Dritte Preseason-Partie, dritte Niederlage. Die Seattle Seahawks unterliegen den Minnesota Vikings im U.S. Bank Stadium von Minneapolis mit 20:21. Aber das ist nicht das, was zählt. Wir fassen die wirklich wichtigen Erkenntnisse zusammen und nennen Gewinner wie Verlierer des Vorbereitungsspiels, bevor es in die heiße Phase der Vorbereitung geht.
Die Gewinner:
Starting-Offense (Effizienz): Der erste Drive der Offense dauerte nur drei Snaps. Im ersten Viertel war außer für diese drei Snaps nur die Defensive der Seahawks auf dem Feld. Im zweiten Viertel veränderte sich das Verhältnis dann zwar etwas, aber am Ende der ersten Halbzeit war Seattle dennoch nur elf Minuten am Ball gewesen und hatte mit 138 zu 211 Yards das Nachsehen. Dank zweier verpasster Field Goals der Vikings lagen die Seahawks jedoch mit 10:6 vorne. Besonders der Drive, der zum Touchdown führte, war überzeugend. Denn in genau diesem Drive fiel auf, dass Wide Receiver Brandon Marshall eine echte Verstärkung fürs Team sein kann, auch weil ein Spieler mit seinen Fähigkeiten (groß, physisch, blockstark und zugleich stark als Receiver) bislang fehlte. Die drei Receptions für insgesamt 34 Yards sowie seine Fähigkeiten als Blocker sollten Marshall einen Platz im finalen Kader gesichert haben.
Offensive Line: Gegen eine starke D-Line der Minnesota Vikings hatte Russell Wilson erstaunlich viel Zeit und wurde kein einziges Mal zu Boden gebracht. Das ist ein Ausrufezeichen. Positiv ist zudem, dass beim Schutz Wilsons keine Flagge gegen die O-Line flogen. Die Strafen kamen erst bei den Backups – gegen Fant und Beavers. Auch fürs Laufspiel machte die O-Line ihre Aufgabe gut und sorgte so immer wieder für Lücken, die die Running Backs auch nutzten. So kam Chris Carson bei seinem Touchdown-Lauf über sechs Yards nahezu unberührt in die Endzone. Der oft und viel gescholtene Right Tackle Germain Ifedi trug bei diesem Lauf mit einem hervorragenden Block gegen einen Linebacker der Vikings entscheidend zum Touchdown bei – und auch als Beschützer seines Quarterbacks steigerte sich Ifedi im Vergleich zur Vorwoche bedeutend. Das macht etwas Mut.
Special Teams: Bislang zeigt Kicker Sebastian Janikowski in der Preseason gute Leistungen, was die Seahawks dazu veranlasste, seinen Konkurrenten Jason Myers zu entlassen. Auch gegen Minnesota verwandelte er alle Versuche, darunter ein Field Goal aus 55 Yards. „Seabass“ erzielte damit insgesamt acht Punkte für die Offensive der Seahawks. Auch Punter Michael Dickson machte wieder einen hervorragenden Job. Die fünf Punts des Australiers flogen im Schnitt 53,6 Yards weit. Sein weitester Punt flog 61 Yards, zwei von Dicksons Kicks landeten an der gegnerischen 3-Yard-Linie. Bis auf einmal konnten die Vikings kaum Return-Yards erzielen, der letzte Punt aber wurde für 34 Yards zurück getragen, bis es Dickson selbst war, der mit einem Tackle den Touchdown verhinderte.
OLB Barkevious Mingo: Seit dem Abgang von Bruce Irvin ist die Strongside-Linebacker-Rolle in Seattle vakant, denn sie konnte bislang einfach nicht gut besetzt werden. Doch Mingo sah gestern so aus, als könnte er der Starter auf dieser Position werden. Bei der Two-Point Conversion der Vikings verteidigte er den Pass hervorragend, dazu brachte er als Pass Rusher Vikings-Quarterback Kirk Cousins unter Druck und setzte immer wieder Akzente. Hinzu kommt ein gutes Tackle bei den Special Teams. Sein verfehltes Tackle früh im Spiel sei ihm daher verziehen. Unterm Strich überwiegen klar die positiven Aktionen.
Nicht Gewinner, nicht Verlierer:
CB Shaquill Griffin: Der Cornerback zeigte sowohl gute als auch schlechte Leistungen. Mit Stefon Diggs lieferte er sich ein gutes, unterhaltsames Duell, bei dem beide Spieler Erfolge verzeichneten. Jedoch sorgte vor dem ersten Touchdown der Vikings Griffins Holding dafür, dass der Sack von Bobby Wagner annulliert wurde und die Gastgebern vier neue Versuche bekamen, statt auf Field Goal gehen zu müssen. Insgesamt aber zeigte der Sophomore eine gute Leistung und verteidigte mehrere Laufwege eines der besten Routenläufers der Liga erfolgreich.
Pass Rusher: Gegen eine angeschlagene Offensive Line der Vikings erzeugten die vier Starter der D-Line keinen erkennbaren Druck. Nur wenn die Seahawks blitzten, geriet Cousins unter Druck. Diese Blitze sind derzeit noch ein Überraschungselement, da Seattle meist nur mit vier Spielern Druck auf den Quarterback ausüben will. Aufgrund der derzeitigen Schwäche im Pass Rush wird man Blitz nun aber wohl häufiger sehen und damit die Überraschung zur Gewohnheit machen. Erst gegen die zweite Einheit der Vikings und Quarterback Trevor Siemian, der den Ball zulange hielt, wurde der Pass Rush besser. Neuzugang Erik Walden kam auf zwei Sacks.
Die Verlierer:
Tackling: Nein, ausnahmsweise nicht die Tackles der Seahawks, sondern das Tackling im Allgemeinen. Die ersten beiden Drives der Vikings wurden durch mangelhaftes Tackling am Leben gehalten, sie hätten viel früher beendet sein können. Diese Schwäche, die einst Seattles große Stärke war, fiel schon in den vergangenen beiden Spielen auf. Die Starter haben jetzt noch etwas Zeit im Training, den Rost abzulegen und wie in den Vorjahren sicheres Tackling anzuwenden.
QB Austin Davis: Er hatte zwar nur einen Drive, doch der war mangelhaft. Zwei von drei Pässen kamen an, jedoch erzielte Davis damit unterm Strich einen negativen Yard. Sein Kontrahent Alex McGough brachte zwar nur fünf von vierzehn Pässen an, erzielte dabei aber 140 Yards. Am Ende hätte er mit einer Hail Mary nach spektakulärer Flucht vor dem Pass Rush fast noch den Sieg erworfen, sein Receiver wurde mit Ball jedoch drei Yards vor der Endzone gestoppt. Um Cap Space zu sparen und das Potenzial des Rookies weiter zu ergründen, werden die Seahawks Davis wohl bald aus dem Kader streichen.
A little taste of Alex McGough from last nights #Seahawks game. @kaleoqbacademy @OTGSports @FIUFootball pic.twitter.com/22SDjR4Axq
— Francis X. McGough (@ATCLawns) August 10, 2018
Und nun?
Einmal noch gibt’s Preseason-Football mit den Seattle Seahawks. Im CenturyLink Field empfangen sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Oakland Raiders. Dieses Spiel hat nur noch für die Wackelkandidaten, die um einen Kaderplatz kämpfen, Bedeutung. In der Regel werden die Starter auf beiden Seiten geschont. Hinzu kommt, dass sich weder Seahawks noch Raiders vor dem baldigen Aufeinandertreffen in London zu sehr in die Karten schauen lassen wollen. Nach Week 4 stehen dann die Roster Cuts an. Am 1. September müssen alle 32 Teams bis 22 Uhr deutscher Zeit ihre Kader von 90 auf 53 Spieler verkleinert haben. Anschließend werden die Spieler für die Practice Squad benannt.