Recap: Regular Season 2016 (Week 14) – Seahawks @ Packers

Sonntagabend bezogen die Seattle Seahawks heftige Prügel. In der „Frozen Tundra“ war das Team aus dem Pacific Northwest gegen stark aufspielende Green Bay Packers zu jeder Zeit in allen Belangen haushoch unterlegen. 10:38 war das Endergebnis und es spiegelt den Verlauf eindeutig wieder. Der Autor verlässt deshalb (und auch weil er sich immer noch wie ein geprügelter Hund fühlt) die gewohnten „positiv – negativ – neutral“-Pfade und lässt auch etwas Dampf aus dem Kessel.

Scoring:

Scoring week 14/2016

Ich habe nun schon einige Spiele der Seahawks gesehen, ich schätze mal ca. 50. Da waren einige Niederlagen dabei, aber nicht im entferntesten hab ich mich so mies gefühlt wie heute (nicht mal nach der Niederlage gegen die Pats, und das will was heißen).

Die Seattle Seahawks haben am Sonntagabend alles vermissen lassen, was sie in der Vergangenheit stark gemacht hat. Die Defense war von Beginn an nicht auf dem Platz. Keiner der erfahrenen Verteidiger wie Bobby Wagner oder Richard Sherman übernahm die Verantwortung auf dem Feld. Gab es sonst immer die Hoffnung darauf, dass das Team zurückschlagen kann (und das zu jedem Zeitpunkt des Spiels), ergab Seattle sich diesmal seinem Schicksal. Auch der Pass Rush verdiente am Sonntag (sowie in den vergangenen zwei Spielen) seinen Namen kaum – nur Athayba Rubins Zufallstreffer ist es zu verdanken, dass kein neuer Franchise-Rekord für drei Spiele in Serie ohne Sack aufgestellt wurde.

Blicken wir auf die Offense, wird es ganz dunkel. Quarterback Russell Wilson warf fünf (5!) Interceptions, wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass bei dreien der jeweilige Receiver nicht schuldlos war. Dennoch – der Spielmacher war total von der Rolle. Selten – vielleicht nie zuvor – präsentierte er sich in derart schwacher Verfassung und verfehlte bei so vielen Pässen das Ziel. Unterworfen, überworfen, ungenau – alles war mehrfach dabei. Natürlich war auch der Druck, den die (zugegeben verletzungsgeplagte) D-Line der Packers auf ihn ausüben konnte, ein Faktor, denn bei nahezu jedem Snap fehlte Wilson die Zeit. Die O-Line zeigte mal wieder, dass Konstanz aktuell einfach nicht zu erwarten ist. Trotzdem war das derart ungenaue Passspiel von Russell Wilson wohl ein Novum. Den Leistungsschwankungen schlossen sich die Receiver an. Doug Baldwin, Tyler Lockett und Jermaine Kearse ließen jeweils einfache Bälle fallen, als wären ihre Hände in der Kälte von Wisconsin komplett eingefroren.

Eigentlich ein Tag zum Vergessen, den man schnell abhaken sollte. Wenn da nicht die Art und Weise gewesen wäre, wie das Team in Green Bay auftrat. Die Spieler wirkten lustlos, unkonzentriert, leichtsinnig – fast ein wenig arrogant. Das Schlimmste, was man einer Mannschaft vorwerfen kann. Die Packers bestraften dies zurecht eiskalt. Es war eine Lehrstunde für Seattle.

An anderer Stelle wiederum wurden Lehren erneut nicht gezogen aus früheren Niederlagen: Play Calling. An Offensive Cordinater Darrell Bevell ging wohl wieder völlig vorbei, dass er einen Jimmy Graham einsetzen kann. Ein Spieler, der selbst unter großer Bedrängnis noch Plays erwirken kann, muss ins Spiel eingebunden werden. Sicher würde das das schlechte Spiel der Defense nicht wettmachen, doch es ist ein Ansatz. Außerdem muss die O-Line mit entsprechenden Plays entlastet werden, wenn sie dem Druck nicht gewachsen ist. Am Sonntag war das viel zu unflexibel.

Erfreulich ist, dass ein Leader im Team wenigstens nach dem Spiel Verantwortung übernahm. Russell Wilson nahm die Niederlage auf seine Kappe. Er machte am Sonntag zu viele Fehler, doch der alleinige Buhmann darf er deshalb nicht sein. Zu viel lief gegen die Packers nicht nach Plan. Deswegen war der Tenor nach der Partie: Gut, dass wir bereits am Donnerstag wieder spielen. Nur – ist das so? In Thursday Night Football (Color Rush) geht es gegen die Los Angeles Rams. Die sind den Seahawks in den vergangenen Jahren nicht gerade als Lieblingsgegner ans Herz gewachsen. Die meist punktearmen Spiele entschieden meist die Rams für sich. Sie sind so etwas wie der Angstgegner Seattles. Doch wie die Seahawks bezogen sie am Sonntag (14:42 gegen die Falcons) schwere Prügel. Es wird in der Nacht von Donnerstag auf Freitag das Duell der Pleitegeier aus Week 14, die Wiedergutmachung betreiben wollen.

Sicher ist: Der Mythos der schier unbezwingbaren Seahawks hat am Sonntag einen deutlichen Riss bekommen. Trainer und Mannschaft sind nun in der Pflicht zu zeigen, dass das ein Ausrutscher war und die Mentalität weiterhin in Takt ist. Eine peinliche Demütigung dieser Art darf das Team nicht auf sich sitzen lassen.

Fakt ist aber auch: Seattle steht weiterhin unverändert gut da in der Division (8-4-1). Ein weiterer Sieg reicht zum Titel in der NFC West und der fünften Playoff-Teilnahme in Folge (eine unglaubliche Erfolgsserie!). In der NFC rutschten die Seahawks zwar auf den 3rd Seed hinter Detroit zurück, doch die Lions haben ein hartes Restprogramm. Somit ist selbst das First-Round Bye noch in greifbarer Nähe.

P.S.: Fairerweise ist anzumerken, dass es dann doch ein paar Spieler gab, die positiv auffielen: RB Thomas Rawls, der sich zu 67 Yards durchbiss, WR Tanner McEvoy, der mit einem klasse Catch den einzigen Touchdown des Tages markierte und FB-Neuzugang Marcel Reece, der in seinem ersten Spiel durchaus Potenzial zeigte und vielleicht dauerhaft Will Tukuafu ersetzen wird. SS Kam Chancellor war sich wie immer mit vollem Einsatz in den Kampf. Er setzte als einziger Spieler noch körperlich ein Zeichen, als das Spiel bereits verloren war.

P.P.S.: Falls jemand fragt: Nein, fünf Interceptions in einem Spiel sind noch kein NFL-Rekord. Zwar ist Russell Wilson damit bereits in guter Gesellschaft unter klangvollen Namen wie zum Beispiel Tony Romo, Joe Flacco, Matt Ryan, den Mannings (Archie, Peyton und Eli). Den Rekord hält hier ein Spieler mit dem Namen Jim Hardy, der 1950 im Spiel der Chicago Cardinals gegen die Philadelphia Eagles gar acht Picks warf (Chicago verlor 8:45). Den internen Rekord bei den Seahakws hält übrigens Jim Zorn, der im Spiel gegen die Detroit Lions anno 1976 (Endstand 14:41) sechs Interceptions zu Stande brachte.