Nach bitterer aber im Endeffekt verdienter Niederlage gegen die Baltimore Ravens geht es für die Seattle Seahawks in Week 8 nach Georgia. Bei den in dieser Saison schwächelnden Atlanta Falcons (1-6) wird das Team aus dem Pacific Northwest eine Trotzreaktion zeigen wollen, um die zweite Heimpleite der Runde abzuhaken. Für einen Sieg müssen sich die Mannen von Head Coach Pete Carroll jedoch deutlich steigern – denn auf dem Papier ist die Heimmannschaft stark besetzt.
Anders als die Bilanz der Falcons es vermuten lässt, ist das Spiel kein Selbstläufer. Quarterback Matt Ryan, Wide Receiver Julio Jones, Wide Receiver Calvin Ridley und Tight End Austin Hooper bilden an guten Tagen eine herausragenden Offense. Auf der anderen Seite aber steht den Seahawks eine erschreckend schwache Defensive gegenüber, die von Head Coach Dan Quinn trainiert wird. Der ehemalige Defensive Coordinator der Seahawks steht in Atlanta nach miserablem Saisonstart massiv unter Druck und dürfte seinen Kopf wohl nur mit einem radikalen Formanstieg seines Teams noch retten können.
Das Spiel:
- Kickoff ist am Sonntagabend aufgrund der Zeitumstellung bereits um 18 Uhr deutscher Zeit.
- Austragungsort ist das Mercedes-Benz Stadium in Atlanta, Georgia (71.000 Plätze).
- Übertragen wird die Partie per NFL GamePass (hier 7 Tage kostenlos testen) sowie bei DAZN und ran im Livestream.
- Schnellcheck: Atlanta Falcons
Injury Report:
Defensive End Quinton Jefferson (Schulter) fehlte die gesamte Woche über im Training und wurde bereits als Ausfall deklariert, genau wie der länger verletzte Safety Lano Hill (Ellbogen). Right Tackle Germain Ifedi (Knie) und Cornerback Tre Flowers (Nacken) tauchten unter der Woche auf dem Practice Report auf, dürften aber einsatzbereit sein. Safety Quandre Diggs (Oberschenkel) wird wohl eher nicht eingesetzt, da er wegen einer noch zu Detroit-Zeiten erlittenen Verletzung kaum trainieren konnte und sich noch mit dem System vertraut machen muss. Fraglich bis kurz vor Kickoff sind derweil Left Tackle Duane Brown (Bizeps), Defensive End Ezekiel Ansah (Sprunggelenk) und Safety Bradley McDougald (Rücken), wobei Ansah dank guter Trainingsanteile die besten Chancen auf Spielzeit hat. Nicht mehr auf dem Injury Report zu finden ist Right Guard D.J. Fluker (Oberschenkel). Welche Auswirkungen diese Personalien auf die Startaufstellung haben könnten, wird in der Matchup-Vorschau im Detail erläutert.
#Seahawks injury report for their Week 8 game at Atlanta. We'll get more details from Pete Carroll following practice: pic.twitter.com/er2sueHP4f
— John Boyle (@johnpboyle) October 25, 2019
Die Matchups:
Seahawks-Secondary vs. Falcons-Passempfänger: Trotz eingangs erwähnter schlechter Bilanz stellen die Falcons die zweitbeste Pass-Offensive der Liga (2.093 Yards). Star-Receiver Julio Jones und der aufstrebende Tight End Austin Hooper sind zusammen für die Hälfte dieser Yards verantwortlich. Insgesamt erzielten die Falcons per Passspiel in dieser Saison 16 Touchdowns, wovon drei Viertel aufs Konto von Jones, Hooper und Calvin Ridley gehen. Die Offense wird durch ihre drei primären Receiver getragen. Die Secondary der Seahawks muss also bemüht sein, möglichst alle drei aus dem Spiel zu nehmen. Laut Pro Football Focus ist Seattle aktuell unteres Mittelfeld was die Deckung gegnerischer Receiver angeht.
Viel wird darauf ankommen, ob Safety Bradley McDougald rechtzeitig fit wird. Er würde in der Coverage eine große Bereicherung sein und seinem Nebenmann – wer auch immer das sein mag, Tedric Thompson oder Marquise Blair – Sicherheit geben. Sollte McDougald nicht spielen können, wäre eine Safety-Konstellation mit Trade-Neuzugang Quandre Diggs (falls fit) denkbar, in der Blair womöglich den Vorzug vor Thompson erhielte. Spielt McDougald, wäre Diggs als Slot-Cornerback eine Option, um die anfällige Base-Defense mit drei Linebackern vom Feld zu nehmen und Schwächen in der Passverteidigung zu beseitigen. Gerade gegen die passlastige Offense der Falcons sollte das Trainerteam rund um Pete Carroll die Nickel-Defense in Betracht ziehen, denn ein zusätzlicher Defensive Back könnte gerade bei der Deckung von Julio Jones entscheidend sein.
Seahawks-Passspiel vs. Falcons-Secondary: Die Falcons-Passverteidigung lässt im Schnitt pro Spiel 274 Yards zu. Mit diesem Wert belegt Atlanta ligaweit Platz 28. Die beiden Safetys Riccardo Allen und Kemal Ishmael können lediglich rund 20 Prozent der Bälle abwehren, die zu Receivern geworfen werden, für die sie zuständig sind. Beide Spieler lassen ein hohes Quarterback-Rating von 129 bzw. 122 (höchstmöglicher Wert ist 158,3) zu. Bei den Cornerbacks sieht es nicht besser aus. Desmond Trufant und Damontae Kazee lassen ebenfalls ein Quaterback-Rating von über 100 zu. Lichtblick in der Secondary ist Rookie Kendall Sheffield. Er ist der einzige Spieler der Positionsgruppe, der beim Quarterback-Rating gegen sich unter 100 bleibt.
Mit Tyler Lockett und DK Metcalf werden die Falcons einiges zu tun bekommen. Die Verbindung zwischen Seahawks-Quarterback Russell Wilson und seinem Nummer-eins-Receiver Lockett wird wie gewohnt funktionieren – davon ist auszugehen. Rookie Metcalf wird in der Tiefe gegen zwei Safetys, die aktuell weit unter ihrem Niveau agieren, Räume finden.
Seahawks-Laufspiel vs. Falcons-Front-Seven: Das liebste Kind der Seahawks: das Laufspiel. Running Back Chris Carson hatte nach drei Spielen in Serie mit über 100 Yards am Boden mal wieder ein Spiel unter der magischen 100-Yards-Marke. Die Falcons sind gegen den Lauf Ligadurchschnitt. 113 Yards schaffen gegnerische Laufspiele im Schnitt gegen Atlanta. Doch der Schein trügt. Gerade über die bei den Seahawks so beliebte Mitte (Inside Runs) wird der Lauf eine Herausforderung. Defensive Tackle Grady Jarrett und Linebacker Deion Jones sind zwei der besten Laufverteidiger der NFL. Wenn das Laufspiel also wieder „etabliert“ werden soll, könnte der Weg über außen die sinnvollere Alternative sein.
X-Faktor Matt Ryans Fitness: Falcons-Quarterback Matt Ryan musste vergangene Woche das Spiel gegen die Los Angeles Rams mit einer Sprunggelenksverletzung vorzeitig verlassen. Falcons-Cheftrainer Dan Quinn beschwichtigte unter der Woche jedoch, er sei zuversichtlich, dass Ryan spielen könne. Am Mittwoch und Donnerstag fehlte Ryan offiziell im Training, am Freitag nahm er teilweise an der Einheit teil, fürs Spiel ist er als fraglich gelistet, eine Entscheidung soll schon am Samstag fallen. [Update: Am Samstag holten die Falcons Backup-Quarterback Danny Etling in den aktiven Kader. Das spricht möglicherweise dafür, dass Ryan nicht spielt.] Sollte Ryan für das Spiel gegen die Seahawks ausfallen, käme Backup Matt Schaub zu seinem ersten NFL-Start seit 2015, damals für die Baltimore Ravens. Schaub gilt als „Turnover-Maschine“, wovon 2013 auch die Seahawks in einem Spiel gegen die Houston Texans profitierten. Seit 2004 spielt Schaub in der NFL und kommt in der Zeit auf ein Quarterback-Rating von 89,2 bei 134 Touchdowns und 90 Interceptions. Sollte Ryan ausfallen, wäre das einen herber Rückschlag für die Offense der Falcons und vermeintlich leichteres Spiel für die Defense der Seahawks. Doch wer Seattle kennt weiß, dass sich das Team oft dem Niveau seiner Gegner anpasst.
Fazit:
Die Seattle Seahawks bekommen es potenziell mit einem starken Passspiel zu tun. Insbesondere auf Julio Jones und Austin Hooper ist dabei zu achten. Auf der anderen Seite des Balls wartet eine Defensive, die weit unter ihren Möglichkeiten spielt. Die Atlanta Falcons könnten ein dankbarer Gegner werden für das Team aus dem Pacific Northwest und seine Offensive. Oder aber sie sind das Team, das beweist, dass mit den Seahawks trotz solidem Saisonstart etwas nicht stimmt.
Prognose: Die Seattle Seahawks gewinnen mit 24:17.