Nach einem erfolgreichen Ausflug nach Santa Clara geht es für die Seahawks nach kurzer Verschnaufspause bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gegen den nächsten Divisionsrivalen aus der NFC West. Im ersten Primetime-Spiel der Saison trifft Seattle im Lumen Field auf die Los Angeles Rams. Ein Duell, dass es in der letzten Saison gleich dreimal gab. Nach den zwei obligatorischen Treffen in der Regular Season stand man sich auch in der Wild-Card Round gegenüber. Es folgte ein bitteres Saisonaus gegen eine überragend aufgelegte Defense rund um die Superstars Aaron Donald und Jalen Ramsey.
Fast zehn Monate nach diesem schmerzlichen Playoff-Aus für die Seahawks kommen Donald, Ramsey und Co. nun wieder nach Seattle. Doch unter etwas anderen Voraussetzungen als noch im Januar. Denn nachdem Jared Goff die Seahawks im Januar noch aus den Playoffs warf, weilt der einstige Nummer-1-Pick mittlerweile nicht mehr in der Stadt der Engel. Neuer Quarterback von Head Coach Sean McVay ist Matthew Stafford. Er kam im Tausch für Goff und zwei Erstrundenpicks und einen Drittrundenpick von den Detroit Lions.
Nach den ersten Wochen sieht es aufseiten der Gäste nun so aus, als hätte sich der Wechsel auf der Position des Spielmachers gelohnt. Die Rams haben einen guten Start hingelegt. Drei Siege, unter anderem gegen die amtierenden Super Bowl-Champions aus Tampa Bay, sorgten für ordentlich Rückenwind. Bis es in Woche 4 eine überraschend deutliche Heimniederlage gegen die Arizona Cardinals setzte. Die Seahawks haben nun nach dem Auswärtssieg in der Bay Area auf der Bühne von Thursday Night Football die Chance die Rams mit einem Heimsieg in der NFC West zu überholen.
Das Spiel:
- Kickoff: Freitag, 2:20 Uhr
- Austragungsort: Lumen Field (Freiluft)
- Wettervorhersage: 13 Grad Celsius, Bewölkt
- Schiedsrichter: Ron Torbert
- Empfang: NFL GamePass, DAZN, Prime Video
- Wettprognose: Seahawks +1.5
- Hashtag: #LARvsSEA
Der Injury Report:
Zum Wochenenanfang war Seattles Injury Report noch voll. Einen Tag vor dem Kickoff gegen die Rams, ist die Liste aber schon wesentlich kürzer geworden. So fällt einzig WR Dee Eskridge (Gehrinerschütterung) definitiv am Donnerstagabend (Ortszeit Seattle) aus. Fraglich sind zudem die Einsätze von RB Chris Carson und LB Benson Mayowa (beide Nacken). Sowohl LB Darell Taylor (Knöchel) als auch DE Carlos Dunlap (Zeh) haben bislang laut Head Coach Pete Carroll keinen Verletzungsstatus, was ein gutes Zeichen für den Pass Rush der Seahawks sein könnte. Dazu lieferte TE Gerald Everett am Mittwoch einen weiteren negative Corona-Test ab. Bis er spielberechtigt ist, muss er am Donnerstag allerdings erneut einen negativen PCR-Test bei der NFL vorlegen.
Aufseiten der Gäste aus LA tauchten in dieser Woche nur vier Spieler auf dem Injury Report auf. Darunter Ex-Husky und S Taylor Rapp, dem eine Fußgelenkverletzung zu schaffen machte, genauso wie die TE Tyler Higbee (Knöchel) und Johnny Mundt (Schulter) sowie RB Darrell Henderson (Rippen). Alle vier sind aber inzwischen wieder fit, was bedeutet, dass die Rams in Seattle mit einem verletzungsfreien 53-Mann-Roster antreten werden.
#Seahawks injury report for their Week 5 game against the Rams: pic.twitter.com/JXnrEh9jaf
— John Boyle (@johnpboyle) October 6, 2021
Die Matchups:
Seahawks-O-Line vs. Rams-Pass Rush:
Spulen wir ein paar Monate zurück in den Januar 2021. Die Seahawks sind gerade gegen die Los Angeles Rams in der Wild-Card Round der Playoffs ausgeschieden. Und der Rams-Pass Rush hatte einen großen Anteil daran. Am Ende wurde QB Russell Wilson fünf Mal gesackt. Die Top-Defense aus LA dominierte die Seahawks-O-Line in allen Belangen. Das führte dazu, dass die Seahawks Offense keinen Rhythmus aufbauen konnte. Die verdiente Niederlage war die Folge. Im Anschluss daran ging Wilson ins US-Fernsehen und beschwerte sich lautstark über die mangelnde Pass Protection. Er forderte dabei nicht nur eine bessere O-Line, sondern auch mehr Mitspracherecht bei wichtigen personellen Entscheidungen für das Team.
Seahawks-WR DK Metcalf vs. Rams-CB Jalen Ramsey:
WR DK Metcalf spricht davon, der beste Wide Receiver aller Zeiten werden zu wollen. Um in dieser Diskussion in der Zukunft ein Wörtchen mitreden zu können, braucht es eine bessere Performance im Duell mit All-Pro CB Jalen Ramsey. Gegen ihn konnte Metcalf in seinen bisherigen vier Spielen noch nicht überzeugen. Das liegt mit Blick auf die drei Duelle der vergangenen Saison zweifelsfrei nicht nur an Seattles Nummer 14, sondern eben auch daran, was an der Line of Scrimmage passiert. Dennoch ist es an der Zeit, dass Metcalf gegen Ramsey besser aussieht als bisher.
In den beiden Regular Season-Spielen im letzten Jahr konnte Metcalf nur 8 Bälle für insgesamt 87 Yards fangen. Doch seinen bisherigen Erfolg gegen Ramsey und die Rams lässt sich am Besten anhand der Statistiken an dem schon öfter zitierten Playoff-Spiel ablesen. Bei 11 Würfen in seine Richtung fing Metcalf schließlich 5 Bälle für 96 Yards und zwei Touchdowns. Der erste TD kam jedoch nach einem wilden Wilson-Scramble, bei dem Ramsey nicht für Metcalf verantwortlich war. Der zweite kam kurz vor Schluss in der Garbage Time. Dominanz sieht also anders aus.
Interessant ist in 2021 die Fangquote von Seattles Wide Receiver. Metcalf fängt auch dieses Jahr nur knapp über 60 Prozent der Pässe, die in seine Richtung geworfen werden. Sein Counterpart, WR Tyler Lockett, hingegen hat eine Fangquote von 80 Prozent. Sichere Hände hat Metcalf zu diesem Zeitpunkt in seiner Karriere nicht. Das hat sich auch am vergangenen Wochenende gegen die 49ers gezeigt. Bei einem langen Ball an der rechten Seitenlinie hatte Metcalf seinen Verteidiger bereits geschlagen, doch der minimal zu kurz geworfene Ball von Wilson rutschte ihm dann durch die Hände.
Solche verpassten Chancen tun gegen Jalen Ramsey noch mehr weh, als gegen viele andere Cornerbacks in der NFL. Doch es scheint, dass DK abgesehen von seinem Drop-Problem langsam aber sicher in dieser Saison angekommen ist. Nach Anfangsschwierigkeiten in Woche 1 und 2 konnte er in den letzten beiden Spielen mit insgesamt 172 Receiving Yards und zwei Touchdowns überzeugen. Vielleicht gibt es das erste dominante Spiel gegen Ramsey dann ja Donnerstagnacht.
Seahawks-Secondary vs. Rams-Wide Receiver:
Es ist und bleibt das Sorgenkind der Seahawks: die Passverteidigung. Sie war einst das Steckenpferd dieses Teams, ist mittlerweile aber zu Seattles größtem Manko geworden. Besonders schlimm war es gegen die Vikings in Woche 3. Die CB Tre Flowers und DJ Reed wurden immer wieder von QB Kirk Cousins attackiert und die beiden Star-WR Justin Jefferson und Adam Thielen konnten machen, was sie wollten. Das Resultat war eine herbe Niederlage für Seattle. Tre Flowers musste nach dieser Performance auf die Bank. Neuer Starter für ihn ist nun CB Sidney Jones. Der Ex-Husky spielt auf der linken Seite, DJ Reed rückt zurück auf die rechte Cornerback-Position, auf der Reed laut Carroll am besten sei. Erste Erfolge waren gegen die 49ers zu verbuchen. Obwohl auch diesmal nicht alles perfekt lief, konnten die 49ers bis kurz vor Schluss bei 13 Punkten gehalten werden. Eine Steigerung also.
Aber ob das für die Rams-Wide Receiver reicht? Neben den altbekannten Gesichtern WR Cooper Kupp und Robert Woods hat QB Matthew Stafford dieses Jahr auch noch den pfeilschnellen WR DeSean Jackson zur Verfügung. Um dagegen zu halten, wird es nicht nur auf die beiden Outside-Corner Jones und Reed ankommen, sondern auch auf CB Ugo Amadi sowie die S Marquise Blair und Ryan Neal. Letzterer kam gegen San Francisco in offensichtlichen Pass-Situationen für LB Jordyn Brooks aufs Feld, um die Passverteidigung zu verstärken. Was gegen die 49ers funktioniert hat, könnten wir nun also auch gegen die Rams des Öfteren zu sehen bekommen.
Der X-Faktor: Russell Wilson
Ja, hier führt leider kein Weg vorbei am Quarterback der Seahawks. Wilsons Performance entscheidet über Sieg und Niederlage. Kann er durch seine Fähigkeit das Play zu verlängern glänzen oder wird er bei diesen Versuchen von Donald und Co gesackt? Es ist definitiv keine leichte Aufgabe für den Quarterback und dennoch wird er daran gemessen werden, ob es ihm gelingt wieder für Houdini-Plays zu sorgen.
Doch wo auf der einen Seite der Medaille die Big Plays stehen, steht auf der anderen Seite ein Sack oder sogar ein Fumble. Es ist ein Gang auf Messers Schneide für Seattles Spielmacher. Wenn es ihm aber gelingt, wie am vergangenen Wochenende gegen die 49ers, wird er dafür gefeiert, wenn nicht wird es ihm negativ angelastet, dass er es versucht hat. Keine einfache Ausgangssituation für Wilson, doch er hat schon oft genug gezeigt, dass er damit umgehen kann – besonders auf der Bühne der Prime Time-Spiele.
- Spieler des Spiels: Jamal Adams. Der Safety ist in den ersten Wochen immer wieder Ziel von teilweise ungerechtfertigter Kritik gewesen. Und obwohl der Topverdiener weder eine Interception, noch einen Sack in den ersten vier Spielen zu verbuchen hat, ist es an der Zeit für ein Monster-Spiel. Bereits gegen die 49ers machte er eine gute Figur, doch gegen die Rams dreht er in seinem ersten Spiel unter Flutlicht vor vollen Rängen im Lumen Field so richtig auf. Mit seiner ersten Interception und gleich zwei Sacks zeigt der Star der Seahawks, wie gut er wirklich ist.
- Statistik des Spiels: Russell Wilson wird nach seinem Karriereende sehr wahrscheinlich ein Kandidat für die Hall of Fame sein. Auf der anderen Seite wird jedoch wohl auch Aaron Donald aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Weg nach Canton finden. Einer der zahlreichen Gründe, ist wohl diese Statistik: Donald konnte Wilson in bisher 14 Spielen bereits 14 Mal sacken.
- Anekdote des Spiels: Im Sommer hat sich Seahawks Head Coach Pete Carroll erstmals bei der Suche nach einem neuen Coordinator bei den Rams bedient. Shane Waldron, unter McVay in LA Passing Game Coordinator, ist Seattles neuer OC. Carroll betonte, dass Waldron viel dazu beitragen konnte, für ein besseres Verständnis in Seattle zu sorgen, wie das System McVays funktioniert. Ob sich in diesem Spiel zeigt, wie wertvoll die Verpflichtung von Waldron wirklich war?
Der Hype-Faktor: Geschmeidig in der Endzone steppen
Vor ein paar Jahren sorgte die Wide Receiver-Truppe der Seahawks regelmäßig für Entertainment in der Endzone. Hierbei ist aber nicht die Rede von den zahlreichen Touchdown-Fängen der Receiver, sondern von den kreativen Touchdown-Celebrations. Neue Taunting-Regeln haben jedoch dafür gesorgt, dass diese Choreografien deutlich zurückgefahren wurden. Die Rückkehr von RB Alex Collins nach Seattle bringt jedoch eine ganz neue Art der Feierei ins Lumen Field, die nicht so anfällig für Flaggen ist. Denn Collins Füße sind nicht nur nützlich um mit dem Ball zu laufen. Aber seht selbst…
#VictoryMonday, the @Budda03 way 🕺 pic.twitter.com/dQTpWrThp2
— Seattle Seahawks (@Seahawks) October 4, 2021
Das Fazit:
Es ist erst das zweite Spiel vor eigenen Fans nach der langen Zeit, in der die Seahawks wegen der Pandemie ohne die 12s auskommen mussten. Nun wird es für einige Spieler das erste Prime Time-Spiel vor ausverkauftem Haus im Lumen Field sein. Die Seahawks können diese Art von Spiel, denn sie sind unter Flutlicht mit Pete Carroll an der Seitenlinie geradezu Experten für diese Anlässe geworden. Adams, aber auch Rookies und Spieler im zweiten Jahr wie Taylor, Robinson und Brooks haben noch nicht erlebt, wie es ist, wenn in Seattle wirklich die Hütte brennt. Das könnte dafür sorgen, dass beflügelt von den Fans, einige Spieler zur Topform auflaufen.
Allerdings ist da ja noch ein Gegner, ohne den diese Rechnung nicht gemacht werden kann. Die Rams kommen mit Wut im Bauch nach Seattle. Mit der Heimniederlage gegen die Cardinals in den Köpfen, könnte auch bei den Rams Extra-Motivation in selbigen sein. In einem Spiel in dem die Seahawks nicht als Favorit in die Partie gehen, braucht es eine komplette Mannschaftsleistung des Teams von Pete Carroll. Offense, Defense und Special Teams, sie alle müssen abliefern. Kann die Kulisse dem Team nicht das gewisse etwas geben, wird es gegen einen sehr starken Gegner enorm schwer.
Prognose: Die Seattle Seahawks gewinnen 27:21 in Overtime.