Im enttäuschendsten Spiel der Regular Season 2019 verlieren die Seattle Seahawks zu Hause gegen die Arizona Cardinals. 13:27 ist das Ergebnis in einer Partie, in der das Team aus dem Pacific Northwest eine kollektiv grauenvolle Leistung abrief. Egal ob Offense, Defense oder Trainerstab – nichts lief für die Seahawks zusammen, sodass die Niederlage gegen das Team von Head Coach Kliff Kingsbury hochverdient war.
Seattle sollte dieses Spiel schnellstmöglich vergessen und im Monday-Night-Football-Spiel auf eine Niederlage der Green Bay Packers gegen die Minnesota Vikings hoffen, da ein First-Round Bye in den Playoffs sonst in weite Ferne rücken würde. Stand jetzt haben die Seahawks nur noch bis Platz 3 in der NFC alles in der eigenen Hand. Doch mit einer solch desolaten Leistung sowie erschreckendem Play Calling wie an diesem Sonntag ist selbst ein Sieg gegen die San Francisco 49ers in Woche 17 geschweige denn ein Erfolg in den Playoffs unrealistisch.
Positiv:
Special Teams: Als einzig positiv erwähnenswerten Mannschaftsteil kann man in diesem Spiel die Special Teams der Seahawks nennen. Punter Michael Dickson bestätigte seine aufsteigende Form der letzten Wochen mit zahlreichen Punts tief aus der eigenen Hälfte, als er seinem Team unter anderem mit einem 63-Yard-Punt aus der Klemme half. Auch einen Punt an die gegnerische 1-Yard-Linie konnte Dickson verzeichnen. Ein sehr guter Tag für ihn und seine Punt-Deckung gegen den gefährlichen Returner der Cardinals, Pharoh Cooper. Auch Kicker Jason Myers blieb abgesehen von einem Delay of Game nichts schuldig. Einen Extrapunkt sowie beide seiner Kicks konnte er verwandeln. Darunter war auch ein nicht allzu leichter 51-Yard-Treffer bei leichtem Regen. Das Highlight der Special Teams in diesem Spiel war das geblockte Field Goal der Seahawks durch Rasheem Green, was noch einmal Hoffnung machte. Marquise Blair konnte den Ball nach dem erfolgreichen Block an die 16-Yard-Linie der Cardinals zurücktragen.
.@ras_green said nope and blocks the Cardinals' FG try! ❌
Marquise Blair will take it to the 15! #GoHawks x #AZvsSEA pic.twitter.com/X70mCXSeLq
— Seattle Seahawks (@Seahawks) December 22, 2019
Neutral:
Opening Drive: Man könnte sich daran gewöhnen, dass die Seahawks in ihrem ersten Drive des Spiels die Endzone finden und nicht Three & Out gehen. Wenn es danach nicht so heftig bergab ginge. Wie schon gegen die Carolina Panthers in Week 15 eröffnete Seattles Offensive die Partie mit einem Touchdown.
Touchdowns in Opening Drives sind etwas, an das man sich gewöhnen könnte. pic.twitter.com/rlXHysuv9k
— German Sea Hawkers (😷) (@SeaHawkersGER) December 22, 2019
Negativ:
Offense: Ja, hier muss einfach die gesamte Offensive der Seahawks genannt werden, da abgesehen vom Opening-Drive-Touchdown einfach gar nichts zusammen lief. Deutlich anzumerken war den Seahawks der Ausfall von Left Tackle Duane Brown. Dieser hatte im Hinspiel Edge Rusher Chandler Jones noch bei null Sacks halten können, während sein Ersatz Jamarco Jones gegen diesen völlig überfordert war. Vier Sacks sowie zwei forcierte Fumbles konnte der berüchtigte Quarterback-Jäger so erzielen. Auch Left Guard Mike Lupati musste zeitweise angeschlagen vom Feld, was die O-Line ebenfalls merklich destabilisierte. Wilson bekam so kaum Zeit in der Pocket und wurde fünf Mal zu Boden gebracht. Er schien seinen Beschützern am Ende kaum mehr zu trauen und agierte teils wild und hektisch.
Doch auch das Play Calling war so einfallslos, dass man die O-Line nicht entlasten konnte. Screens, Rollouts oder mehr Pässe bei First Down sah man leider selten. So fand sich Wilson, der selbst einen ziemlich schwachen Tag erwischte, oft in langen Third Downs wieder, die das Team meist nicht verwerten konnte. Zum Vergleich: Beim Opening-Touchdown-Drive kam die Offensive der Seahawks nicht ein einziges Mal in einen dritten Versuch.
Überdies ließen die Receiver der Seahawks Wilson und die gesamte Offensive oft im Stich. Tyler Lockett und DK Metcalf fingen fangbare Bälle nicht und David Moore verlor das Ei nach einem Catch und nahm der Seahawks-Offense auf diese Weise den Wind aus den Segeln. Insgesamt die wohl kollektiv grauenvollste Leistung der Offensive in dieser Saison.
Defense: Der Verteidigung fehlten ihre verletzten Starter wohl noch mehr als der Offense. Cornerback Shaquill Griffin, Free Safety Quandre Diggs und Defensive End Jadeveon Clowney sowie der suspendierte Defensive Tackle Al Woods hinterließen Lücken, die die Seahawks mit Backups nicht adäquat füllen konnten. Der Pass Rush kam zu selten durch zu Cardinals-Quarterback Kyler Murray (zwei Sacks und vier Quarterback-Hits insgesamt sind zu wenig gegen den meistgesackten Spielmacher der Liga). Beim langen Touchdown-Lauf von Kenyan Drake sahen sowohl Linebacker K.J. Wright als auch Safety Lano Hill schlecht aus, weil sie sich außer Position brachten, noch ins Geschehen einzugreifen. Kleine Lichtblicke hier: Edge Rusher Rasheem Green blockte erneut einen Pass, Cornerback Akeem King wehrte zwei ab und Linebacker Shaquem Griffin verpasste seinen ersten Sack haarscharf.
HC Pete Carroll: Das Game Management der Seahawks durch Pete Carroll war (wieder einmal) erschreckend. Ein paar Beispiele: Beim Stand von 7:7 im ersten Viertel hatte Seattle ein 4th & 1 in der Nähe der 30-Yard-Line der Cardinals. Obwohl die Zahlen sagen, dass man in solche einer Situation dafür gehen muss, entschied sich Carroll ein Field Goal zu kicken. Hier passierte dann eine „Delay of Game“-Strafe, die Seattle fünf Yards nach hinten rückte. Anstatt zu kicken oder dafür zu gehen, entschied sich Carroll für einen Punt, was vielen unerklärlich erschien. Selbst bei einem vierten Versuch über sechs Yards hätte man in dieser Situation dafür gehen sollen, jedoch sollte man so langsam die Hoffnung aufgeben, dass so etwas unter Carroll als Cheftrainer noch geschieht.
Dem entgegen spielte Kingsbury bei einem 4th & 2 etwa an 40-Yard-Linie der Seahawks den Versuch erfolgreich aus und machte damit im gleichen Drive fast einen Touchdown. Dieser kam beinahe zustande, nachdem Carroll 25 Sekunden vor Ende der ersten Hälfte unerklärlicherweise ein Timeout genommen und Arizona Zeit geschenkt hatte, obwohl die Cardinals selbst keine mehr hatten. Glücklicherweise wurde der Catch in der Endzone von Wide Receiver Larry Fitzgerald nach Videobeweis rückgängig gemacht, wodurch die Cardinals nur drei Punkte aufs Board brachten. Schlechteres In-Game-Management geht wohl kaum.
Bescheidenes Game Management. 😱
An der gegnerischen 33 den vierten Versuch beim Stand von 7:7 nicht ausspielen und stattdessen einen Kick über mehr als 50 Yards gegen den Wind versuchen? 😱😱
"Delay of Game"-Strafe kassieren und dann lieber punten. 😱😱😱 https://t.co/7TKDA8OpEg
— German Sea Hawkers (😷) (@SeaHawkersGER) December 22, 2019
Verletzungen:
In das sowieso schon volle Lazarett bei den Seahawks kamen nochmals weitere Spieler mit erheblichen Verletzungen. Die Running Backs Chris Carson (Hüfte) und C.J. Prosise (gebrochener Arm) sind nächste Woche definitiv nicht dabei und werden wohl den Rest der Saison verpassen. Dazu kam die Hiobsbotschaft, dass Left Tackle Duane Brown am Montag am Knie operiert wird und wenn überhaupt erst in den Playoffs wieder einsatzbereit wäre. Das Team vermisste ihn am Sonntag sichtlich. Auch bei Cornerback Shaquill Griffin (Oberschenkel), der gegen die Cardinals fehlte, ließ Carroll verlauten, dass ein Einsatz in der nächsten Woche fraglich sei. Wie bei Defensive End Jadeveon Clowney (Rumpf) verbesserte sich die Lage unter der Woche nicht.
Fazit:
Wenngleich mehrere Starter den Seattle Seahawks fehlten, ist diese Niederlage kaum entschuldbar. Ein Sieg gegen die Arizona Cardinals wäre Pflicht gewesen. Selbst als Quarterback Kyler Murray verletzt vom Feld musste, schaffte Seattle es nicht, seinen Backup Brett Hundley in den entscheidenden Momenten zu stoppen. Der weitere Saisonverlauf hängt für Seattle auch stark davon ab, wie gesund das Team in die restlichen Spiele geht und ob Schlüsselspieler wie Free Safety Quandre Diggs oder Edge Rusher Jadeveon Clowney dann auch bei 100 Prozent sind. Sind die Seahawks zu verletzungsgebeutelt, um gegen San Francisco und in den Playoffs zu bestehen? Wir werden es bald herausfinden.