Vergangene Nacht sind auch die Seattle Seahawks endlich in die Preseason gestartet – und das erfolgreich. Auswärts im StubHub Center besiegten sie die Los Angeles Chargers mit 48:17. Während das Endergebnis wenig Aussagekraft hat, zeigten einige Spieler, dass sie in diesem Jahr eine Rolle spielen wollen.
Die Gewinner:
WR Kasen Williams: In der Vorschau wurde bereits erwähnt, dass hinter Doug Baldwin, Tyler Lockett, Jermaine Kearse, Paul Richardson und Amara Darboh ein bis maximal zwei weitere Plätze im Kader für Passempfänger vorhanden sind. Um einen hat sich in der vergangenen Nacht Kasen Williams mit Nachdruck beworben. Vier Catches für 119 Yards – und viermal waren es spektakuläre Bälle und bedeutende Plays. Williams gegenüber stand zwar nur Michael Davis, ein Undrafted Free Agent und Rookie, der sichtlich Probleme hatte, doch die Art und Weise, wie der Seahawks-Receiver die vier Bälle aus der Luft fischte, war beeindruckend. Williams hat in seiner zweijährigen Karriere für Seattle bislang drei Spiele in der Regular Season und zwei in den Playoffs bestritten. Die meiste Zeit verbrachte er in der Practice Squad. Da Amara Darboh und Paul Richardson aktuell verletzt sind, wird Williams definitiv weitere Spielzeit erhalten in den kommenden Wochen.
QB Trevone Boykin: Der junge Spielmacher hat gegenüber Veteran Austin Davis jetzt die Nase vorn – wenn es keine weiteren Probleme mit dem Gesetz gibt. Zur Erinnerung: Eine Gerichtsverhandlung steht in der Preseason noch an. Boykin machte bis auf eine Interception im 3. Quarter keine Fehler. Seine Stats: 12/15, 189 Yards, ein Touchdown und eine Interception sowie 31 Yards und ein Touchdown auf dem Boden. Auch Davis spielte gut, doch bei Gleichstand zwischen den zwei Backups dürften Alter und Vertrag statt Erfahrung und einer weißen Weste vor dem Gesetz den Ausschlag geben.
K Blair Walsh: Dieses Gefühl gehört ab sofort wohl dazu beim Kicken: Verunsicherung – zumindest beim Zuschauer. Walsh dagegen war die Ruhe selbst. Er verwandelte Field Goals aus 42 und 29 Yards sowie sechs PATs sicher. Außerdem jagte er fünf von neun Kickoffs in die Endzone. Kraft und Präzision stimmen, das Nervenkostüm sitzt auch. Noch, denn es ist ja nur die Preseason und kein K.-o.-Spiel, so wie an diesem berühmten eiskalten Playoff-Abend in Minneapolis vor zwei Jahren.
Weitere Beobachtungen: Russell Wilsons Pässe verließen durchschnittlich nach 1,88 Sekunden seine Hand. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass er mit schnelleren Würfen seiner O-Line helfen will. | „How about those Ball Hawks from the Pacific Northwest?!“ Die D-Liner Nazair Jones und Christian French gehören noch nicht lange zum Team, doch sie haben die Spielweise der Seahawks schon verinnerlicht. Beide dürften nach starken Auftritten eine realistische Chance auf den endgültigen Kader haben, da Malik McDowell und Dion Jordan nach wie vor ausfallen. | Die Running Backs Mike Davis und Chris Carson bestätigten den ersten Eindruck aus dem Training Camp, letzterer unter anderem mit zwei Touchdowns an der Goal Line, Alex Collins dagegen wirkte ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen.
Die Verlierer:
CB Shaquill Griffin: Aller Anfang ist schwer. Auch das viele Lob für den Rookie im Training Camp darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zweite Cornerback-Position neben Richard Sherman vielleicht die härteste in der Seahawks-Defense ist, denn hier regnet es für gewöhnlich Pässe. Für Griffin war das alles noch ein bisschen zu viel. Gegen die Hall of Fame-Kombo Philip Rivers und Antonio Gates blieb der Rookie blass, obwohl die Chance auf ein Play da war. Es blieb nicht die einzige verpasste Möglichkeit des Abends. Die Folge davon hoffentlich: Lerneffekt.
FS Tedric Thompson: Der Neuling blieb in Erinnerung, weil er im ersten Quarter einen Touchdown-Pass über 74 Yards von Kellen Clemens zu Travis Benjamin zuließ. Ein krasser Fehler, wie Pete Carroll später bemerkte. Aber eben auch völlig normal für einen Rookie, der seinen Weg in die Liga noch sucht. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die junge Backup-Secondary der Seahawks Big Plays zulässt.
Weitere Beobachtungen: Nein, die O-Line versagte nicht, soviel vorweg. Aber natürlich werfen alle auf diese Unit besonders kleinlich ein Auge. Denn sie hat wohl von allen Positionsgruppen das größte Verbesserungspotenzial. Am frühen Montagmorgen war von Verbesserungen noch nicht allzu viel zu sehen, was auch an der Klasse des Chargers-Pass Rush liegt. Joey Bosa (2 QB-Pressures) und Melvin Ingram (zwei QB-Pressures) machten ordentlich Betrieb. Und bei Seattle wurde munter durchgemischt. Absolut sicher hat seinen Startplatz aktuell nur Center Justin Britt. Dahinter wird Luke Joeckel ebenfalls als Starter gehandelt, weil er Montagnacht auf allen Positionen einen soliden Job machte. Und dann geht die Rotation los. Mehr Erkenntnisse werden die Videoanalyse und die kommenden drei Spiele liefern. Der erste Eindruck: Weiterentwicklung vorhanden, eingespielte Formation noch nicht. | Paul Richardson machte zwar genau dort weiter, wo er letzte Saison aufgehört hatte, als er einen Pass von Russell Wilson spektakulär im Fallen fing, doch er verletzte sich auch an der Schulter. Welche Rolle würde der Receiver spielen, wenn er nicht andauernd von Verletzungen zurückgeworfen werden würde? | Running Back Alex Collins (6 Carries, 9 Yards) musste lange auf Carries warten. In der Depth Chart war er nur der sechste Läufer hinter Thomas Rawls, Eddie Lacy, C.J. Prosise, Carson und Davis. Hinzu kam, dass Collins bei 4th Down einen Ball fallen ließ und damit einen Turnover verursachte.
Und nun?
Ja, was nun? Ein den Zahlen nach überzeugender Preseason-Sieg bringt noch keinen Super Bowl. Der Fokus sollte in den kommenden Wochen auf der Findung einer O-Line-Formation liegen, damit diese sich noch vor Week 1 einspielen kann. Und dann wären da noch einige weitere Fragen zu klären: Wer wird SAM-Linebacker? Wie sieht die Backup-Secondary aus? Was machen eigentlich Thomas Rawls und Eddie Lacy?