Preview: Regular Season 2019 (Week 11) – Bye Week & Restprogramm

Seahawks-Receiver (Foto: imago)

Und: 3, 2, 1… durchatmen. Nach dem zweiten Sieg in einem Overtime-Thriller in Folge haben sich die Seattle Seahawks nämlich genau das redlich verdient. Es war ein Spiel gegen die San Francisco 49ers, das Quarterback Russell Wilson im Anschluss als das verrückteste seiner Karriere bezeichnete, und in dem Seattle und San Francisco mit ihren Drives in der Verlängerung Schläge austauschten wie zwei Schwergewichtsboxer in Runde 12, bevor ausgerechnet Hawks-Kicker Jason Myers mit seinem rechten Fuß den Knockout gegen die bis dahin ungeschlagene Truppe von Kyle Shanahan setzte.

Nun steht also die Bye Week an, in der es für das Team von Head Coach Pete Carroll darum geht – gerade im Fall von Wide Reciever Tyler Lockett – gesund zu werden, sich zu erholen und die richtigen Lehren aus den 70 Minuten gegen den Divisions-Rivalen zu ziehen. Denn in zwei Wochen geht das Hammerprogramm für die Hawks schon in Philadelphia weiter. In einem weiteren Auswärtsspiel geht es im Rennen um die Playoffs gegen die Philadelphia Eagles, bevor die letzten zwei Primetime-Spiele der Regular Season anstehen. Und das ist bei weitem noch nicht alles, wie der Ausblick auf das Restprogramm der Regular Season zeigt.

Week 12: @ Philadelphia Eagles (Lincoln Financial Field) – 24. November 2019, 19 Uhr MEZ

Nach der Bye-Week sollten die Seahawks wieder Energie für das letzte Saisondrittel getankt haben. Und genau die brauchen sie in Woche 12 auch, wenn es wieder einmal quer durchs Land zum Gastspiel in die „City of Brotherly Love“ geht. Auch diese Aufgabe ist alles andere als einfach, denn die Philadelphia Eagles kämpfen mit den Dallas Cowboys um die Vorherrschaft in der NFC East, gleichbedeutend mit einem sicheren Platz in der Postseason. Im Spiel, vor einer ähnlich lauten Kulisse wie im heimischen CenturyLink Field, sollte Offensive Coordinator Brian Schottenheimer seinen besten Mitarbeiter von der Kette lassen. Schon mit Beginn der Saison wurde die Secondary der Eagles nämlich von Verletzungen dezimiert. Das Ergebnis: Der Blick auf 239,0 zugelassene Passing-Yards pro Spiel (Rang 16 in der NFL) dürfte Russell Wilson ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Das ist auch dringend nötig, denn im Gegensatz zu den Cornerbacks und Safetys ist die Front Seven um Pro-Bowl-Defensive-Tackle Fletcher Cox eine echte Monster-Einheit. Gerade einmal 87,3 Rushing-Yards lässt der Super-Bowl-Sieger von 2018 zu und knackt damit ligaweit die Top Fünf.

Quarterback Carson Wentz und die Offense sind zwar nicht so dynamisch wie in den vergangenen Jahren. Mit 24,9 Punkte pro Spiel und 347,0 Gesamt-Yards liegen die Eagles statistisch gesehen im NFL-Mittelfeld. Trotzdem ist die Receiver-Positionsgruppe um Alshon Jeffery und Tight End Zach Ertz auch ohne den verletzten DeSean Jackson immer für Big Plays gut. Für die Hawks-Cornerbacks Shaquill Griffin und Tre Flowers bedeutet das wieder eine Menge Arbeit, die ihnen die D-Line erleichtern könnte, wenn sie, wie gegen die Niners, Druck auf Carson Wentz ausüben kann. Sollte der Quarterback nämlich sicher in der Pocket stehen, dann macht er sehr wenige Fehler. 15 Touchdown-Pässe stehen im Jahr 2019 nur vier Interceptions gegenüber.

Week 13: vs. Minnesota Vikings (CenturyLink Field) – 3. Dezember 2019, 2.15 Uhr MEZ

Nach einem Spiel im fremden Stadion heißt es gegen die Minnesota Vikings wieder „Home Sweet Home“. Der nächste Auftritt vor den 12s steht dabei unter guten Vorzeichen. Denn die vergangenen Duelle haben allesamt die Seahawks gewonnen, inklusive des legendären „Eisgipfels“ in der Wild-Card Round 2016 in Minneapolis. Dazu hat das Team von Head Coach Mike Zimmer ein echtes Freiluftproblem. Gegen Teams mit einer positiven Bilanz liest sich die Statistik der Vikings bei Spielen unter freiem Himmel katastrophal. In den vergangenen drei Spielzeiten haben die Vikings in Stadien wie dem CenturyLink Field kein Spiel gewonnen, 13 Niederlagen kassiert und einmal Unentschieden gespielt. Bei einem Kader, der in allen drei Mannschaftsteilen unfassbar stark besetzt ist, ist das extrem ungewöhnlich.

Besonders das Duell der Seahawks-Offense gegen die Vikings-Defense dürfte unter Flutlicht im Fokus stehen. In allen vier wichtigen Bereichen (Punkte zugelassen, Gesamt-Yards zugelassen, Passing-Yards zugelassen und Rushing-Yards zugelassen) liegt Minnesota ligaweit in den Top Ten. Gerade der Pass Rush um Danielle Hunter (8,5 Sacks) und Everson Griffen (6 Sacks) sorgt bei gegnerischen Offensive Linemen für Kopfschmerzen. Hier gilt es für die Coaches der Seahawks, Lösungen parat zu haben, damit Russell Wilson aufrecht bleibt und die Running Backs Chris Carson und Rashaad Penny Lücken an der Line of Scrimmage finden.

Und genau das gilt es auf der anderen Seite zu verhindern. Denn trotz der soliden Laufverteidigung (Rang 11 in der NFL) hatten die Seahawks in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme Rushing-Champions wie Todd Gurley und Zeke Elliott und deren Blocker unter Kontrolle zu halten. Ähnlich schwer dürfte die Aufgabe gegen das Laufspiel der Vikings werden, an dessen Spitze mit Dalvin Cook der aktuelle Rushing-Leader (991 Yards und 10 Touchdowns) der Liga steht. Dazu hat Kirk Cousins nur selten Probleme, Bälle durch die Luft anzubringen. Wenn der Ball das Feld runterfliegt, dann stehen hier mit Stefon Diggs (759 Yards) und Adam Thielen (6 Touchdowns) echte Waffen für den Quarterback bereit.

Week 14: @ Los Angeles Rams (LA Memorial Coliseum) – 9. Dezember 2019, 2.20 Uhr MEZ

In den vergangenen Jahren waren die Los Angeles Rams das Nonplusultra in der NFC West. Entsprechend waren die Duelle mit den Hawks vor allem eines nicht: langweilig. Vom Blowout in Seattle über einen Low-Scoring-Sieg in LA bis hin zu knappen Shootouts in beiden Stadien, war für beide Teams alles drin. In der zweiten Begegnung der Rivalen in dieser Saison kann in Kalifornien also auch diesmal wieder alles passieren. Obwohl die 49ers und die Seahawks den Rams 2019 scheinbar den Rang in der Division abgelaufen haben, ist dem Team von Head Coach Sean McVay mit seinen innovativen sowie überraschenden Spielzügen gerade in der Offense alles zuzutrauen. Wenn Quarterback Jared Goff und sein Receiver-Trio Kupp/Woods/Cooks trotz einer ersatzgeschwächten O-Line klicken und dazu noch Todd Gurley fit ist, dann dürfte es für die Seahawks-Defense ein extrem langer, arbeitsreicher Tag werden. Sollte dem nicht so sein, dann stottert der Rams-Motor wie am Wochenende gegen die Steelers gewaltig.

Doch auch in diesem Fall ist LA dank einer mit Superstars gespickten Defense nicht abzuschreiben. Auf der einen Seite kommt mit Aaron Donald, unterstützt von Michael Brockers und Dante Fowler Jr., natürlich ein wahres Sack-Monster daher, während Tyler Lockett in Person von Jalen Ramsey, dem neuen Superstar-Cornerback der Rams, einen Schatten und Trash-Talk-Meister „an seiner Seite“ hat.

Week 15: @ Carolina Panthers (Bank of America Stadium) – 15. Dezember 2019, 19 Uhr MEZ

Obwohl die Carolina Panthers in der NFC South spielen, waren die Seahawks in den vergangenen Saisons regelmäßig zu Gast in Charlotte – egal ob in der Regular Season oder in den Playoffs. Entsprechend gut kennen sich die Teams. Die einzige Unbekannte könnte beim diesjährigen Aufeinandertreffen der gegnerische Quarterback sein. Auf dieser Position hat in Carolina 2019 nämlich Kyle Allen dem verletzten Ex-MVP Cam Newton den Rang abgelaufen. Ein Tausch, der sich in den ersten Partien mit dem neuen Spielmacher am Ruder absolut bewährt hat. Die Bilanz von 5-0 spricht für sich. Doch dann kam das Gastspiel in San Francisco, wo die Panthers bei der 13:51-Niederlage Schiffbruch erlitten und Allen keinen Touchdown, dafür aber drei Interceptions warf.

Trotzdem dürften die Playoffs für das Team von Ron Rivera Mitte Dezember, drei Spieltage vor dem Ende der Regular Season, noch durchaus in Reichweite sein. Garant dafür ist anders als in den vergangenen Jahren eben nicht Newton, sondern Christian McCaffrey. Neben Russell Wilson, Deshaun Watson und Lamar Jackson ist der Running Back der einzige Nicht-Quarterback im MVP-Rennen. Dabei muss die Verteidigung der Seahawks, die durch die Base-Formation mit drei Linebackern gerade gegen den Lauf funktionieren sollte, extrem auf der Hut sein. Denn durch das Konzept gehen in Seattles Defense zwischen der Front Seven und der Secondary immer wieder große Lücken auf. Und genau die nutzt als Passempfänger aktuell kein Spieler so gut wie McCaffrey. So hat der Stanford-Absolvent in dieser Saison nicht nur 989 Rushing-Yards und elf Lauf-Touchdowns auf dem Konto, sondern auch noch 396 Receiving-Yards und drei gefangene Touchdown-Pässe. Um den Radius von Carolinas MVP-Kandidat einzuschränken, brauchen die Seahawks gerade einen Spieler in Topform: Bobby Wagner. Während er den Running Back unter Kontrolle halten soll, dürften auf der anderen Seite Wagners All-Pro-Middle-Linebacker-Kollege Luke Kuechly sowie der Rest der Panthers-Defense mal wieder ein Auge auf Houdini-Wilson werfen.

Week 16: vs. Arizona Cardinals (CenturyLink Field) – 22. Dezember 2019, 22.25 Uhr MEZ

Auf dem Papier sind die Arizona Cardinals der leichteste Gegner für Seattle in den letzten sieben Saisonspielen. Wäre da nicht Arizonas Auswärtsnimbus im CenturyLink Field. Denn immer, wenn der Divisions-Rivale in den Bundesstaat Washington reist, scheint es, als gehe das Selbstvertrauen im Team von Neu-Head Coach Kliff Kingsbury durch die Decke. Entsprechend schwer dürfte Nummer-eins-Pick Kyler Murray, einer der mobilsten Quarterbacks der NFL, der Seahawks-Defense das Leben machen – genau wie Lamar Jackson und die Ravens es getan haben. Dazu dürfte Bald-Hall-of-Famer Larry Fitzgerald einen obligatorischen Touchdown fangen, während die Defense der Cardinals um Chandler Jones und Terrell Suggs Russell Wilson mehrfach auf den Hosenboden setzen wird.

Week 17: vs. San Francisco 49ers (CenturyLink Field) – 29. Dezember 2019, 22.25 Uhr MEZ

Wie schon beim Duell in San Francisco gilt es für Seattle im letzten Spiel vor den Playoffs den Ansturm der Monster-Defense der 49ers abzuwehren und Russell Wilson aufrecht und den Rest der offensiven Schlüsselspieler gesund zu halten. Der Grund: Im Angesicht des ebenfalls sehr schweren Restprogramms der Niners, könnte die Partie mit einer ähnlich gut aufgelegten Seahawks-Defense wie in San Francisco zu einem weiteren Thriller werden. Denn es könnte in Sachen Postseason für beide Teams um alles gehen: Von einem möglichen Wild-Card-Spot oder einem verfrühten Saisonende bis hin zur Top-Position in der Conference verbunden mit dem Heimrecht in einem möglichen NFC Championship Game.

Prognose:

Das Restprogramm der Seahawks ist brutal. Doch trotz einer teilweise launigen Defense, die in der Bay Area fantastisch und beispielsweise gegen die Ravens absolut unterdurchschnittlich spielte, wird Seattle nicht einbrechen. Traditionell spielt das Team von Pete Carroll im November und Dezember dank seiner positiven Championship-Einstellung den besten Football. Daher ist es nicht unrealistisch, dass am Ende nach der Bye Week drei Niederlagen (gegen die 49ers, in Los Angeles und in Carolina) drei Siege (gegen die Vikings, in Philadelphia und gegen die Cardinals) gegenüberstehen. Dank Russell Wilson, der sich 2019 seine erste MVP-Trophäe abholen wird, ist davon auszugehen, dass alle Spiele eng werden und die Seahawks sich dadurch kurz vor Neujahr mit einer Bilanz von 11-5 vielleicht sogar noch vor San Francisco direkt als NFC-West-Champion für die Playoffs qualifizieren.