High-Scoring Game mit hohem Unterhaltungsfaktor oder ein 48:45-Sieg der Seattle Seahawks bei den Detroit Lions! Das Spiel mit den (bisher) meisten Punkten der Saison bot reichlich Highlights, mit dem besseren Ende für das Team von Pete Carroll. 1075 Yards kombiniert sollten am Ende der Partie zu Buche stehen, wodurch Seattle den zweiten Sieg der Saison auf der Habenseite notieren konnte. Alles gut also? Eher weniger. Denn eine Woche nach der Achterbahnfahrt im Heimspiel gegen die Atlanta Falcons gab es gegen das arg vom Verletzungspech gebeutelte Team aus Michigan reichlich Offensive zu sehen – auf beiden Seiten.
Bei den Detroit Lions fehlten zu Beginn Top-Receiver Amon-Ra St. Brown und Top-Running Back D’Andre Swift. Damit wurde den Spielern aus der zweiten Reihe reichlich Raum geboten, sich zu präsentieren. Dazu kehrte Seattles Safety Quandre Diggs zum ersten Mal nach seinem Trade vor einigen Jahren im Seahawks-Jersey ins Ford Field zurück. Aus deutscher Sicht bemerkenswert: Kicker Dominic Eberle feierte sein Debut für Detroit und hielt die deutsche Flagge hoch. Der junge Franke erwischte allerdings ein durchwachsenes Spiel, so viel sei vorweggenommen.
Der Spielverlauf:
- 1. Quarter: Seattle eröffnete die Partie im durchaus lauten Ford Field zu Detorit mit einem ansehnlichen Drive, der in knapp sieben Minuten zum ersten Touchdowns führen sollte. Geno Smith wurde zu Beginn von den FOX Sports-Reportern mit der höchsten Completion Percentage der Liga „beworben“. Entsprechend seelenruhig verteilt er die Bälle. Erstmalig in der Red Zone angekommen, fand der Quarterback seinen Tight End Will Dissly zum Stand von 6:0 ziemlich freistehend. Vor ihrem ersten Drive hatten die Lions zwölf Touchdowns auf der Habenseite und alleine sieben davon gingen auf das Konto von St. Brown und Swift. Ohne die Beiden endete die erste offensive Serie der Gastgeber unter ordentlich Druck ziemlich abrupt. Auftritt des Seahawks „Special Team“, für das Tyler Lockett den anschließenden Punt fumbelte! Wie gewonnen, so zerronnen: Goff schaltete schnell und bediente wenig später T.J. Hockenson. Der wurde von der Seahawks-Defense, weil die Spieler hier nach der Devise agierten: Nimm du Ihn, ich hab ihn sicher. Zwischenstand: 7:6, denn Dominic Eberles erster Kick ging daneben. Selbstvertrauen hatte Geno Smith derzeit genug, weshalb er zunächst D.K. Metcalf tief für 21 Yards fand und für eine „Roughing the Passer“-Falgge gegen die Lions gab es gleich noch einmal extra Yards. Ein paar Augenblicke später lief Smith schließlich durch die Mitte für acht Yards zum zweiten Touchdown des frühen Abends – mit extra Punkt: 14:6. „Wir haben keine Chance“, nutzen wir Sie – so oder so ähnlich agierte im Anhscluss Lions-Head Coach Dan Campbell, der für riskante Entscheidungen bekannt ist und an dieser Stelle einen Fake-Punt an der eigenen 35 Yard-Line wählte!
- 2. Quarter: Mit Beginn des zweiten Viertels weckte Detroits Running Back Craig Reynolds die Löwen mit einem 21 Yard-Run gegen eine ehrlicherweise schwache Laufverteidigung der Seahawks aus der Lethargie. Den folgenden 3rd&14 für die Lions überwarf Jared Goff deutlich, doch der Franke Eberle nutzte die Chance auf Wiedergutmachung mit einem Field Goal für drei Punkte aus 49 Yards und dem Spielstand von 14:9. Die spannende Statistik, dass die Seahawks bei First Down zu 70 Prozent über den Lauf gehen, hörten die Löwen wohl zu ersten Mal und so fand Rookie-RB Ken Walker III eine Lücke sowie den entsprechenden Raum dahinter. Und nachdem „Sweet Feet“-Geno erneut die Beine in die Hand nahm, bevor der nächste Pass DK Mectalf nicht erreichte, traf Myers zdas nächste Field Goal: 17:9. Das Motto „Viel Aufwand, wenig Ertrag“ schwirrte im Kopf von Jared Goff herum, weil sein Receiver einen sehenswerten Pass an der Mittellinie fallen ließ. Der Grund: Rookie-CB Coby Bryant, der mit vollem Körpereinsatz für den Fumble und damit auch den Ballgewinn seiner am Sonntag in weiß gekleideten Seahawks sorgte. Im Mittelpunkt dann: D.K. Metcalf! Mit seiner Körperlichkeit ließ er seinem Gegenüber nicht den Hauch einer Chance und konnte nur knapp vor der Endzone gestoppt werden. Was folgte war ein kurzer Toss von Smith zu Tight End Noah Fant, der Seattle erneut jubeln ließ: 24:9. Im nächsten Drive setzten zwei unnötige Flaggen der Seahawks die Hausherren unter Zugzwang. Nahe der eigenen Goalline hielt Seattles Defense zunächst, brachte das Heimteam dann aber dennoch ins Spiel zurück: „Bend, but …“ nein, doch nicht, hieß es da, als Jamaal Williams im vierten Versuch den Touchdown durch die Mitte erlief. So stand es 24:15 zur Pause, denn Dominic Eberle „verkickte“ erneut.
- 3. Quarter: Für den Paukenschlag zu Beginn der zweiten Hälfte sorgte Tariq Woolen! Mit einer gehörigen Portion Speed fing der Rookie nach dem ersten Snap der Lions die zweite Interception seiner Karriere und trug sie zum Pick Six in die Endzone: 31:15. Weil Uchenna Nwosu wenig später kurzen Prozess mit Goff machte und das 3&out forcierte, kam die Seahawks-Offense wieder ins Rollen. Zunächst ließ Metcalf Cornerback Jeff Okudah keine Chance. Dann rollte Rashaad Penny durch die Defense. Am Ende reichte der Drive aber nur zu einem Field Goal-Versuch, den Myers aus 39 Yards statt durch die Torstangen Richtung Downtown Motor-City schoss. Bitter, denn die gute Feldposition nutzte Jamaal Williams für die Lions von der Mittellinie, der die Laufverteidigung der Gäste wie Amateure aussehen ließ und von der Mittellinie in die Endzone spazierte, inklusive Stiff-Arm: 31:23, dank der verwerteten Two Point-Conversion. Der nächste Seahawks-Drive endete dann ganz wild: Geprägt von der Lautstärke und einer inkorrekten Zeitanzeige wurde zum Ende der Serie ein dritter Versuch wiederholt, der zuvor eigentlich schon wegen Intentional Grounding bereits beendet war. Die Wiederholung bei 3rd&16 (!) nutzte Rashaad Penny für den ersten Lauf-Touchdown der Seahawks: 38:23 Ein echter „Neck Breaker“? Mitnichten: Denn 34 Sekunden vor dem Ende des Quarters ging T.J. Hockenson unter gütiger Mithilfe der Seattle-Defense für 80 Yards bis kurz vor die Endzone. Schlaf, Laufverteidigung, schlaf …
- 4. Quarter: Eine goldenen Ausgangsposition für die Lions-Offense, die Receiver Josh Reynolds nutzte und sich Mike Jackson zum Touchdown durchsetzte. Nachd er nächsten Tow Point-Conversion stand es 38:31 – Seahawks. In der Folge plätscherte das Spiel dahin, bis ein Blitz der Lions schief und Tyler Lockett steil ging: Red Zone-Alert! 13 Yards vor der Endzone war allerdings Schluss und aus 25 Yards gab es per Kick immerhin drei Punkte: 41:31. Drops und Butterfinger waren im nächsten Drive der Hausherren angesagt, doch Coach Campbell spielte einen vierten Versuch gewohnt aggressiv und erfolgreich aus. Das Resultat war einige Snaps später ein bekanntes, weil Hockenson sich seinen zweiten Touchdown angelte: 38:41 aus Sicht der Heimmannschaft. Unnötige Spannung und Hoffnung für Michigans Team war dann vorerst Fehlanzeige. Schließlich erlief Penny auf einmal 46 Yards und damit seinen zweiten Touchdown des Tages zum 48:38. In den letzten zwei Spielminuten gingen die Lions dann „All in“ und fanden noch einmal die Endzone zum 48:45. Mir knapp einer Minute sicherte sich DeeJay Dallas (knapp) den Onside-Kick von Eberle und Penny ließ die Uhr auslaufen. Endstand: 48:45, Seahawks.
Die Hauptdarsteller:
Seahawks-Quarterback Geno Smith: Zum ersten Mal in seiner Karriere warf Smith in zwei aufeinanderfolgenden Spielen für mehr als 300 Yards. Am Ende stand er bei 320 Yards, 2 Passing Touchdowns und 0 Interceptions. Ein fehlerfreier Auftritt, bei dem der Quarterback sein wachsendes Selbstvertrauen demonstierte und große Ruhe am Ball ausstrahlte. 23 von 30 Versuchen an den Mann gebracht, was einer Completion Percentage von 76,67 Prozent entsprach. Damit verbessert er seinen ohnehin großartigen Ausgangswert sogar noch leicht. Auch beachtlich: Sieben Laufversuche sorgten für 49 Yards und einen Rushing Touchdown. Obendrein wurde er im Spiel gegen die Lions nicht ein einziges Mal „gesacked“ und damit auch Chapeau an die neuformierte O-Line.
Lions-Tight End T.J. Hockenson: Wohl dem, der sich den Tight-End der Lions am Sonntag für sein Fantasy Team geschnappt hatte. Hockenson erspielte sich Karrierebestwerte und obendrein den Franchise Rekord für Yards in einem Spiel für seine Position bei den Lions. Acht Anspiele fing er für 179 Yards und zwei Touchdowns. Dazu war er in Abwesenheit von St. Brown und Swift ein ständiger Unruhe- sowie Gefahrenherd und an diesem Tag schlicht nicht zu verteidigen für die Seahawks-Passing Defense. Neal, Woolen, Bryant … sie alle fanden kein Mittel gegen Hockenson.
Seahawks-Running Back Rashaad Penny: Das Laufspiel der Seahawks wurde zuletzt oft gescholten und als ineffektiv bezeichnet. Gegen die Lions profitierte Penny aber im Zusammenspiel mit Kenneth Walker III und dem Blocking-Scheme mit den Tight-Ends, die für reichlich Lücken in der Detroit-Defense sorgten. Damit glich er seinen Karrierebestwert von 151 Yards und zwei Touchdowns in einem Spiel aus und mehr noch: Immer wenn er gebraucht wurde, war Rashaad Penny zur Stelle.
Die Nebendarsteller:
Ehrenvolle Erwähnung: Seahawks-CB Tariq Woolen, macht als Rookie nicht immer alles richtig und manchmal kann der Cornerback auch nur das Chaos in der Defense, die unfassbare 45 Punkte gegen die Lions zuließ, beobachten. Und dennoch: Seine zweite Interception (mit Pick Six) macht Mut, dass sich die Secondary der Hawks entwickelt. Genügend Geschwindigkeit bringt der junge Corner ohnehin mit. In Kombination mit Coby Bryant, dessen voller Körpereinsatz zu einem Turnover führte, ist somit reichlich Luft nach oben möglich.
Stets bemüht: Die Seahawks-Passverteidigung war insbesondere gegen Hockenson chancenlos, gleich wer gegen den mobilen Tight End agierte. Neal, Woolen, Diggs, Bryant: Die 12s fragen sich, was wohl passiert wäre, wenn die Löwen mit voller Kapelle aufgelaufen wären? Auf der anderen Seite: Es gewinnt immer die Mannschaft, die weniger Fehler macht. Was somit für Okudah und Co. auf der gegenüberliegenden Seite nicht das größte Kompliment ist.
Meh: Seahawks-Punter Michael Dickson! Arbeitsverweigerung? Nein, nicht EIN EINZIGES MAL stand er auf dem Feld. Der Spielstand und die Offensive beider Teams waren als Unterhaltungsfaktor sicher beeindruckend, was beiden Defensiv-Koordinatoren in den kommenden Tagen sicher einiges an Arbeit machen wird. Ganz im Gegenteil zu Seattles Punter.
Die Highlights:
Die Pure Naturgewalt: DK Metcalf stört sich nicht daran, dass Jeff Okudah an ihm klebt. Erst dessen Defense-Kollege kann den Wide Receiver kurz vor der Endzone und nach einem Raumgewinn von 55 Yards stoppen.
The @dkm14 reception to set us up for the touchdown.
📺: #SEAvsDET on FOX pic.twitter.com/samcIdzNEG
— Seattle Seahawks (@Seahawks) October 2, 2022
Wenn nichts hilft, dann geht der Quarterback des Vertrauens eben selbst. Acht Yards und ein Rushing Touchdown später …
Geno Smith goes untouched on the keeper the Seattle #Seahawks score pic.twitter.com/YhbCzfKuHn
— Win Big Sports (@WBSNsports) October 2, 2022
Nach nur vier Spielen entwickelt sich Tariq Wollen in der NFL zu einem jungen Ballhawk!
TARIQ WOOLEN PICK-6 🔥 @_Tariqwoolen
📺: #SEAvsDET on FOX
📱: Stream on NFL+ https://t.co/CvE1Ql7jkg pic.twitter.com/8HvNHlDLra— NFL (@NFL) October 2, 2022
Die Randnotizen:
- Statistiken sind doch etwas Feines: Pete Carroll stand vor dem Spiel bei 13-1 Siegen bei einer Kick-Off Zeit von 19 Uhr „deutscher Zeit“. Jetzt: 14:1!
- Durchaus lautstark ging es im geschlossenen Ford Field in Detroit zu – zumindest in den Anfangsminuten trugen die Fans das Heimteam und verunsichern die Gegner – bis die Leistung zu einem Abfall des Dezibel-Pegels sorgte.
- Kurzes Päuschen gefällig? Als D.K. Metcalf mit dem Wagen vom Feld gefahren wurde, stockt vielen 12s der Atem – die Entwarnung seitens des Teams aus Washington folgt ungewöhnlich schnell: Denn auch ein Wide Receiver benötigt mal eine Bio-Pause auf einem stillen Örtchen…
- Diesen Spielstand gab es in der NFL so noch nie: 48:45! Scorigami! Und damit das 1073. einigartige Resultat der Liga-Geschichte.
- 3rd&16: Im Anschluss ein Broken Play mit Intentional Grounding. Momentum-Wechsel? Mitnichten. Die „Game-Clock“ läuft falsch und beschert die Wiederholung des dritten Versuches. Es folgt ein Rushing-Touchdown der Seahawks. Dumm gelaufen, quasi …
Die Verletzten:
Seahawks-DE Darryl Johnson wurde wegen einer Knöchel-Verletzung als „out“ geführt und WR Dee Eskridge verließt das Spielfeld im letzten Viertel humpelnd. Die Pause von DK Metcalf hingegen, der medienwirksam mit dem „Injury Cart“ abtransportiert und im Anschluss wieder zurückgebracht wurde, ist hinlänglich bekannt …
Das Zitat:
„We got a lot of work to do – still!“ Pete Carroll auf der anschließenden Pressekonferenz zur Leistung seiner Defense nach dem Detroit-Spiel.
Der Tweet:
Ehre, wem Ehre gebührt: Während des ersten Viertels erreichte Tyler Lockett Platz vier in Receptions „all time“ für die Seahawks!
Tyler Lockett climbs to 4th all-time in receptions for Seahawks https://t.co/fWOzC8014t
— Field Gulls (@FieldGulls) October 2, 2022
Das Fazit:
Ungewöhnlich lange dauerte die Partie in Week 4 am Lake Erie im Ford Field. Dennoch war das Spiel kurzweilig und unterhaltsam, wenn man nicht gerade „Defensive minded“ unterwegs ist. Auf Geno Smith ist Verlass, fehlerfrei agierte der QB und durfte sich dabei trotz einiger Holding-Strafen über reichlich Unterstützung durch seine O-Line erfreuen. Keinen Sack ließ diese zu und Charles Cross sowie Abraham Lucas zeigen, dass sie gerade in Zukunft echte Verstärkungen sein können, wenn sie weiter hart an sich arbeiten. Im Staate Colorado hört genau das nicht jeder gerne. Gegen defensiv schwache Löwen etablierte sich im Laufe des Spieles selbst das Rungame und Rashaad Penny war zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Auch das macht Hoffnung.
Sorgenfalten im Gesicht dürfte allerdings Defensive-Coordinator Clint Hurtt haben: Insbesondere die Passverteidigung zeigte teils eklatante Schwächen und ließ Jared Goff mehr als solide aussehen. Und kommende Woche heißen die Gegenüber dann auch noch Michael Thomas, Chris Olave oder Jarvis Landry. Langweilig war es nicht und so geht die Achterbahnfahrt weiter: Nächste Station?
Ausblick: In Week 5 gastieren die Seahawks am Sonntag, den 9. Oktober, um 19 Uhr (deutscher Zeit) bei den New Orleans Saints.