Recap: Regular Season 2014 (Week 12): Cardinals @ Seahawks

„Seahawks-Football, ganz einfach, das war Seattle Seahawks-Football.“ So kurz und knapp fiel die Analyse von Receiver Doug Baldwin nach dem 19:3-Sieg der Seattle Seahawks gegen die Arizona Cardinals aus. Dennoch traf sie den Nagel auf den Kopf und wir belassen es daher bei Baldwins Einschätzung und freuen uns jetzt schon auf die nächste Herausforderung am Donnerstag in Santa Clara gegen die 49ers.

Quatsch! Einer großartigen Performance der Seahawks muss ein großer Rückblick gewidmet werden. Diesen gibt es jetzt und hier.


Offense:

Von allen drei Mannschaftsteilen war die Offensive am Sonntagabend der schwächste. Dafür gibt es mehrere Gründe. Eine geschwächte O-Line, selten offene Receiver, eine aggressive Cardinals-Defense und Offensive Coordinator Darrell Bevell.

Sieben der neun Bälle im Opening Drive der Seahawks gingen an RB Marshawn Lynch. Eine Methode, die in Seattle als bekannt und wirkungsvoll gilt. In der Tat, Lynch sorgte fast im Alleingang dafür, dass Seattle per Field Goal direkt zu Punkten kam (3:0). Schon in diesem ersten Drive deutete sich an, dass die Cardinals viel blitzen und Russell Wilson und seine O-Line extrem unter Druck setzen würden. Doch trotz des erneuten Ausfalls von Center Max Unger fiel die Line diesmal nicht auseinander. Sie kämpfte so gut es ging gegen die herantstürmende Front Seven aus Arizona.

Dass immer wieder ungeblockte Verteidiger vor Quarterback Russell Wilson auftauchten, war nicht unbedingt die Schuld der Line. In solchen Situationen ist es oft die Aufgabe des Quarterbacks, schnell zu reagieren und die Überzahl oder den Raum im Feld auszunutzen – mit einem schnellen Pass oder einem erzwungenen Lauf. Da dies zu Beginn selten optimal klappte, gelangen den Cardinals früh im Spiel mehrere Sacks, am Ende kamen sie auf sieben.

Marshawn Lynch, der nach dem Opening Drive in den folgenden Drives nicht mehr viel Einsatzzeit bekam, hatte mit der starken Running Defense ebenso zu kämpfen wie die O-Line. Folglich lief es im Laufspiel selten rund in der ersten Halbzeit. Ein Tribut, den Mann der dominanten Cardinals-Verteidigung zollen muss, ein mehr oder weniger eingeplanter Faktor. Gefordert waren die Seahawks in der Luft. Nach zuletzt schwachen Spielen zeigte Seattle im Passspiel eine Leistungssteigerung.

„The separation is in the preparation“, sagt  Russell Wilson gerne. Wer gut vorbereitet ins Spiel geht, der hat also nichts zu verlieren. Was aber, wenn es die eigenen Receiver nicht schaffen, Freiräume zu erlaufen und so Anspielmöglichkeiten zu kreieren? Denn in Wahrheit gilt auch: „The separation is in the separation.“ Da dies jedoch im Moment die Schwäche der Seahawks-Receiver ist, hat Wilson den Spruch erneut optimiert. „The separation is in the manipulation“, die Lösung sind Pump Fakes beziehungsweise das Irreführen der gegnerischen Secondary durch den bewussten Blick des Quarterbacks in die falsche Richtung. Beides vom Seahawks-QB überragend ausgeführt. Das „Staring Down“ von Wilson brachte den größten Raumgewinn der Saison über den Luftweg durch WR Ricardo Lockette. Head Coach Pete Carroll will den Receiver in Zukunft noch stärker ins Angriffsspiel einbinden. Am Ende punkteten die Seahawks per Field Goal (6:0). Der Pump Fake und anschließende Pass zu WR Jermaine Kearse brachte einen Drive später erneut entscheidenden Raumgewinn auf dem Weg zum dritten Field Goal (9:0).

Jedoch wurde in diesem Drive einmal mehr deutlich, warum viele Play Calls von OC Darrell Bevell in dieser Saison für Unverständnis sorgen. Bei 3rd & 16 wurde TE Tony Moeaki in einer Route parallel zur Line of Scrimmage angespielt, die für einen grandiosen Raumgewinn von einem Yard führte und auch nicht viel mehr versprach.

Die Offense als schwächster Mannschaftsteil bedeutet jedoch nicht, dass die Seahawks offensiv ein schlechtes Spiel gemacht hat. Den Seahawks gegenüber stand eine der besten Verteidigungen der aktuellen Saison (siehe Vorbericht). Gegen diese in fünf von neun Drives zu punkten (ein geblocktes FG und ein nicht eingerechneter letzter Drive mit QB Kneel), war verdammt hart erarbeitet und verdient Respekt.

Der Touchdown-Drive war der des Russell Wilson. Neun Plays, 75 Yards, 6/6 und 70 Yards Passing. Fehlerfrei wie größtenteils im gesamten Spiel. Der einzige TD des Spiels von Cooper Helfet steht symbolisch für den ungebrochenen Einsatz der Seahawks. Helfet hörte auf seinen Körper, der ihm befahl, in Richtung Endzone zu springen. Wie Helfet hörte am Sonntag die gesamte Mannschaft auf ihr Kämpferherz. Als die Seahawks im 4. Quarter per Running Game die Uhr runterspielen wollten, klappte es auch mit dem Passing Game immer besser, auch Russell Wilson hatte immer öfter freie Bahn zu Fuß. Dass Marshawn Lynch aufgrund von Magenbeschwerden nur auf 15 Carries und 39 Yards am Boden kam, war nicht weiter tragisch. In den entscheidenden Situationen biss er sich durch und holte ein neues First Down.

Weitere Beobachtungen:

  • QB Russell Wilsons Würfe werden in dieser Saison deutlich häufiger geblockt als in den vergangenen zwei Spielzeiten.
  • Ansonsten machte Wilson Dinge, die Russell Wilson macht – er entfloh in zahlreichen Situationen erfolgreich seinen heranstürmenden Gegnern und machte ihnen das Leben schwer.
  • RB Marshawn Lynchs seitlicher Schritt (Cut) ist immer noch unwiderstehlich. Dieser Spieler darf Seattle nicht verlassen!
  • TE Cooper Helfet machte sein bestes Spiel für die Seahawks (2 Rec, 27 Yards, 1 TD), zeigte in der Offensive großes Herz und beeindruckte auch in den Special Teams.
  • Center Patrick Lewis machte ein sehr solides Spiel, der verletzte Max Unger wurde selten vermisst.
  • Die TEs Moeaki, Willson und Helfet machen die Ausfälle von McCoy und Miller momentan vergessen. Wer hätte das vor der Saison gedacht.

Marshawn Lynch meldete sich nach dem Spiel zu Wort und gab seine ganz eigene Antwort auf die Geldstrafe der NFL für den von ihm vermiedenen Kontakt zu Medienvertretern..


Defense:

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Defensive End Cliff Avril kämpfte sich zwei Mal zu Cardinals-Quarterback Drew Stanton durch. (Bild: M. Länge)

Nach dieser Leistung kann man das Prunkstück der Seattle Seahawks endlich wieder Prunkstück nennen. Die Defense zeigte gegen Arizona ihr bestes Saisonspiel und ließ am Ende nur grandiose drei Punkte zu. Enorm wichtig: es war endlich wieder die gute alte Seahawks-Defense auf dem Spielfeld. Eine Aktion von Free Safety Earl Thomas III steht ganz besonders für die zurückgewonnene Stärke der Verteidigung:

Früh im 3. Quarter, Spielstand 12:3 für Seattle. 3rd & 2 für die Cardinals an der eigenen 28. Kurzer Pass nach rechts von QB Drew Stanton auf RB Andre Ellington. Aus dem Hinterfeld kommt ET angerauscht, setzt einen krachenden Tackle und verhindert ein neues First Down.

Vor einer Woche hätte Thomas in seiner unvergleichbaren Art diesen Tackle möglicherweise noch verfehlt, am Sonntag saß er jedoch – so wie der Auftritt der gesamten Verteidigung.

Zu Thomas gesellten sich in Person von SS Kam Chancellor und LB Bobby Wagner zwei Verteidiger, die die Seahawks zuletzt oft schmerzlich vermissten. LB Malcolm Smith war zwar mit von der Partie, spielte jedoch nach seiner schwachen Leistung in der Vorwoche kaum. Beide hatten mit ihren acht Tackles maßgeblichen Anteil am Erfolg der Defense. Hinzu kam eine funktionierende Line, die Drew Stanton mächtig unter Druck setzte und bei seinen zahlreichen tiefen Passversuchen störte. DE Cliff Avril verbuchte zwei Sacks, so viel wie in den zehn Saisonspielen zuvor insgesamt.

So kam auch die Interception von Byron Maxwell früh im 2. Viertel zustande. Der Cornerback hatte leichtes Spiel. Zwei Drives zuvor war Maxwell noch für Pass Interference geflagged worden, als er einen weiteren langen Pass von Stanton auf den ansonsten spektakulären Passfänger John Brown verhinderte, dabei aber offenbar zu früh am Mann war. Kam Chancellor und Pete Carroll zeigten sich mit diesem Call nicht einverstanden. Die Aktion war definitiv hart an der Grenze des Legalen.


Special Teams:

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„Just another day at the office“ für Punter Jon Ryan. (Bild: M. Länge)

In den Special Teams zeigten am Sonntag endlich wieder einige Spieler, dass MVP-Potential in ihnen steckt. Allen voran Punter Jon Ryan, und Kicker Steven Hauschka, dessen starke Performance von einem geblockten Field Goal-Versuch spät in der ersten Halbzeit etwas geschmälert wurde.

Safety DeShawn Shead blockte am Ende des ersten Cardinals-Drives in der zweiten Hälfte einen Punt – das richtige Signal auf ein 3 & Out der Seahawks zuvor und das Fundament für ein weiteres Field Goal (12:3). Cooper Helfet setzte im Anschluss an den Block zum perfekten WWF-Body Slam gegen Arizona-TE Rob Housler an und forcierte einen Fumble, der aus dem Spielfeld kullerte. Earl Thomas und Kam Chancellor kamen anschließend, um ihm zu gratulieren. Ein Lob von zwei großartigen Tacklern ist fast noch besser als der Touchdown-Catch.

Receiver Bryan Walters hatte zwei Punt Returns (11 Yards, 21 Yards) und drei Fair Catches. Er traf immer die richtige Entscheidung.


Fazit:

Die Defense hält der Offense den Rücken frei – so waren wir das in der vergangenen Saison gewohnt. Vielleicht wollten wir alle etwas zu viel, als wir vor dieser Spielzeit erwarteten, dass die Offense auf eigenen Beinen stehen kann und die Unterstützung der Seahawks-Verteidigung nicht mehr so oft braucht. Vielleicht dachten das auch Trainer und Spieler in Seattle. Fest steht spätestens nach elf Wochen, dass Seattle nicht überleben kann ohne eine dominante Defensive. Vielleicht ist die Mannschaft davon noch deutlich abhängiger als vom Running Game.

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Die Defense ist endlich wieder das Prunkstück der Seahawks. (Bild: M. Länge)

Der Sieg gegen die Arizona Cardinals hat gezeigt, dass die Seattle Seahawks es noch können. Es läuft zwar noch lange nicht alles rund in der Offensive, doch auf der anderen Seite des Balls nähert sich das Team langsam der Bestform an. Auch die Special Teams haben nach längerer Schwächephase wieder ordentlich gespielt.

Das alles hilft aber nichts, wenn es nicht konserviert werden und am Donnerstag, an Thanksgiving, in Santa Clara gegen die San Francisco 49ers umgesetzt werden kann. Vielleicht hat es einen Vorteil, dass die Pause bis zum nächsten Spiel nur so kurz ist. Es haben sich keine Spieler ernsthaft verletzt, Marshawn Lynch wird seine Magenprobleme bis Donnerstag überstanden haben.

Die Seahawks sind bereit für das große Duell gegen den Erzrivalen. Gegen die 49ers wartet das nächste von noch fünf Endspielen um die Playoffs.