Niederlage dürfte in Week 16 nicht überraschen, ein Arbeitssieg ist aber deutlich wahrscheinlicher und so wird es am Ende wohl auch kommen.
Prognose: Die Seattle Seahawks gewinnen in Week 16 bei den Tennessee Titans mit 22:14.