Recap: Regular Season 2018 (Week 5) – Rams @ Seahawks

In der vergangenen Nacht fand das zweite Heimspiel der Seattle Seahawks statt, zu Gast waren die bis dato ungeschlagene Los Angeles Rams, der Rivale aus der NFC West. Als klarer Underdog lieferte sich das Team aus dem Pacific Northwest dem Favoriten einen bis kurz vor Spielende engen Kampf, verlor dann aber mit 31:33. Ein Blick zurück auf die guten und die schlechten Aspekte sowie auf die spielentscheidenden Szenen des Abends.

Positiv:

WR Tyler Lockett: In der Abwesenheit von Doug Baldwin hatte sich Tyler Lockett zum Nummer-eins-Receiver der Seahawks entwickelt und auch nach der Rückkehr des offenbar noch nicht zu 100 Prozent fitten Baldwin hat sich daran bislang nichts geändert. Am Sonntag bekam es Lockett mit einem der besten Cornerbacks der Liga zu tun, doch Marcus Peters wurde seinem Ruf im Spiel selten gerecht. Besonders Play Action, die große Stärke Russell Wilsons, wurde zur Waffe. Entscheidend diesmal: Die Waffe wurde endlich stärker eingesetzt. Große Raumgewinne resultierten daraus, und ein Touchdown von Tyler Lockett. Eine nicht zu vernachlässigende Randnotiz: Auch David Moore, die Überraschung der Offesason, glänzte. Bei seinem zweiten Touchdown im Spiel schaffte er es durch eine schöne Doppel-Bewegung, Peters zu irritieren und Wilsons Ball lässig in die Endzone tragen.

Running Back-Duo: Chris Carson und Mike Davis waren fast nicht aufzuhalten und kamen zusammen auf 184 Yards bei 31 Läufen. Die beiden Running Backs machten viel aus ihren Möglichkeiten und das, obwohl sie häufig schon an der Line of Scrimmage attackiert wurden. Viele Tackles konnten sie durchbrechen. Carson hatte am Ende mit 116 Yards bei 19 Versuchen (6,1 Yards pro Lauf) mehr Raumgewinn als Davis, dieser war mit 5,7 Yards pro Lauf und einem Touchdown aber ebenfalls erfolgreich.

Offensive Line: Achtung, das ist kein Tippfehler im Text. Über weite Strecken des Spiels dominierte die Offensive Line der Seahawks und das gegen die beiden Naturgewalten Ndamukong Suh und Aaron Donald. Im Laufspiel sorgten Seattles O-Liner immer wieder für große Räume für die Läufer und im Passspiel gaben sie Wilson viel Zeit, auch wenn dieser zwei Sacks einstecken musste. Neben den ungewohnt positiven Aspekten war aber auch ein gewohnt negativer vorhanden: Im letzten Drive waren es wieder einmal Strafen (Fehlstart Germain Ifedi und Holding D.J. Fluker) die ein mögliches Field Goal und damit die Chance auf den Sieg zunichte machten. Alles in allem machte die O-Line aber ihr bestes Spiel – vielleicht seit Jahren. Mike Solaris Verpflichtung als Coach dieser Positionsgruppe trägt bereits Früchte. Herrlich zu sehen war das, als Fluker beim Touchdown von Mike Davis den Koloss Suh einfach mal aus dem Weg und mit Hilfe eines Rams-Spielers in den Boden hinein schob.

Neutral:

Laufverteidigung: Zwar schaffte Seattle es, Todd Gurley bei 3,5 Yards pro Lauf zu halten, doch ließ das Team auch zu, dass der Offensiv-Star der Rams drei Touchdowns erlaufen konnte. Ging mit kurzem Feld bei den Rams im Passangriff nichts mehr, waren sie daran interessiert, den Ball per Lauf in die Endzone zu bringen. Hier war schmerzlich zu spüren, dass K.J. Wright fehlte. Bobby Wagner konnte diese Last nicht alleine stemmen, auch wenn Austin Calitro und Barkevious Mingo sehr bemüht waren, Wagner zu unterstützen.

Pass Rush: Durch eine Lebensmittelvergiftung unter der Woche geschwächt, wurde Frank Clark kurz vor der Partie fit gespritzt. Für ihn war die ganze Woche über klar, dass er spielen würde. Diese Einstellung legte er direkt im ersten Drive an den Tag, erzwang durch einen schnellen Move gegen Left Tackle Andrew Whitworth einen Fumble von Jared Goff, auch wenn der Ball von den Rams wieder eingesammelt wurde. Wenig später holte sich Clark bei einem abgewehrten Ball in Koproduktion von Wagner und Cornerback Tre Flowers (die langen Arme des Rookies machen sich Woche für Woche bezahlt) die erste Interception seiner Karriere. Und auch wenn er danach lange blass blieb, war er immer noch auffälliger als der Rest der Pass Rusher. Insgesamt erzeugte die Gruppe zu wenig Druck auf Goff und das, wo man den jungen Spielmacher so noch am ehesten beikommen könnte.

Schlussszene: Was genau war passiert? Die Seahawks zwangen die Rams kurz vor Spielende ins 4th & Inches. Weil die Position des Balls gemessen werden musste, wurde die Uhr angehalten. Pete Carroll hatte aber bereits zuvor die Uhr mit dem letzten Seahawks-Timeout angehalten, um Zeit zu sparen. Nach dem Messen standen die Rams zum Punt bereit und Carroll wurde von den Schiedsrichtern gefragt, ob er das Timeout immer noch nehmen wolle. Der Trainer bejahte, weil er verhindern wollte, dass die Uhr bis knapp über 60 Sekunden herunterläuft. Die Rams entschieden sich daraufhin in der Auszeit kurzerhand, per Quarterback-Sneak das Spiel entscheiden zu wollen – und das gelang ihnen.
Warum Carroll jetzt die Uhr anhielt, fragen sich jetzt viele Fans. Und warum nicht schon vor dem Two-Minute Warning? Er gab damit den Rams in einer Schlüsselsituation mehr Zeit, sich zu entscheiden. Carroll wollte eben seinem Team so viel Zeit wie nur möglich geben, um das Spiel mit einem letzten Drive noch zu gewinnen. Vor dem Two-Minute Warning ein Timeout zu nehmen, wäre nicht sinnvoll gewesen, weil die Rams dann vermutlich geworfen hätten, da die Uhr ja eh angehalten worden wäre. Und das klappte ja das gesamte Spiel über hervorragend. Möglich wäre aber gewesen, die Rams direkt punten zu lassen und das letzte Timeout für den Drive aufzuheben. Denn beim Zeitmanagement miserablen Seahawks hätte das Timeout am Ende garantiert geholfen. Soweit kam es dann aber nicht mehr. Vielleicht hat Carroll in dieser Szene die richtige Entscheidung getroffen, vielleicht nicht. Sie war nicht spielentscheidend, sondern ein weiterer Hinweis darauf, wie schlecht die Seahawks aktuell mit der Uhr umgehen.

Negativ:

Passverteidigung: Solange es nicht in die Redzone der Seahawks ging, war die neu zusammengewürfelte Secondary der Seahawks mehr als anfällig. Die Rams kamen durch ein nahezu perfektes Play Calling von Sean McVay immer nahezu mühelos in die Hälfte der Seahawks, um dann ihr Laufspiel mit Gurley aufziehen zu können. Gerade durch viel Bewegung in der Rams-Offensive vor dem Snap wurde die Defense der Seahawks entlarvt und Jared Goff, der trotzdem keinen guten Abend erwischte, hatte es einfach, seine Ziele zu treffen. Am Ende ließ Seattle Goff für 321 Yards werfen. Er kam trotz zweier Interceptions auf eine Wurfgenauigkeit von 71 Prozent.
Und dann war da noch der Moment zu Beginn des vierten Viertels, in dem Shaquill Griffin bei 4th & 2 Robert Woods umnietete, obwohl der Ball noch nicht beim Receiver angenommen war. Ein neues First Down und wenig später ein Touchdown der Rams waren die Folge. Griffin machte vielleicht das schwächste Spiel seiner noch jungen Karriere, er wirkte oft glücklos, rutschte aus, kam zu spät, lief hinterher.

Special Teams: Es ist passiert, im fünften Saisonspiel wurde zum ersten Mal ein Punt von Michael Dickson geblockt. Dazu war seine letzter Punt auch noch ein eher schwacher. Bei einem weiteren Punt hatten die Seahawks das Pech, dass dieser zu schnell für das Coverage-Team war und bevor er gerettet werden konnte zum Touchback in die Endzone fiel.
Wenn wir schon beim Coverage-Team der Special Teams sind: Das erlebte keinen guten Abend und ließ bei beiden Kickoffs von Sebastian Janikowski einige Return-Yards zu, sodass die Trainer sich gezwungen sahen, danach die Kickoffs per Dropkick durch Dickson ins Feld zu kicken, um die Return-Yards der Rams zu reduzieren. Ohne Dickson wären die Special Teams wieder absoluter Bodensatz der NFL.

RB Rashaad Penny: Aufgrund der guten Leistungen der anderen beiden Läufer kommt Penny derzeit nicht über die Rolle des dritten Running Backs und Teilzeit-Returners hinaus. Sollten Carson und Davis weiter so gut laufen und sich trotz des großen Arbeitsumfangs nicht abnutzen, sind die Chancen für Penny eher gering, daran etwas zu ändern. Geht es so wieder, wäre Penny ein Pick, der wie einige zuvor in die Rubrik „wir können nichts mit unserem First Rounder anfangen“ passen würde. Dann aber sollte sich an dieser Stelle besonders das Front Office kritisiert fühlen.

Ausblick:

Nach der bitteren Niederlage bleibt wenig Zeit zum Ärgern, denn es geht nach London zum Highlight-Event für uns europäische Seahawks-Fans. Am Mittwochabend bricht das Team in Renton auf, um in London das Auswärtsspiel gegen Jon Grudens absolut schlagbare Oakland Raiders um die ehemaligen Hawks Bruce Irvin und Marshawn Lynch zu bestreiten.

Nach einem enttäuschenden 0-2-Start in die Saison hatte Seattle am Sonntagabend erstmals in dieser Saison die Chance, den Record in die positive Richtung zu drehen. Dass das nicht gelang, ist kein Drama, denn mit einem Sieg gegen die Los Angeles Rams hat wohl niemand gerechnet, er wäre Bonus gewesen. So geht es nun mit 2-3 auf die Insel, wo das klare Ziel der Seahawks sein muss, sich mit einem Sieg über die Raiders und einem ausgeglichenen Record in die Bye Week zu verabschieden.